Der "Ich hab noch nie was geklaut"-Typ war wieder im Laden. Einem Kollegen war er leider erst aufgefallen, als er seinen Leergutbon an der Kasse einlösen wollte, aber dennoch war er ihn kurzerhand raus.
Nachdem der Typ eine Weile vor dem Laden herumgreinte kam einer rein, der wie sein Bruder aussah, gab zwei Leergutbons ab und wollte die Summe in Kleingeld ausgezahlt bekommen.
Ein paar Minuten später stand genau dieser Mann wieder vor meinem Kollegen an der Kasse und behauptete, von ihm betrogen worden zu sein. Da wir hier aber nicht unter geistiger Umnachtung leiden und meistens recht genau wissen, was wir tun, konnte es darauf nur eine Antwort geben: "Du solltest 5,69 Euro bekommen und hast sie bekommen. Wer weiß, in welchen von deinen unzähligen Taschen das Geld gelandet ist. Und jetzt raus hier!"
Der Typ nölte noch etwas herum und murmelte irgendwas davon, dass er die Polizei hinzuziehen wolle. Das ließ meinen Mitarbeiter aber relativ kalt: "Dann mach das doch, los. Wir haben da oben eine Videokamera, die das mit dem Wechselgeld genau gesehen hat."
Wir sind uns nicht 100%-ig sicher, aber schon ziemlich, dass sich der Typ da eben ein Bio-Brot in seine Jackentasche gestopft hat.
Ich hatte keine Lust zu pokern, auf dem Video war es nicht sicher zu erkennen und im Zweifel für den Angeklagten – aber sollte er noch mal hier in den Laden kommen, werden wir alle wachsam sein.
Nachdem mich sein Bruder nun angesprochen hatte, kam ich doch ins Grübeln. Was ist eigentlich mit dem erbeuteten Geld passiert? Daher gab es nun eine E-Mail an die Staatsanwaltschaft Bremen. Mehr Infos braucht es an dieser Stelle eigentlich nicht, es steht ja alles in dem Schreiben drin. Es geht übrigens um diesen Fall:
Sehr geehrte Damen und Herren,
am 10. Dezember 2009 hat in meinem Geschäft in der Gastfeldstraße 29-33 ein Raubüberfall stattgefunden. (Reg.-Nr. xxx)
Der Täter wurde kurz darauf von der Polizei gestellt, die Beute (ca. 900€) wurden angeblich sichergestellt.
Da in so einer Sache ja immer etwas Zeit vergeht, hatte ich den Fall irgendwann gänzlich aus den Augen verloren und wurde nun vor ein paar Tagen wieder daran erinnert, weil der Bruder des Täters mich bat, seinen Bruder hier wieder einkaufen zu lassen. Ich beantworte das lapidar damit, dass ich vielleicht darüber nachdenken würde, wenn er das Geld wieder abliefert, das ich bis heute nicht zurückbekommen habe. (Weder von ihm, noch von der Polizei, noch von der Staatsanwaltschaft…)
Außer der alten Reg.-Nr. liegt mir darüber NICHTS vor, zumal ich auch nie die Daten des Täters bekommen habe – dennoch werde ich jetzt so lange an der Sache dranbleiben, bis ich die Beute zurückbekommen habe.
Bin mal gespannt, ob da überhaupt irgendeine Reaktion folgt und wie die Sache möglicherweise noch ausgeht.
(Selbst wenn ich die Kohle wiederbekomme, wird der Typ meinen Laden übrigens nie wieder betreten dürfen. Der Drops ist sowas von gelutscht, das könnt ihr euch wohl denken…)
…das Verfahren kann zurzeit nicht fortgeführt werden, weil der Aufenthalt des beschuldigten bisher nicht hat ermittelt werden können. Alle insoweit erforderlichen Maßnahmen sind indessen veranlasst worden.
Ist ja eigentlich auch egal. Wenn sie den Typen irgendwann vielleicht mal haben, kommt das Schreiben mit dem Textbaustein, dass die Schuld als gering anzusehen ist und auch das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung es nicht gebieten würde, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
Ein – tzja – Stammkunde kam rein, nahm mich beiseite und sprach mich an: Sein Bruder hat "seit dieser Sache" hier immer noch Hausverbot und so langsam könnte doch mal Gras darüber gewachsen sein.
