Der seltsame Gedanke war tatsächlich einer. Ich beschloss damals, einem sehr alten Mann, der mehrfach geklaut und trotzdem darum gebeten hat, hier wieder einkaufen zu dürfen und dabei versprach, ehrlich zu sein, einfach nicht mehr hinterherzusehen. Und für den Fall, dass er sich dann doch unentdeckt etwas einsteckten sollte, wäre es mir egal. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Tzja – vorhin, während ich abwesend war, beobachteten zwei Mitarbeiter, wie sich der alte Mann zwei Gläser Wurst in die Tasche steckte.
Wenn ich gerade bei einem Diebstahl erwischt worden wäre, würde ich doch den Ball flachhalten und nicht auch noch demjenigen, den ich beklauen wollte, damit drohen, dass wir uns wiedersehen werden.
Aber vielleicht hat er auch nur einfach herausgefunden, dass sich die meisten seiner Opfer auf diese Weise recht einfach einschüchtern lassen. Bei mir klappt's nicht.
Drei Männer standen vor dem Leergutautomaten und gaben einige Flaschen ab. Mir fiel das Trio durch ihre etwas ungewöhnliche Bekleidung auf. Irgendwie eine Mischung aus ungewöhnlich und ungepflegt. Das erregte meine Aufmerksamkeit und so beobachtete ich die drei über die Videoanlage.
Plötzlich ging einer der der Typen ein paar Meter ins Lager und sah sich um. Nanu? Achso, er wollte nur den Leergutautomaten von hinten sehen. Er ging zurück zu seinen beiden Begleitern, wechselte ein paar Worte mit ihnen, ging wieder ins Lager und nahm sich eine der dort stehenden Leergutkisten und ging damit wieder zur Vorderseite des Automaten. Verdammt, der will doch wirklich..!
So weit kam es aber nicht, denn ich sprintete die Treppe herunter, nahm ihm die Kiste weg und forderte die drei auf, ihr restliches Leergut einzupacken, den bisherigen Bon an der Kasse einzulösen und meinen Laden unverzüglich zu verlassen und sich hier im Laden nie wieder blicken zu lassen. Statt klein beizugeben, klopften die drei auch noch große Sprüche. "Sie haben uns gar nichts zu sagen!", war einer davon.
Sie trollten sich dann zum Glück trotzdem sehr schnell. Ich hatte einfach keine Zeit und Lust, auf die Polizei zu warten und war froh, dass die drei Kerle nicht noch mehr Stress gemacht haben.
"Ich habe das Deo bestellt, da bin ich hundertprozentig sicher!", erklärte mir eine Kollegin. "Das Regal ist aber komplett leer und die Ware ist doch gestern erst geliefert worden!"
Der Artikel war nicht nur bestellt, sondern auch geliefert worden, wie ein Blick auf den Lieferschein zeigte. Mist. Geklaut? Ich wälzte die Videoaufzeichnung und wurde schließlich am Vorabend fündig. Ein Mann, den ich nicht kannte, aber den zwei Kolleginnen sofort als Stammkunden aus den Abendstunden identifizierten, stopfte sich sämtliche Spraydosen in die Ärmel seiner dicken Daunenjacke.
Wer für den Eigenbedarf "Axe" klaut, hat es eigentlich auch nicht besser verdient. Aber vermutlich geht das Zeugs in irgendwelchen Kiosken oder Quickschops oder sogar auf einem Flohmarkt über den Tisch.
Ohmann, das ist so frustrierend.
Aber die Videoaufzeichnung von dem Diebstahl sichere ich. Und wenn der Typ noch einmal wiederkommt, ist er fällig.
Eine Gruppe von drei Heranwachsenden stand vor ein paar Stunden an der Kasse, als ich zufälligerweise auch gerade nach vorne musste, da ich an der anderen Kasse noch etwas mit einer Kundin zu regeln hatte.
