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Interessensbekundung eines jungen Fragendens

Folgende E-Mail bekam ich gestern Abend:

Hi Bjørn,

Ich hoffe dich in wohlem Zustand zu erreichen und hoffe inständig deiner aktuellen, stressigen Lage hiermit nicht zu viel hinzuzufügen.
Ich bin soeben auf deinen vorzüglichen Blog gestoßen. Dessen Existenz hat mich außerordentlich überrascht und erfreut. Als ich dann auf das Erstelldatum des Blogs aufmerksam wurde, da ward ich umschlungen von den Flammen feurigen Verlangens nach Antworten. Mein Herz dürstet nach Klarheit bezüglich der Fragen: Weshalb hast du den Blog damals begonnen? Und weshalb führst du den Blog weiterhin? Was hält dich bei der Stange? Von welchem Glücke kostet deine Seele beim Verfassen eines jeden deiner Einträge?
Ich bin erstaunt, sehe zu dir und der Langlebigkeit deines Blogs auf, wie der junge Platon zum weisen Sokrates, und zähle voller Erwartung die Stunden bis zu deiner Antwort.

Hochachtungsvoll
Ein wissensdurstiger Jüngling
Alleine der Text ist schon einen Blogeintrag wert, aber ich will den Absender dieser Botschaft ja nicht dumm ins Jenseits wandeln lassen und so gibt es hier ein paar Antworten:

Weshalb hast du den Blog damals begonnen?
Die Arbeit im Einzelhandel, besonders der Teil der Gleichung mit der größten Unbekannten, nämlich den Kunden, ist ein Quell für erstaunliche Geschichten. Das habe ich schon früh bemerkt und hatte schon während meiner Ausbildung und sogar den Jahren davor, zu meiner Zeit als Aushilfe, Faktotum und Mädchen-für-Alles, häufiger den Gedanken, dass man die vielen Erlebnisse irgendwie festhalten müsste.

Es gab aber nicht das richtige Medium dafür, für ein Buch war das alles irgendwie zu wenig. Auch mit einem eigenen Laden blieb die Problematik die selbe. Es gab die Geschichten, aber das war nach meinem damaligen Standpunkt nichts für ein Buch.

Dann war ich irgendwann 2004 auf das Lawblog, das Weblog von Udo Vetter, einem Fachanwalt für Strafrecht in Düsseldorf, gestolpert und hatte da bereits monatelang mitgelesen, als bei mir plötzlich im Januar 2005 buchstäblich über Nacht endlich der Groschen fiel: Ein Blog muss es sein!

Am nächsten Morgen, es war der 24. Januar, hatte ich die Domain über Manitu beantragt, am Nachmittag war bereits die Blogsoftware installiert und um 18:48 Uhr entstand der erste Beitrag hier auf shopblogger.de: Spirituosen im Mehrwegflasche


Und weshalb führst du den Blog weiterhin?
Vor allem wohl, weil der Nachschub an Geschichten niemals aufhört. Viele Sachen wiederholen sich irgendwo, der hunderttausendste Junkie klaut Kaffee zur Drogenbeschaffung und irgendwo verstaubt ein Aufsteller mit einem sich als Ladenhüter herauskristallisiertem Artikel. Und doch ist es immer irgendwie neu.


Was hält dich bei der Stange?
Die Beweggründe zum Schreiben dieser Beiträge haben sich im Laufe der inzwischen 17 Jahre mehrfach verändert. Anfangs wollte ich einfach nur ein paar Erlebnisse festhalten. "Für mich, für Freunde und vielleicht für ein paar Interessierte", hatte ich es immer bezeichnet.

Nun bitte ich ausdrücklich um Entschuldigung, denn das ist nichts Persönliches gegen jeden einzelnen, der das hier gerade liest. Mittlerweile ist mir das "wer" und sogar das "ob" gleichgültiger als früher. Natürlich freue ich mich immer über Feedback und viele Kommentare sind das sprichwörtliche Salz in der Suppe. Aber ich gebe zu, dass das Blog inzwischen mir vor allem der Funktion eines Tagebuchs dient. Es ist ein unglaublich wertvolles Archiv für mich, in dem ich immer und immer wieder Dinge nachschlagen kann. Und oftmals begleitet von einem "Oh, so lange ist das schon wieder her?" …


Von welchem Glücke kostet deine Seele beim Verfassen eines jeden deiner Einträge?
Beim Schreiben der Beiträge halten sich die kleinen Endorphinchen meistens zurück. Eher meldet sich das Adrenalin, wenn ich besonders aufregende und belastende Erlebnisse niederschreibe, also meistens besonders dreiste oder brutale Ladendiebe. Aber danach geht es meistens wieder.

