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Mutige alte Dame?

Unsere Regale sind normal hoch, glaube ich. Vielleicht auch etwas höher als im durchschnittlichen Supermarkt, aber darauf hatte ich in anderen Märkten zugegebenermaßen noch nie bewusst drauf geachtet. Auf jeden Fall sind sie nicht "zu hoch", also ich mit meinen 1,85 Metern komme im obersten Fachboden auch noch ohne Hilfsmittel hinten an.

Eine ältere Kundin war nicht ganz so in die Länge geschossen und kam nur mühsam überhaupt am obersten Fachboden an. Aber sie wusste sich zu helfen: Sie nahm sich einen unserer Tritthocker, schob ihn vor das Regal, kletterte die zwei Stufen hoch und angelte sich das gewünschte Produkt von ganz hinten aus dem Regal.

Das wäre alles nicht so erstaunlich für mich gewesen, wenn sie ansonsten nämlich nicht recht unbeholfen mit einem Rollator hier durch den Laden gegangen wäre.

(Natürlich hätten wir ihr helfen können, aber da war die Kletterei schon vorbei.)

Getränkekiste mit Aufstiegshilfe

Auf der Internetseite der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist zu lesen, dass Leitern und Tritte eines der am häufigsten verwendeten Arbeitsmittel sind und dass die davon ausgehenden Gefahren häufig unterschätzt werden. Mehr als 90 % der Abstürze sind auf das Fehlverhalten der Benutzer zurückzuführen, darunter oft auch durch die Verwendung von ungeeigneten Aufstiegshilfen, wie z. B. Getränkekisten.

Gerade im Lebensmitteleinzelhandel, wo diese Kisten meistens reichlich vorhanden sind, bieten diese viel Potential für regelmäßige Um Unfälle. Ich spreche aus Erfahrung, dieser Vorfall aus dem vergangenen Jahr ging zwar glimpflich aus, aber es hätte auch deutlich schlimmer kommen können.

Damit die Zahl solcher Unfälle zukünftig verringert werden kann, haben namhafte Hersteller von Getränkekisten nun zusammen mit dem TÜV und der BGHW einen zertifizierten Brunnenkasten entwickelt, der nach und nach die alten blauen Rahmen ersetzen soll. Derzeit gibt es in der Testphase zwar nur den bundesweit vertriebenen blauen Rahmen für 12 x 1l-PET-Flaschen, der gefahrlos als Aufstiegshilfe verwendet werden kann. Rutschfestigkeit, Stand- und Kippsicherheit und der Schutz vor dem Durchtreten sind bei dem neuen Modell 120100_TL auf Herz und Nieren überprüft worden. Nach und nach sollen die braunen / grünen Brunnenkisten und anschließend vermutlich auch die wichtigsten Bierkisten folgen. Aufgrund der individuell geformten und bedruckten Kästen wird es da aber wohl noch eine Weile dauern, bis eine für alle Teilnehmer (und vor allem die Brauereien) zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.

Natürlich soll man auch diese Kisten nur mit stabilem Schuhwerk (und nicht z. B. mit hochhackigen Schuhen) betreten, aber das gilt ja nun generell für alle Leitern und Tritte. Dann aber sind diese Rahmen auch für schwergewichtige Mitarbeiter mit bis zu 150 kg Körpergewicht geeignet. Leiterhersteller hassen diesen Fortschritt vermutlich, aber es ging hier um die Sicherheit vieler tausend Verkäuferinnen und Verkäufer.



Für die Einhaltung der Prüftermine wurden nach langen Verhandlungen die Getränkegroßhändler verantwortlich gemacht. Dort werden die Rahmen nach Sichtung (manuell oder automatisch durch Scanner) der Prüfsiegel entweder dem Kreislauf wieder unmittelbar zugeführt oder bis zur Prüfung zwischengelagert. Entscheidet der Prüfer, dass die Sicherheit weiterhin gewährleistet ist, darf der Kasten wieder in den Kreislauf. Falls nicht, werden die Siegel entfernt. Dabei muss der Rahmen natürlich nicht vernichtet werden. Für den Transport von Getränkeflaschen kann er natürlich immer noch verwendet werden, bis er irgendwann aus anderen Gründen nicht mehr benutzt werden kann.



Wird die Kiste nicht als Tritt benutzt, kann sie gemäß ihrer ursprünglichen Bestimmung mit Flaschen gefüllt und über die Getränkelogistiker dem Mehrwegkreislauf wieder zugeführt werden. Sie müssen in den Läden auch nicht gebunkert werden, der Rollout der ersten 100.000 neuen Rahmen hat begonnen und über kurz oder lang werden sie überall zu finden sein.


Gefährlich: Getränkekisten als Tritthocker

Ein Vertreter hatte sich eine leere Getränkekiste aus dem Lager genommen, um diese als Ersatz für einen Tritthocker zu verwenden. Dass es im (Lebensmittel-) Einzelhandel gang und gäbe ist, diese leeren Rahmen umgedreht als Steighilfe zu benutzen, macht es nicht sicherer. Die Kisten sind nicht für diese Belastung gemacht und so geschah das, was meistens nicht passiert: Er brach mit dem Schuh durch die Gitterstruktur des Rahmens, blieb stecken (Wasserflasche für das Foto symbolisch dort in das Loch gesteckt), fiel nach hinten auf den Boden (zum Glück stand dort nichts) und schlug sich dabei "nur" den Ellbogen auf.

Das hätte auch schlimmer ausgehen können.