Die drei Jungs dachten wohl, dass ich wegen ihnen vorne bin. Hätte zwar gut angehen können, war aber diesmal nicht so. Das hat das Trio aber nicht davon abgehalten, blöde Sprüche zu machen, mich aufzuziehen und nebenbei noch an der dritten, in dem Moment ungenutzten Kasse herumzudrücken. Auch die Aufforderung, die Finger von dem Gerät zu lassen, ignorierten sie, bzw. quittierten sie mit hirnlosen Sprüchen.
Als ich mit "meiner" Kundin alles geregelt hatte, nahm ich die drei Dosen "Jim Beam & Cola", welche die drei vor sich auf dem Förderband stehen hatten an mich. "Die dürft ihr noch nicht kaufen." sagte ich.
"Eh, was soll das denn? Isch bin 18!", sagte der Wortführer.
"Nein." entgegnete ich so laut, dass es auch alle anderen Kunden hören konnten. "Ihr seid höchstens drei Jahre alt und damit würde ich euch noch nichtmal Apfelsaft verkaufen." Gelächter von einigen umstehenden Kunden.
Die drei dampften ab, nicht ohne von außen noch abschließend gegen die Schaufensterscheiben zu schlagen und dagegenzuspucken. Mehr war irgendwie nicht zu erwarten.
Ein paar Minuten später erklärte mir eine Kollegin, dass die drei etwas früher schon einmal im Laden waren, sich zu dem Zeitpunkt aber noch völlig normal und unauffällig verhalten hätten.
Eben waren die drei Typen wieder im Laden. Ich habe keine Idee, was mich auf die blödsinnige Idee gebracht hat, es auf die freundliche Tour zu versuchen. Ich dachte, wenn man den drei mit ein paar offenen Worten in einem vernünftigen Tonfall begegnet, dass sie sich vielleicht benehmen könnten. Ich ging auf sie zu und sprach sie bewusst aber nicht übertrieben freundlich an. Natürlich musste ich es auf den Punkt bringen und so erwähnte ich auch, dass man nicht an Kassen herumspielen und gegen Scheiben trommeln muss, sondern sich wie alle anderen Kunden auch benehmen sollte, wenn man einen friedlichen Umgang miteinander wahren möchte.
Der erste der drei entschuldigte sich bei mir und reichte mir seine Hand. Die anderen beiden folgten und alle drei gelobten, sich zu benehmen und friedlich zu sein.
Ich traute ihnen nicht. Kein Stück – und daher führte mich mein Weg unmittelbar nach dem Gespräch ins Büro. Über die Videoanlage beobachtete ich die drei weiter. Wieder nahmen sie sich "Jim Beam & Cola", diesmal nur eine Dose.
Als die drei in einem etwas schlechter einsehbaren Gang standen, legte einer dem anderen die Dose in seine offene Kapuze der Jacke und zupfte den Stoff noch wieder so zurecht, dass das Gewicht nicht weiter auffiel. So stellten sie sich an die Kasse an, um eine Packung billigen Eistee zu bezahlen.
Ich ließ den drei Lügnern keine Chance, mit der Beute verschwinden zu können. Schnell ging ich ungesehen von hinten auf sie zu und griff in die Kapuze. Ohne lange überlegen zu müssen, und doch mit diesem dümmlichen, hämischen Grinsen im Gesicht, "beschuldigte" der mit der Kapuzenjacke gleich denjenigen lautstark, der die Dose dort deponiert hatte. Zwischen den anderen Kunden schubbsten sie sich gespielt hin und her.
Mir war das alles in dem Moment egal. Auf diese Weise haben sie einen wunderbaren Grund für ein Hausverbot geliefert, über den es auch gar nichts zu diskutieren gab. Mit der Drohung, die "Bullen" zu rufen, falls sie sich hier noch einmal blicken lassen würden, verschaffte ich der Aussage noch etwas Nachdruck, den sogar diese Möchtegern-Checker verstanden haben.
Wer sich noch nie mit solchen Idioten auseinandersetzen musste, kann vermutlich gar nicht nachvollziehen, wie extrem lästig das wird, wenn man solche Leute im Grunde täglich im Laden hat...
