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Undisziplinierter Bewerber

Vor einer Weile rief ein junger Mann an, der augenscheinlich nicht nur auf einen Telefonspaß aus war, sondern glaubhaft nach einem Job fragte. Er berichtete, dass er schon mal in einem von hier mehrere hundert Kilometer entfernten EDEKA-Markt gejobbt hätte, dort aber rausgeflogen sei und ob das schlimm sei.

Ob das "schlimm" ist, kommt natürlich ganz auf die Umstände an und so frage ich ihn ziemlich direkt: "Warum denn rausgeflogen?"

Er erklärte es: "Ich war etwas, ähm, undiszipliniert. Aber nun bin ich älter, vernünftiger und habe inzwischen auch mein Studium angefangen."

Vermutlich hatte er in dem Laden einen Schülerjob und hat als pubertierender Junge besseres zu tun gehabt, als immer pünktlich und regelmäßig seinem Job nachzukommen. Wenn er nun aber studiert, wird er ja wohl die Kurve geschafft haben. Ich bat ihn also, einfach mal eine Kurzbewerbung hier abzugeben.

Da kam aber bis heute nichts und wird dann wohl auch nicht mehr.

Lachhaft

Wir haben in jüngster Zeit mal wieder Mitarbeiter gesucht, konkret ein paar Aushilfen für die Kasse in den Spätschichten. Manchmal bewirbt sich niemand, manchmal rennen einem die Interessenten beinahe die Bude ein. Das war diesmal der Fall. Wir haben in der Reihenfolge des Posteingangs die Bewerber angeschrieben und uns auch relativ schnell für drei entscheiden können.

Parallel dazu ergab es sich, dass wir Leute zum Verräumen der Ware brauchten. Die Rahmenbedingungen blieben die selben, nur die Tätigkeit wäre eine andere zu anderen Zeiten. Statt den restlichen Bewerbern also eine Absage zu schreiben, versuchte ich es hiermit:

… vielen Dank für die Bewerbung bei mir im Unternehmen. Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen sind die ursprünglich ausgeschriebenen Jobs an der Kasse mit größter Wahrscheinlichkeit schon vergeben.

Sollte es zeitlich passen, könnte ich (ebenfalls als geringfügige Beschäftigung) eine Alternative anbieten: Ich suche akut noch Mitarbeiter, die dienstags und freitags ab 8 Uhr morgens Ware verräumen. (Dabei möchte ich nicht ausschließen, dass nicht vielleicht sogar mal eine Tätigkeit an der Kasse daraus wird oder zumindest hinzu kommt.)

Wenn daran Interesse besteht, sollten wir kurzfristig einen Termin vereinbaren.
Ich fand das ein korrektes Angebot, vor allem auch mit der Option, schon einen "Fuß in der Tür" (zum Kassentisch) zu haben.

Von einem Studenten bekam ich folgende Antwort:

"Das Angebot finde ich ziemlich lachhaft."
Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich erkannte, was das Angebot so lachhaft gemacht hatte: Student. Mitten in der Nacht arbeiten. Merkte ich dann auch. :-)

Die einen so, die einen anders …

Wer Personal einstellt, kann was erleben. Vor allem begegnen einem im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Charaktere.

Der Einstieg in mein Unternehmen, die Kombination aus Vorstellungsgespräch und der Schnupperrunde an der Kasse, verläuft hier für Kassenkräfte fast immer gleich. Nach dieser Schnupperrunde, in der die Bewerber nach einer kurzen aber ausreichend langen Einführung in die Abläufe an der Kasse unter Aufsicht die ersten eigenen Schritte machen sollen, entscheidet sich, wie es weitergeht. Manchmal entscheiden die Bewerber, dass der Job an der Kasse nichts für sie ist, manchmal sehen wir es so – oder man findet zueinander.

Da war zum Beispiel erst in jüngster Zeit eine junge Frau, die erklärte, dass sie schon in verschiedenen Geschäften, darunter auch bekannte Lebensmittelfilialisten, an der Kasse gearbeitet hat und demzufolge über entsprechende Erfahrungen verfügt: "Kassieren kann ich, jahrelang gemacht." Bei der Einführung wurde schnell klar, dass es schon bei den Grundlagen an der Kasse eklatante Defizite gab. So hat sie zum Beispiel bei jedem Artikel vor dem Scannen den Strichcode gesucht. Mit Erfahrung an der Kasse im Lebensmittelhandel weiß man einfach irgendwann, wo die Strichcodes ungefähr sitzen. Münzen hat sie häufig von beiden Seiten betrachtet, um den Wert herauszufinden. Dabei kann man unsere Euro- und Centmünzen mit Erfahrung von beiden Seiten zweifelsfrei identifizieren. Und so weiter. Das wirkte alles so unglaublich dilettantisch, als hätte sie noch nie einen Supermarkt von innen gesehen. Das war dann nichts.

