Eine Kundin beklagte sich bei einer Kollegin darüber, dass Gemüse bei uns von einem Tag auf den anderen so sehr viel teuer geworden ist. Wir haben beim Gemüse zwar keine Tagespreise, aber zumindest am Donnerstag gibt es bei uns tatsächlich eine Aktualisierung, die in beide Richtungen gehen kann. Der ganze Markt ist sehr kurzfristig und komplex und es kann tatsächlich innerhalb kürzester Zeit zu erheblichen Preissteigerungen kommen.
Nachdem meine Mitarbeiterin gefragt hatte, um welchen Artikel es denn überhaupt ging, wurde es etwas schräger. Die Frau hatte gar kein Gemüse zum regulären Preis gekauft, sondern einen Artikel aus der Kiste mit den preisreduzierten Artikeln. Die nicht mehr ganz so schönen Stücke bekommen einen Sonderpreis, der je nach Zustand zwischen einem quasi symbolischen Preis von wenigen Cent bis hin zu knapp unter dem Originalpreis liegen kann.
Wenn sie eine sehr schrumpelige Gurke gestern für 20 Cent gekauft hat, aber heute eine ganz wenig schrumpelige Gurke für 80 Cent in der Restekiste liegt, ist das ausdrücklich keine Preiserhöhung um 300 Prozent. Jedenfalls nicht in meinem Mind Set, aber sowas kann man manchen Leuten ja leider nicht begreiflich machen.
Alle Reden vom Kampf gegen Lebensmittelverschwendungen, es wird plakativ an die Tafeln gespendet, es gibt Too-Good-To-Go-App, es gibt Retterkisten und Rettertüten und sogar ganze Regale mit Kühlschränken in den Eingangsbereichen der Märkte.
Und es gibt uns. Wir haben schon immer (!) ablaufende oder sogar, wenn rechtlich vertretbar, abgelaufene Ware reduziert angeboten. Dabei versuchen wir gar nicht, den maximalen noch möglichen Gewinn rauszuschlagen, sondern die Ware vor der Mülltonne zu retten. Teilweise zeichnen wir die Artikel mit einem symbolischen Preis von fünf oder zehn Cent aus, damit die Sachen nicht einfach abgegriffen werden, sondern damit die Kunden zumindest noch einen kleinen Wert darin sehen. Ernsthaft? Die Lohnkosten für die Arbeitszeit, Artikel mit fünf Cent auszuzeichnen und diese später an der Kasse manuell zu buchen, übersteigt diese paar Cent. Es geht uns also wirklich bei sowas nicht ums Geld, sondern tatsächlich darum, zu verhindern, dass verzehrbare Lebensmittel in der Mülltonne landen.
Das gilt auch für die Gemüseabteilung. Ein paar schrumpelige Paprikas kommen dann zusammen in eine Tüte, Preis drauf, fertig. Wenn die "Platzierung" dann aber irgendwann so aussieht, vor allem auch weil Kunden darin herumgewühlt haben, wird es dringend Zeit für eine gründliche Überarbeitung der Abteilung:
Vorgestern hatten wir eine große Box mit 5kg-Zwiebelnetzen bekommen. In vielen Märkten sind diese Gebinde regelmäßig zu sehen, auch mit Kartoffeln, Melonen, Kürbissen und anderen Artikeln, nur bei uns ist es eben aus Platzgründen immer etwas schwierig. Ein Kollege hatte sich bei der Gemüsebestellung vertan und versehentlich diese bis unten hin gefüllte Kiste bestellt.
Nach anfänglicher Panik ließ sich dann tatsächlich ein Platz finden. Als Dauerplatzierung ist die nicht optimal, da wir mit Getränkepaletten mühsam drumherum fahren müssten, aber meistens stört die Box da gar nicht. Der Warenwert ist überschaubar und so hatte ich auch keine Sorge, dass wir auf den Zwiebeln sitzen bleiben. Tun wir auch nicht, für 1,99 € pro 5kg-Sack haben wir nämlich schon einige verkauft.
Vielleicht werden die jetzt ja hier zum Dauerbrenner.
Wir haben derzeit Mini-Wassermelonen für 3,99 € hier im Sortiment und ich schwöre, dass wir schon Grapefruits in der Gemüseabteilung liegen hatten, die größer als diese Melonen waren.
Eine Kollegin bekam mit, wie eine Kundin von vielen Kohlrabi-Köpfen bei uns in der Gemüseabteilung die kompletten Blätter abrupfte.
"Was machen Sie da?", fragte sie die Frau. Diese antwortete, dass sie die Blätter für ihre Kaninchen haben möchte. Auf die Ansage hin, dass sie dies bitte zu unterlassen hat, da der Kohlrabi die Blätter braucht, um davon zehren und länger frisch zu bleiben, wirkte sie reichlich verschnupft und drohte an, sich über meine Mitarbeiterin beschweren zu wollen. Wird sie erfahrungsgemäß vermutlich nicht machen, aber auf das Gespräch wäre ich schon gespannt …
Soll sich noch mal einer beschweren, dass das Gemüse bei uns teuer ist. Handteller"große" Miniatur-Blumenköhlchen und Becher mit 175 Gramm Tomaten für jeweils umgerechnet über drei Euro – wenn ich solche Preise bei uns ranhängen würde, täten mich die Kunden mit dem Blumenkohl bewerfen.
Fairerweise muss ich natürlich jetzt anmerken, dass man das nicht direkt vergleichen kann, da das durchschnittliche Jahreseinkommen in Norwegen noch deutlich über dem in Deutschland liegt. Aber wenn man unsere Preise gewohnt ist, schluckt man natürlich schon im ersten Moment.