Das "Red Bull trinkende Pärchen" war wieder da. Noch bevor sie etwas tun konnten, wollte mein Mitarbeiter die beiden rauswerfen. Aber sie verstanden kein Wort von dem, was er ihnen erzählte und weigerten sich auch, die Handzeichen zu verstehen.
Ein anderer Kollege versuchte es mit Plattdeutsch Englisch. "Do you speak English?", erkundigte er sich. Keine Antwort. Machte aber nichts, er erklärte den beiden schließlich auf Englisch, warum sie hier nicht mehr reindürfen. Gemeinsam schafft meine beiden Angestellten es dann, das Pärchen aus dem Laden zu befördern.
Tzz, Sachen gibt's... Da erfährt man nebenbei, dass wir mal wieder Kontakt zu einem Typen hatten, der hier mit einer Knarre in der Hand herumrannte.
Ein Mann wollte in der Nacht Alkohol kaufen. Da er schon mehr als reichlich betrunken war, er konnte nämlich kaum noch geradeaus laufen, beschlossen meine Mitarbeiter, ihm nicht zu weiterem Nachschub zu verhelfen. Im Gegenteil: Sie haben den schwankenden und lallend pöbelnden Mann freundlich aber bestimmt aus dem Laden geleitet.
Meine beiden Mitarbeiter hatten gerade vorsichtshalber von innen die Türen abgeschlossen, als der Typ draußen eine Waffe aus der Jackentasche zog und damit herumfuchtelte.
Ob nun echt oder nicht – die eilig herbeigerufene Polizei fackelte nicht lange und sackte ihn gleich ein. Was dabei herauskommt, werden wir wohl nicht erfahren.
Wenn ein Ladendieb zunächst herumjammert, dass es doch "das erste Mal" gewesen sei und dass er "noch nie mit der Polizei zu tun" hatte und dass wir doch bitte Mitleid haben sollen...
...und er dann im Verlauf des Gesprächs und während der Wartezeit auf die Polizei allerlei Wissen und Halbwissen über seine Rechte als Ladendieb heraushängen lässt...
Zwei Männer, beide etwa Mitte zwanzig, haben eben meine Kassiererin auf's Übelste beschimpft. Die beiden habe ich nur flüchtig gesehen, könnten vom Typ her Albaner oder Araber gewesen sein.
Mit bösesten Sprüchen haben sie meine aus Ghana stammende Mitarbeiterin traktiert, das Niveau dessen bewegte sich rund um das Wort "Negerf*tze". Leider hat sie sich das erstmal mehr oder weniger gefallen lassen und mir erst eine Viertelstunde später davon berichtet.
Ich hoffe jedenfalls, dass die beiden noch einmal wiederkommen und wir sie in dem Moment auch wiedererkennen. Die Sprüche würden jedenfalls problemlos für eine Anzeige wegen Beleidigung reichen.
Seit vielen Jahren haben wir einen Kunden, dem wir anfangs immer skeptisch hinterhergesehen haben. Er ist wohl selber "BtM-Konsument", also mehr oder weniger Drogenabhängig, und hat auch entsprechende Kontakte zur "Szene". Einige der Personen, mit denen er hier im Laufe der Jahre zusammen im Laden war, haben wir früher oder später bei Diebstählen erwischt.
Nur dieser eine Kunde hat sich immer vernünftig verhalten. War zwar "kaputt", aber irgendwann habe ich ihn nicht mehr als "verdächtige Person" eingestuft und ihn im Laden frei gewähren lassen. Selbst wenn er seinen Rucksack zum Einkaufen verwendet hat, öffnete er ihn immer an der Kasse und packte alles brav aus.
Und dann die Aktion von heute. Für eine Flasche Bier.
Er hat von mir keine Anzeige bekommen, dazu mochte ich ihn einfach persönlich zu sehr. Aber ich habe ihm hier Hausverbot erteilt und ihm dabei auch erklärt, dass ich ihm nicht mehr vertrauen kann und keine Lust habe, ab jetzt immer auf ihn aufpassen zu müssen.
· Alles fällt nochmal auf einen zurück.
· Halt's Maul!
· Man sieht sich immer noch einmal im Leben.