Es gibt auch die anderen Beispiele: Junger Mann, Student, bewirbt sich bei uns als Aushilfe. "Hast schon mal kassiert?" – "Nein, noch nie so richtig."
Wir haben ihm bei der Einführung alles Notwendige gezeigt und er hat die Infos aufgenommen und in der Praxis sofort umgesetzt. Noch während der ersten Schnupperstunden stand er zeitweise schon quasi alleine an der Kasse, während die ihn beaufsichtigende Mitarbeiterin hinter ihm an der anderen Kasse ihre Kunden abgefertigt hat und maximal noch aus dem Augenwinkel zu ihm blickte. Kassentraining und Stresstest waren dann schnell erledigt und so kamen wir zu einem neuen Kollegen. :-)

Fehlende Zeitangaben

Aus dem Lebenslauf eines Bewerbers:

"Fehlende Zeitangaben beinhalten aktive Stellensuche, Übergangsphase nach Einreise, berufliche Orientierungszeiten, diverse Fortbildungskurse und Wartezeiten auf Qualifizierungen."
Ist zwar auch alles eher schwammig formuliert, aber immerhin bleibt man als Personaler nicht mit einem großen Fragezeichen überm Kopf zurück.

Perfekt!

Ein junger Mann fragt nach einem Job und mein angesprochener Mitarbeiter antwortete ihm, dass wir gerade keine Stelle zu besetzen hätten.

"Perfekt", flötete der Bewerber, drehte sich um und ging.

Etwas mehr Enttäuschung hatten wir jetzt irgendwie schon erwartet. :-P

Die Bewerbung

Dieser ehemalige Mitarbeiter hat sich vor ein paar Wochen erneut bei mir beworben. Meine emotional formulierte Antwort an ihn war wohl nicht besonders professionell, musste aber einfach "raus":

Sehr geehrter Herr […],

sind Sie wirklich nicht in der Lage, sich zu merken, wo Sie schon einmal gearbeitet haben?

Erlauben Sie mir, Ihre Erinnerung kurz aufzufrischen: Vom 27. September bis 30. September 2017 hatten Sie in meinem Geschäft in der Münchener Straße 66-72 gearbeitet und sind dann ohne jegliche Abmeldung oder Ankündigung nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen, haben dann aber mit einem sympathischen Schreiben voller angedeuteter Drohungen eine unsinnige Gehaltsforderung verlangt.

Zur Ihrer aktuellen Bewerbung bei mir im Unternehmen: Ich habe kein Interesse an Ihrer Mitarbeit.
Und nun fordere ich Sie auf, mich nicht mit weiteren Bewerbungsversuchen zu belästigen.
Ich hatte zwar mit keiner weiteren Reaktion gerechnet, diese kam jedoch nur einige Stunden später in Form einer weiteren Mail:

Moin Herr Harste,

mit einem lauten Lacher habe ich Ihre peinliche E-Mail vom heutigen Tag zur Kenntnis genommen und natürlich ist mir schon bewusst wo meine Person gearbeitet hat, aber das wird wohl an meinem gesegneten Alter liegen. Jetzt möchte ich aber gerne auf Ihre lächerliche E-Mail beziehen:

[Es folgten einige spöttisch formulierte Tatsachenverdrehungen.]

Abschließend teile ich Ihnen noch mit, dass ich diese bei Ihnen eingereichte Bewerbung als Alibi-Funkion für administrative Zwecke brauchte.

Ansonsten wünsche ich Ihnen noch viel Spaß und Glück bei der Suche nach dem perfekten Kandidaten, aber wenn Sie solche E-Mails an die potentielle Bewerber verschicken, werden Sie leider noch sehr lange suchen dürfen - lol.

Mit freundlichen Grüßen
Was für ein Querulant. Natürlich schicke ich nicht solche E-Mails an "potentielle Bewerber", sondern nur an Leute, die sich ausgesprochen sonderbar verhalten, um diese ein wenig zu provozieren. Mir war der Inhalt und Tonfall meiner Mail durchaus bewusst und ich war auch wirklich, wirklich, wirklich nicht darauf aus, ihn noch einmal für mich zu gewinnen.

Ist mir jetzt aber auch egal. Einzig die schriftlich bestätigte "Alibi-Funkion für administrative Zwecke" könnte eventuell für die Arbeitsagentur noch einmal interessant werden. :-P

Zwei überpünktliche Bewerber

Ich bin begeistert: Beide eingeplanten Bewerber sind heute nicht nur überhaupt aufgetaucht, sondern erschienen auch noch mehr als pünktlich zu ihren Terminen.

Wenn das nun an der Kasse genauso weitergeht, kann's nur gut werden.