Sein Obst und Gemüse beim "türkischen Gemüsehändler" in der Nachbarschaft und nicht im großen Supermarkt zu kaufen, fühlt sich für viele Leute einfach besser an:
Die Ware dort ist nämlich auf jeden Fall frischer, besser, gesünder und natürlich viel authentischer als in anderen Läden, weil … Äh, weil… Ja, warum eigentlich?
Europameisterschaft 2024 ist, wenn sogar der von uns verkaufte Eisbergsalat mehr Bock als ich auf Fußball hat. Seit dieser Woche wird unser Eisbergsalat in Folie mit Fußballdesign verpackt ausgeliefert.
Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Idioten auf die Idee kommen, die grünen Köpfe hier quer durch den Laden zu kicken …
Unser kleiner Ständer für das Gemüseangebot der Woche steht rechts neben unserer Eingangstür. Es ist nach wie vor ein "Verkaufsboy Swing", eine filigrane Metallkonstruktion mit zwei Rädern.
Der Verkaufsboy ist für Gemüseangebote richtig gut geeignet. Weniger gut eignet er sich dazu, Hunde daran anzubinden. Bei einem Chihuahua oder anderen Fußhupen mag das gar kein Problem sein.
Bei einem Hund geht es solange gut, bis er sich entschließt, mitsamt des Verkaufsboys und des darauf angebotenen Gemüses in Richtung Innenstadt davonzurennen.
Der Sachschaden war zum Glück nur gering. Aber dennoch unnötig …
Was auch immer mit dem Fenchel während des Transports vom Feld zu uns in den Laden genau passiert sein mag – irgendwo stand er mal etwas zu lange bei zu kalter Temperatur. Eine komplette Kiste mit frostgeschädigten, glasigen Knollen.
Ein paar (oben rechts im Bild) waren zu retten, der Rest ging so in die Tonne.
Fundstück von Bärbel auf einer Tüte Asia-Pfannengemüse der Netto-Eigenmarke Genusswelt: Ein Strichcode mit Pfanne und Gemüse. Immerhin sehr passend, wenngleich ich das Grünzeug ja vorher noch zerschnippelt hätte.
Eine Kundin kam mit einer Steckrübe an die Kasse. Meine Mitarbeiterin wog diese ab, auf dem Display wurde "Steckrübe" angezeigt.
Die Kundin beschwerte sich darüber, denn das sei keine Steckrübe, sondern ein Knollensellerie. "Das ist eine Steckrübe", konterte meine Mitarbeiterin noch, aber die Kundin bestand darauf, dass das ein Sellerie sei. Gut, mit Kunden diskutiert man nicht. Die Position "Steckrübe" wurde storniert, der rundliche, gelbbräunliche Gegenstand erneut abgewogen. Nun stand "Sellerie" auf dem Display.
Nun passte der Kundin aber der Preis nicht mehr. "Da steht 99 Cent pro Kilo auf dem Schild!", sagte sie.
Dazu muss man jetzt folgendes wissen: Knollensellerie kostet bei uns derzeit 1,49 € pro Kilogramm und Steckrüben 99 Cent – und das steht auch genau so auf den Schildern in der Gemüseabteilung.
Storno, Sellerie wieder raus. Meine Mitarbeiterin buchte die Steckrübe genau so, wie es sein sollte und erklärte der Kundin, dass da zwar jetzt ein falscher Text auf dem Bon stehen würde, aber dafür sei der Preis richtig und darauf käme es ja schließlich an. Die Kundin freute sich und ging.
Die Überraschung folgt dann wohl demnächst bei ihr in der Küche.
Ich bemühe mich hier stets, einwandfreie und frische Ware anzubieten. Beim Gemüse ist es natürlich immer eine Wanderung auf einem schmalen Grat und der ständigen Abwägung von "ist noch gut" und "weg damit". Die Entscheidung zwischen der Hoffnung, noch Geld mit dem Verkauf eines Artikels zu verdienen und dem Totalverlust durch Entsorgung. Meistens gehen wir hier den Kompromiss einer Preisreduzierung ein, aber auch das funktioniert nicht immer.
Klar könnte man die folgenden Sätze als Whataboutism bezeichnen. "Bei uns ist das Gemüse gammelig, aber guckt mal in dem und dem Laden, da ist es mindestens genauso gammelig …" Darauf will ich gar nicht hinaus. Aber man macht sich natürlich schon seine Gedanken. Der Geschäftsführer unserer alten SPAR-Großhandlung hat uns Einzelhändlern immer wieder den Rat gegeben, in andere Läden zu gehen und "mit den Augen zu stehlen", natürlich auf positive Eindrücke und Ideen bezogen. Das machen wir bis heute so und genauso nehmen wir natürlich auch die negativen Dinge wahr. Dass diese Pfefferschoten so in der Gemüseabteilung lagen, kann verschiedene Gründe haben.
Aber kurz vor Feierabend (Ines wollte für uns privat welche kaufen und konnte nicht mehr zu uns in den eigenen Laden fahren) nicht einmal mehr verhandlungsbereit zu sein und zumindest einen Teil der Peperonis noch loswerden zu können, wundert mich. Ines hat sie nicht gekauft und ob die Dinger am nächsten Tag immer noch im Verkauf lagen, kann ich natürlich nicht sagen.
Warum haben die Mitarbeiter dort lieber den wahrscheinlichen Totalverlust der Ware in Kauf genommen? Ich kann's nicht sagen. Ich weiß nur, dass wir solche Schrumpeldinger nicht einmal mehr reduziert bei uns anbieten würden …