Bürofenster, Colakisten und der Sichtschutz

Mir fielen zwei Gestalten auf, die den Laden betraten. Beide maximal Mitte Dreißig und schon auf den allerersten Blick nur wenig bis gar nicht vertrauenerweckend. Sie schlichen durch den Laden und guckten immer wieder zu den Kameras an der Decke und damit unbewusst auch mehrmals quasi direkt in meine Richtung. Damit war mir auf jeden Fall klar, dass mich mein Gefühl nicht getäuscht hatte.

In der Getränkeabteilung entdeckten sie das Fenster zum Kassenbüro. Wir haben zwar die Spiegelfolie auf der Scheibe, aber die verhindert den Blick nur mäßig, wenn der Raum erleuchtet ist. Das Fenster weckte die Neugierde der beiden. Der eine stellte sich zunächst auf die Zehenspitzen und versuchte dann sogar, in einen der Fachböden des Regals vor dem Fenster zu steigen. Aufgrund seiner eher unterdurchschnittlichen Körpergröße reicht das nicht aus, um einen Blick ins Büro werfen zu können, so schnappte sich der Kerl zwei Colakisten aus der Abteilung und stellte sie vor das Fenster.

Inzwischen war ich aber auf dem Weg zu ihm. Der andere versuchte mich noch mit einer belanglosen Frage nach Babynahrung abzulenken, den bügelte ich aber mit einem knappen "haben wir gar nicht im Sortiment" (war gleichermaßen gelogen wie egal in dem Moment) ab und ging weiter. "Willst 'ne geführte Tour durch das Büro und unsere Nebenräume haben?", fragte ich den Typen mit den Kisten, der immer noch auf den passenden Moment wartete, ins Büro zu glotzen.

Ich hatte es eigentlich nicht anders erwartet. Statt kleinlaut zu sein, ging der Typ in die Offensive. Er wollte die beiden Kisten ja kaufen (klar, in halbvoll), aber das macht er jetzt bestimmt nicht mehr, weil man hier ja verdächtigt würde. Er drehte den Spieß sogar noch um und tönte lautstark herum, wie man hier mit Kunden umgehen würde. Auf dem Weg zum Ausgang steigerte er sich da noch immer weiter rein, warf mit Beleidigungen um sich und rotze am Schluss noch vor die Tür.

Manchen Leuten sieht man einfach an, dass sie Ärger machen.



Spontane Aktion von mir: Das Fenster ist jetzt im unteren Bereich zugeklebt. Wir können zwar noch jederzeit problemlos rausgucken, aber wer darüber gucken möchte, braucht schon mehr als nur eine Getränkekiste. Mit was man sich hier immer herumschlagen muss …


Aufsteller mit Riesenrolle

Wir haben seit ein paar Tagen einen Aufsteller mit Mentos-Kaubonbons im Laden stehen. So weit, so unspektakulär. Auffällig an dem Ding ist diese Mentos-Riesenrolle an der Seite, deren Pappdeckel schon ganz schlabberig ist. Ich war wohl nicht der erste, der da reingucken wollte. :-P

(Ist nur Pappe und keine Riesen-Kaubonbons. Also spart euch das Fass mit Light-Cola.)


Und, wieviel Umsatz?

Zwei Männer (vom Rewe-Markt hier in der Gegend) schlichen durch den Laden und kamen schließlich auch mit einem meiner Kollegen ins Gespräch, weil er die augenscheinlich etwas suchenden Männer mit der Frage ansprach, ob er helfen könne.

Sie stellten sich kurz vor und sagten, dass sich sich nur mal umgucken wollen. So weit, so gut, das wollen wir ihnen ja nicht verbieten.

Dann fragten sie meinen Mitarbeiter jedoch noch ziemlich direkt, wie viel Umsatz wir hier pro Woche so machen würden. "Verratet ihr mir euren?", entgegnete er schlagfertig. Statt einer Antwort bekam er nur ein spöttisches Lachen. Eben. Was stellt er auch diese selten blöde Frage. :-)