Planmäßig heute zwei Bewerber

Im Idealfall tauchen hier im Laufe des Nachmittags noch zwei Bewerber auf, die jeweils nach einem Minijob an der Kasse gefragt haben. "Interessiert sind" wollte ich gerade erst schreiben, aber das zeigt sich ja erst, wenn sie auch wirklich hier aufschlagen. ;-)

VP in der Baustelle

Ein Kollege berichtete, dass ihm aus unserer Baustelle ein Mann entgegenkam, den er direkt als "VP" (Verdächtige Person) eingeschätzt hätte, eher sogar "extrem VP". Wollte sich angeblich bei uns bewerben, sein Bewährungshelfer hätte ihm dazu geraten.

Wir werden wohl eher nicht zueinander finden.

Nullkommanull Bewerber

Ich weiß gerade nicht, ob ich lachen oder heulen soll ...

Um 11 Uhr hatten wir zwei Termine mit Bewerbern. Ein junger Mann, der gerade Abi gemacht hat und eine Frau, die sich ursprünglich zwar im Markt in Findorff beworben hatte, aber auch gerne hier in der Neustadt arbeiten wollte.

Erscheinungsquote exakt nullkommanull Prozent.

Geerdet

Wir haben eine Initiativbewerbung bekommen. Im Lebenslauf hat der Bewerber in der Rubrik "sonstige Kenntnisse und Fähigkeiten" auch folgende Zeile hinterlassen:

geerdet
Den Begriff und die Bedeutung (warum sucht der Herr dann eigentlich einen neuen Job?) kenne ich, aber in einer Bewerbung habe ich das in den fast 18 Jahren meiner Selbstständigkeit als erwähnte Eigenschaft auch noch nie gesehen.

Die drei "Häh?!"

Das dritte "Häh?!" des Tages hatte ich vor ein paar Minuten, als ich eine leere (aber bepfandete) Einwegflasche einer Marke eines Mitbewerbers bei uns im Regal gefunden habe. Aber das eigentlich nur am Rand erwähnt.

Die erste Merkwürdigkeit hatte ich heute Morgen. Da rief mich der Edeka-Kundendienst an und berichtete von einer etwas kuriosen E-Mail, die dort eingegangen ist. Ein Mann, lt. Adresse (der echten?) hier aus dem Stadtteil, schrieb auf Englisch, dass er hier bei seinen Kreditkartenzahlungen abgezockt werden würde und dass es notwendig wäre, noch mehr derart abgezockte Kunden zu finden, die dann gemeinsam zur Polizei gehen und das anzeigen sollen. Andererseits beschrieb er uns nicht mit konkreter Adresse, sondern einzig mit dem Merkmal "The all-night-and-day shop in Bremen (except Sundays: 00.00h to 24.00 Hours!)". Aufgrund unserer 24h-Vergangenheit (und der räumlichen Nähe zu seiner Anschrift) fühle ich mich zwar prinzipiell schon irgendwie angesprochen, aber andererseits haben wir nun auch schon seit über sieben Jahren eben nicht mehr rund um die Uhr geöffnet.

Gegen Mittag hatte ich das nächste große Fragezeichen über dem Gehirn schweben: Da trudelte mit der Tagespost eine Bewerbung rein. Eine komplette Mappe mit Anschreiben und allem was dazu gehört. Wäre jetzt nicht weiter erwähnenswert, wenn der junge Mann nicht vor exakt vier Wochen auch schon eine solche Mappe geschickte oder ich gar nicht erst darauf reagiert hätte. Statt eine neue Bewerbung (verpeilt oder hoffnungsvoll?) zu schicken, hätte er besser mal auf mein Schreiben reagiert.

Das sind die Tage, an denen einem vom Kopfschütteln schwindlig wird.

Aussehen wie ein Penner

Eine Bekannte rief mich an und erklärte mir, dass sich demnächst möglicherweise bei mir ein Mann für einen Job als Kassierer vorstellen würde.

Ich fragte: "Okay. Wie alt ist denn der?"

Sie antwortete: "So 40, 50 oder 60 Jahre alt."

Genauer konnte sie es mir auch nicht sagen. Noch bevor ich was sagen konnte, ergänzte sie: "Der sieht aus wie ein Penner, ist aber keiner!"

"Woher kennst du den denn?"

"Gar nicht, der stand bei REWE an der Kasse."

"Aber woher weißt du denn, dass das kein Penner ist, wenn du den zwar nicht kennst, er aber so aussieht?"

"Ich kann eben durch die Schichten durchgucken, das hat etwas mit Magie und Spiritualität zu tun."

Ein Kollege hatte die Unterhaltung mitbekommen und warf in den Raum: "Eher Maggi und Spirituosen!"

Ich wandte mich ihr wieder zu: "Also einen Typen, der möglicherweise kein Penner ist, aber die Erscheinung wie ein solcher hat, werde ich auf jeden Fall nicht an die Kasse setzen. So gut kann keiner den Job machen, dass solche Äußerlichkeiten damit ausgeglichen würden."

Damit ist war und ist das Thema für mich beendet.