· Fresse, Mann!
Diese und weitere ähnliche Sprüche und Beleidungen waren dann der "Dank" eines fünfzehnjährigen Ladendiebes. Vermutlich dafür, dass ich nicht gleich die Polizei, sondern lediglich seine Eltern herbestellt habe.
Aber Hauptsache, man riecht nach Gras wie ein ganzer Coffee Shop und hat ganz cool 'ne Kippe hinter dem Ohr stecken.
(Wie war das wohl mit dem "zurückfallen" gemeint? Immerhin war er es ja, der sich danebenbenommen hat...)
Ein junger Mann und seine etwa gleichaltrige weibliche Begleitung standen in der Getränkeabteilung und tranken beide jeweils eine große Dose "Red Bull" aus. "Tranken" trifft es nicht ganz, "soffen" beschreibt den Vorgang deutlich passender. Hektisch kippten sie sich die Energydrinks in den Hals und stellten die leeren Dosen schließlich einfach hinter andere Flaschen. Ich hatte beim Betrachten der Szene aber schon fest damit gerechnet, dass sie die Getränke nicht bezahlen werden und beobachtete die beiden weiter.
Mit den paar Teilen, die sie in den Händen hielten, stellten sie sich schließlich an der Kasse an. Als sie dran waren, zog mein inzwischen eingeweihter Mitarbeiter nicht nur deren eigentlichen Einkauf ab, sondern tippte einfach den Gesamtpreis der ausgetrunkenen Dosen mit ein.
Da sie wirklich nur ein paar Kleinigkeiten hatten und die beiden Dosen etwa den gleichen Preis hatten, verdoppelte sich der zu zahlende Betrag etwa. Das war natürlich der Moment, in dem ich mit wildestem Protest gerechnet hatte – aber nichts passierte. "Für das Red Bull" versuchte mein Mitarbeiter, sie auf den zu zahlenden Betrag hinzuweisen.
Aber nichts passierte. Wortlos kramte sie das Geld aus der Tasche und bezahlte. Am Ausgang sprach ich die beiden zusätzlich noch einmal an und erklärte, dass so ein Verhalten hier tendenziell eher nicht gerne gesehen wird und dass sie beim nächsten Mal mit einer Anzeige zu rechnen hätten.
Naja, den Satz hätte ich mir auch sparen können. Die beiden sprachen nämlich kein Wort Deutsch und das war dann wohl auch der Grund, warum sie auch schon bei meinem Mitarbeiter an der Kasse keine Mine verzogen haben...
Unser vegetarisches / veganes Sortiment bedient eine relativ kleine Zielgruppe. Diese, so schätze ich, besteht aus einem großen Teil aus Kunden, die ich der "alternativen Szene" zuordnen würde. Der Rest sind Leute, die sich einfach nur vegetarisch ernähren wollen.
Die Probleme, die ich mit diesem Sortiment habe, schilderte ich bereits. Diebstahl ohne Ende, Tendenz derzeit steigend. Und dabei sind die Artikel bei mir teilweise schon deutlich günstiger als im durchschnittlichen Bioladen. Mit dem Hinweis auf "ein großes Sortiment an vegetarischen und veganen Produkten" werbe ich seit Jahren.
Momentan macht es einfach keinen Spaß mehr und ich überlege ernsthaft, die Abteilung ganz zu schließen. Aber dann täten mir die ehrlichen Kunden Leid, die teilweise (nur) deswegen extra aus einem anderen Stadtteil zu mir kommen und dann ihren restlichen Einkauf gleich mit erledigen. Dass hin und wieder mal ein Teil geklaut wird, ist normal. Momentan verschwinden die Produkte täglich und mitunter sogar in größeren Mengen.
Ob ein Schild helfen kann? "Aufgrund der vielen Diebstähle werden wir diese Produkte aus dem Sortiment nehmen." – aber die Täter werden darüber vermutlich nur lachen und die guten Kunden enttäuscht sein. Aber so hätte man die Problematik wenigstens einmal kommuniziert.
Alternative Szene. Alternativ. Pah! Lieber alt und naiv.