Also: Wenn ein Typ, egal ob nüchtern, alkoholisiert oder unter sonstigem Drogeneinfluss stehend, einem meiner Mitarbeiter eine Schusswaffe vor die Nase hält und den Inhalt der Kasse fordert, ist da auch nach knapp acht Jahren mit Sicherheit noch nichts drüber gewachsen. Weder Gras noch sonstige Grünpflanzen. Die Antwort auf die Frage, ob er hier wieder einkaufen dürfe, lautete also nein. Und zwar so lange, bis er abnippelt und auf seinem Grab dann Gras oder sonstige Grünpflanzen wachsen.
Ich gab ihm den Hinweis mit auf den Weg, dass ich, falls sein Bruder sich entschließen sollte, die Beute zurückzugeben, vielleicht darüber nachdenken werde. Die Kohle, einen höheren dreistelligen Betrag, habe ich nämlich bis heute nicht wiedergesehen.
Ein alkoholisierter oder möglicherweise auch anderweitig irgendwie berauschter Mann stand vor dem Leergutautomaten und gab mehrere Flaschen aus einer Kiste einzeln ab. Da sie teilweise wohl noch gefüllt waren, goss er sich zwischendurch den stinkenden Inhalt über die Jacke. Das wiederum motivierte ihn dazu, lauthals herumzustänkern, woraufhin ich erst überhaupt auf ihn aufmerksam wurde.
Aus irgendeinem Grund richtete sich plötzlich seine Aggression gegen die Kamera über dem Automaten, durch die er sich plötzlich immens beobachtet fühlte. War nicht schwer zu erraten, so wie er sich dort aufführte.
Ich überlegte schon die ganze Zeit, ob ich eingreifen soll oder nicht, aber als er "mir" dann auch noch den Stinkefinger zeigte, war das Maß voll. Seinen Bon mit der bis dahin aufgelaufenen Summe durfte er vorne einlösen, das restliche Leergut musste er irgendwo anders hinschleppen.
Eine reichlich heruntergekommen wirkende Frau fiel mir vor dem Leergutautomaten auf. Ich musste einfach über die Videokameras ihren Weg durch den Laden beobachten und meine viele Erfahrung wurde wieder einmal bestätigt: Auf recht umständliche Art verteilte sie nach und nach mehrere Packungen Käse aus dem Kühlregal in ihren Hosentaschen. Aus irgendeinem Grund wickelte sie die Päckchen dabei vorher noch einzeln in mitgebrachte Kunststoff-Frühstücksbeutel. Vielleicht, um im Zweifel noch behaupten zu können, dass sie die Sachen mitgebracht hätte und dass sie nicht von uns wären. Keine Ahnung. War aber nicht ganz undankbar, dass sie die Verpackungen nicht einfach so in ihre spackigen Hosentaschen geschoben hat.
So weit war das noch gar nicht sonderlich erwähnenswert. Am Ausgang sprachen wir die Frau an und nahmen sie mit nach hinten ins Lager. Da sie keinen Ausweis, sondern nur eine alte Versichertenkarte ohne Foto dabei hatte, mussten wir die Polizei zur Überprüfung ihrer Identität rufen.
Während wir warteten, greinte und jammerte die Frau mit dicken Krokodilstränen, dass sie gar keine Zeit hätte, weil sie zu einer Veranstaltung müsse, für die sie nun extra über eine Stunde aus dem Norden der Stadt mit Bus und Bahn angereist sei. Diese Veranstaltung gibt es wirklich, bei uns um die Ecke befindet sich das "Jesushaus", ein Rückzugsort mit Bibelstunden und Teestube für Bedürftige. Und sowieso sei sie eine total ehrliche Frau, die an Gott glaubt und ihr ganzes Leben für und mit Gott lebt.
Ich sah ihr mit schief gehaltenem Kopf in die Augen und sagte: "Sie kennen das siebte Gebot? Du sollst nicht stehlen?"
Darauf bekam ich aber keine Antwort mehr.
Es geht aber noch weiter: Sie war auch die ganze Zeit am jammern, dass das doch auch ohne Polizei gehen müsse. Polizisten würden sie nämlich immer so grob behandeln. Konnte ich mir pauschal erst mal gar nicht vorstellen. Nachdem sie aber gegenüber den Polizisten recht renitent war, die Beamten sogar anschrie und schon gar nicht mitarbeiten wollte, stand sie nämlich plötzlich mit gespreizten Beinen und dem Gesicht an der Wand hier herum. Selbstgemachtes Leid, würde ich sagen.
Wir haben einen Ladendieb erwischt, der zumindest so tat, als wenn er absolut kein Deutsch sprechen oder verstehen könne.
