Natürlich kann jeder Mitarbeiter einkaufen, wo er will.
Aber hier an der Kasse wird kein Getränk aus einer Flasche getrunken, die vielfache und deutlich sichtbare Aldi-Logos auf dem Etikett trägt.
Ein bißchen Feingefühl für sowas sollte man eigentlich schon mitbringen. Was denken denn wohl die Kunden, wenn sie hier an der Kasse sehen, dass meine Mitarbeiter hier öffentlich Aldi-Produkte konsumieren?
Es ist immer wieder ein sehr unangenehmes Gefühl, als Arbeitgeber und Mensch zwischen den Stühlen zu sitzen, wenn Mitarbeiter persönliche Probleme haben. Irgendwie den schmalen Pfad zwischen Verständnis und Arbeitsvertrag entlagzugehen.
Wie reagiert man, wenn eine Kollegin völlig fertig und verheult aufkreuzt, weil sie nicht unbedeutende Probleme im Privatleben hat? Natürlich kann man so argumentieren, dass das hier ihre Arbeit ist und sie sich, wenn sie psychisch und/oder physisch nicht in der Lage dazu ist, gefälligst etwas anderes suchen soll.
Aber man ist ja (manchmal viel zu sehr) Mensch und hört sich die Probleme der Kollegen an. Und dann steht man da und weiß nicht, was man sagen und tun soll. Nicht so sehr, in dem Moment die Entscheidung treffen zu müssen, ob oder ob nicht jemand arbeiten muß. Sondern viel mehr, mit Dingen aus dem Privatleben der betroffenen Person konfrontiert zu werden und einfach nichts machen zu können, außer sich die Geschichte anzuhören, irgendwie Verständnis zu zeigen und in Gedanken schon an einem neuen Personaleinsatzplan zu feilen.
Und zwar, nachdem alle Kollegen weg waren. Ich war zufällig nochmal kurz im Aufenthaltsraum und habe im Augenwinkel die rote Lampe am Schalter der Kaffeemaschine entdeckt. Die dazugehörige Kanne stand auf der Heizplatte und war leer, aber heiß.
Im Lebenslauf eines Bewerbers findet sich folgende Zeile:
Kenntnisse: Computer (Grundkenntnisse)
Was soll mir das sagen? Was darf ich mir denn bitte unter "Computer-Grundkenntnissen" vorstellen? Er weiß, welche Hardwarekomponenten es gibt und wie sie angeschlossen werden? Er kennt die Grundfunktionen einer Textverarbeitungssoftware? Spiele laden klappt und DVDs brennen auch? Oder hat er selber ein Linux-System installiert und eingerichtet?
Ich weiß jetzt schon, wie die Hälfte der Kommentare ausfallen wird. Aber so eine Aussage in einer Bewerbung ist doch nun wirklich völlig sinnfrei.
Eine Kollegin gab die Anweisung an einen anderen Mitarbeiter weiter, an Restware einen Zettel mit der Frage, wo die Ware hin soll, zu hängen. Ich befürchte, das scherzhaft von ihr mit ausgesprochene "Fragezeichen" wurde geringfügig missverstanden...
Warum muß ausgerechnet ich einer Kollegin, die eine Lieferung für eine Kundin zusammensucht, erstmal den Unterschied zwischen Binden und Slipeinlagen erklären..?
Doof ist es, wenn die Aushilfe, die Abends die Kisten für unsere Brötchen reinigt, vergißt, nach der Reinigung wieder die Bodenplatten einzusetzen.
Auch doof, wenn der Kollege, der morgens für die Brötchen zuständig ist, dies nicht merkt und schwungvoll ein volles Blech Brötchen durch die Kiste hindurch auf den Fußboden befördert.
Anruf einer quasi ehemaligen Kollegin, die in einer anderen Stadt studiert und dort nun hingezogen ist: Sie kann ab sofort gar nicht mehr zum Dienst erscheinen. Die Entscheidung dazu kam sehr kurzfristig, mit dafür verantwortlich ist sicherlich auch ihre private Situation, die ich zwar kenne, hier aber nicht hingehört.
Ist natürlich für mich blöde, jetzt so spontan die Einsatzplanung für morgen umwerfen zu müssen. Naja, bei einem Krankheitsfall wäre es genauso gewesen.
Wir müssen unbedingt noch darauf achten, neuen Kassiererinnen beizubringen, die Banknoten in einer bestimmten Ausrichtung in den Kasseneinsatz zu sortieren.
Es nervt ungemein, wenn man ich bei der Abrechnung erstmal anfangen darf, alle Scheine zu ordnen.
Eine Bewerberin, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen war, hat telefonisch abgesagt, weil ihr gestern eine Schwangerschaft diagnostiziert wurde.
Hätte dann ja sowieso keinen großen Sinn gemacht, sie einzuarbeiten.
Eine Frau, die hier vor ein paar Jahren mal kurze Zeit beschäftigt war, hat in den Monaten danach private Insolvenz angemeldet. Das Umfeld war entsprechend: Alkohol, Psychatrie, Umzug, Zurückgezogenheit.
Ich erinnere mich gar nicht mehr an den Grund, weswegen ich als ehemaliger, bzw. auch letzter bekannter Arbeitgeber überhaupt mit in die Akte aufgenommen wurde. Immer wieder bekam ich Anschreiben ihres Anwalts und Insolvenzverwalters, in denen ich über den Stand der Dinge informiert wurde.
Nun wurde also eine "Restschuldbefreiung" vereinbart, sofern sich meine ehemalige an einen bestimmten Auflagenkatalog hält/halten kann.
Der ganze Fall und auch das Privatleben dieser Frau, nach der Zeit, die sie hier beschäftigt war, so mitzuerleben, war nun für mich persönlich weder wichtig noch interessant - aber man erschreckt sich doch, wenn man sieht, wie eine solche Sache verlaufen kann.
Janina sucht übrigens immer noch einen Ausbildungsplatz für sich.
Die vielen Kommentare und Verlinkungen auf den ursprünglichen Blogeintrag sind echt möchtig beeindruckend. Leider hat sich bislang noch keine einzige Firma in Bremen gemeldet, die zumindest ein Interesse an Janina angedeutet hätte. Okay, es ist ja nun momentan auch nicht unbedingt die Zeit um Auszubildende einzustellen, aber vielleicht hat meine Aktion ja doch irgendwann Erfolg. Sowas werde ich hier im Blog in der Form allerdings auch nur ein einziges Mal machen, aber diese eine Aktion werde dafür auch bis zum Schluß durchziehen.
Sobald dieser Blogeintrag aus der Startseite ins Archiv gewandert ist, werde ich ihr Foto wohl rechts in die Sidebar mit einbauen.