Als sich einer meiner Mitarbeiter über die Tat etwas lauter aufregte, konnte der Typ plötzlich doch ein Wort, fast akzentfrei dazu: "Entschuldigung! Entschuldigung!"
Ein Typ mit Jeansjacke, extrem alternativen Outfit und einem fetten "Animal Liberation Front"-Aufnäher auf dem Rücken hat versucht, eine Packung, jetzt haltet euch fest, Geflügelfrikadellen zu klauen.
Diskussion mit einem Ladendieb, der vor ein paar Jahren hier schon einmal geklaut hat:
"Wir haben nicht mehr 2012, das Hausverbot ist zuende."
"Das gilt bei mir Lebenslang."
"Die Polizei sagt, das geht nur für ein Jahr."
"Ich habe hier das Hausrecht und wie lange ich hier jemanden nicht mehr sehen möchte, der mich beklaut hat, ist ganz alleine meine freie Entscheidung. Und ich möchte jemanden, der mich beklaut hat, einfach nie wieder sehen."
Mir fiel ein Mann in der Getränkeabteilung auf. Obwohl ich ihn nur im Vorbeigehen von hinten sah, brüllte mich meine innere Stimme an und forderte mich auf, ins Büro zu gehen und den Typen mal etwas zu beobachten. Das tat ich und die innere Stimme sollte nicht enttäuscht werden.
Nachdem er sich eine Weile umgesehen hatte, nahm der Mann eine Dose Bier aus dem Regal. Ich erwartete schon, dass er diese in seiner Jacke verschwinden lassen würden, aber dem war nicht so. Er stellte sie stattdessen zwei Meter weiter entfernt in eine der Mehrweg-Getränkekisten und ging weg. Er umrundete gemütlich die Getränkeabteilung und als er sich der abgestellten Dose nährte, dachte ich mir schon, was passieren würde: "Jetzt steckt er sie ein. Wollte sich nur in Sicherheit wiegen."
Nein, das war es nicht.
Er steckte die Dose nämlich nicht ein. Er nahm sie und ging in Richtung Leergutannahme, wo ich allerdings schon auf ihn wartete. Da hat der Typ doch ernsthaft die Dose geöffnet und dort zwischen den Kisten, wo er sie zunächst hingestellt hatte, auslaufen lassen. Ein halber Liter Bier hat sich so über etliche andere Ware ergossen und unter der Europalette verteilt, auf dem die Kisten stehen. Und das alles für 25 Cent Pfand, die der Typ auf diese Weise einheimsen wollte.
Wir haben dann die Kisten und die Palette beiseite geräumt und den Typen den ganzen Bereich, der mit Bier benetzt war, wischen lassen.
Ein kleiner Junge, vielleicht 10 Jahre alt, fiel uns alleine dadurch auf, dass er an der Kasse eine kleine Packung Kaugummi (die bei Dieben beliebten 5Gums) aus dem Regal nahm und damit nach hinten in den Laden ging.
Noch bevor wir im Büro waren und über die Videoanlage zugucken konnten, befand sich der Junge schon wieder auf dem Weg nach vorne. Ich ging unauffällig hinter ihm her und beobachtete, wie er das Kaugummipäckchen wieder an seinen Platz legte, und den Laden einfach so verließ. Was war das denn?
Wir guckten und das Päckchen genauer an und stellten fest, dass das von uns aufgeklebte Warensicherungsetikett fehlte. Dieses fanden wir dann wenige Augenblicke später auf dem Fußboden in dem Gang liegen, durch den er bei seinem Weg durch den Laden gegangen war.
An dieser Stelle können wir nur mutmaßen, was da genau passiert war: Er wollte das Kaugummi tatsächlich mitgehen lassen, hat dann aber die Sicherung entdeckt. Trotz dessen, dass er sie abgerissen hatte, bekam er wohl Muffensausen und hat sich dazu entschlossen, das Vorhaben ganz abzubrechen.
Das war auch gut für ihn, denn unabhängig von der Warensicherung waren wir ihm nämlich schon auf den Fersen.
Anruf eines Telefonkartenbetrügers. Ein Kollege war dran und weil die Situation für ihn ganz neu war, hatte er sich überrumpeln lassen und die beiden gewünschten Karten schon an der Kasse generiert. Dann stolperte er aber über die Aufforderung, die PINs durchzugeben und verweigerte dies konsequent.
Der Anrufer drohte: "Dann muss ich Ihr gesamtes System sperren!"