Ines kam ins Gespräch mit einem älteren Kunden. Als er ihr Namensschild an der Weste entdeckte und sie als Chefin identifizierte, wünschte er ihr viel Erfolg.
"Erfolg? Bei was?", wollte Ines wissen.
"Ich wünsche Ihnen, dass Sie hier mal länger durchhalten. Wissen Sie, ich bin hier schon seit 20 Jahren Kunde und in der Zeit habe ich schon so einige Betreiber dieses Geschäfts kommen und gehen sehen."
Sie nahm diesen Wunsch dankend entgegen und erwiderte nichts weiter dazu. Die Diskussion mit ihm darüber, dass hier seit inzwischen fast 23 Jahren der Name Björn Harste über der Tür steht, wäre wohl sinnlos gewesen …
Eine Kundin kam mit einem Artikel zur Kasse. "Wieviel kostet das?", wollte sie wissen, während sie das Teil vor dem Scanner auf das Förderband legte.
Kollegin guckt nach und antwortet: "99 Cent."
Ich hatte das mitbekommen und fragte spontan: "Ist da kein Preisschild mehr dran?"
"Doch."
"Und was steht da drauf?"
"99 Cent."
Ein etwas verpeilter Mann kommt immer mal wieder in den Laden und wird entweder von irgendwelchen wirr verketteten Synapsen in seinem Kopf oder echtem Enthusiasmus dazu getrieben, Artikel innerhalb der Regale hin und her zu sortieren und sie dabei vor allem am falschen Platz abzustellen.
Darauf angesprochen antwortete er, dass er "Arbeit für andere" machen würde.
Wenn man über die Aussage länger nachdenkt, ergeben sich zwei mögliche Interpretationen. Meint er, dass er die Arbeit erledigt, die sonst andere Leute machen würden – oder macht er diesen Leuten (zusätzliche) Arbeit.
Wie auch immer: Er hat jetzt ein Umsortierverbot.
Ein älterer Herr kam mit einem Gehstock in den Laden, ging zum Leergutautomaten, gab sein Leergut ab – und ließ den Stock neben dem Automaten an die Wand gelehnt stehen.
Als uns das auffiel und bis wir auf der Videoanlage nach dem Eigentümer des Stocks nachgesehen hatten, war der Mann bereits an der Kasse und kurz davor, seinen kleinen Einkauf zu bezahlen.
Hat die Gehhilfe wohl nicht weiter vermisst.
Eine Kundin kam an die Lagertür und statt zu klingeln rief sie zaghaft "Hallo" in die Stille. Ich war gerade hinten bei mir im Büro, hatte das Rufen jedoch mitbekommen, stand auf und ging nach vorne.
Auf halbem Weg, die Frau stand noch keine 15 Sekunden dort, kam von ihr ein völlig entnervtes "Oooooooooouuuuuhhhhhh, dauert das!!!"
Montgomery Scott, ich brauche Ihre Hilfe!
Ein Kunde wollte mehrere Packungen eines Toastbrotes vorbestellen.
Dem Kollegen, der von ihm wissen wollte,
welches Brot genau wir zusätzlich bestellen sollten, beschrieb er es folgendermaßen: "
Das braune."
Mir hätte das ja vermutlich nicht zur zuverlässigen Beschreibung der Backware gereicht, aber die beiden sind sich wohl irgendwie einig geworden.
Eine Mutter war mit ihrer vielleicht fünfjährigen Tochter hier im Markt und das Mädchen durfte sich ausdrücklich "
eine Kleinigkeit" aussuchen.
Etwas mühsam schleppte sie nach einer Weile eine 1200g-Dose "Maoam Kracher", die wir gerade auf einem Aufsteller im Laden stehen haben, zu ihrer Mutter. Diese erwiderte: "
Die bringst du wieder weg. Das ist keine Kleinigkeit. Das ist eine Großigkeit."
Eine Großigkeit.
Beim Packen der Ware hatte Ines einen Artikel, der 2,29 € pro Stück kostet, in der Hand und wollte die Schachteln gerade ins Regal einräumen, als sie entdeckte, dass sich noch drei ältere Packungen im Regal befanden.
Gemäß
FiFo hat sie die drei vorhandenen Packungen mit der freien Hand herausgenommen und kurzerhand im Fachboden darüber abgelegt. Dort fehlte auch gerade ein Artikel, der 1,49 € kostet.
In dem Moment kommt eine Frau daher, nimmt sich die drei Packungen und fragt: "Sind die im Angebot?"
"
Nein, die habe ich da nur kurz abgelegt", antwortete Ines wahrheitsgemäß. "
Die kosten wie immer 2,29 €."
"Aber da steht 1,49 €, warum liegen die dann da?"
"
Weil ich sie nur kurz abgelegt habe."
Nach kurzer wie unnötiger Diskussion ist die Frau dann beleidigt abgedampft …
Eine ältere Kundin suchte "ATA" Scheuerpulver, das seit einer Weile "Ata" nur noch als Untertitel trägt, da Henkel auch für dieses Produkt die Marke "Bref" eingeführt hat.
Wahrheitsgemäß erklärte ich der Kundin, dass wir dieses Produkt irgendwann aus dem Sortiment verbannt hatten, das es bei uns der reinste Ladenhüter war. Ab und zu haben wir mal eine Dose verkauft, aber tendenziell hat das Scheuerpulver bei uns eher Staub angesetzt.
"
Ich war wohl die Kundin, die es noch gekauft hat", lachte die alte Dame.
"Versuchen Sie es doch bei Rossmann. Würde mich wundern, wenn die es nicht im Sortiment haben", erklärte ich der Kundin und verwies an deren nur 400 Meter entfernt liegende Filiale am Delmemarkt.
Ihre Antwort: "
Da war ich schon und wissen Sie, was die mir gesagt haben? Die haben mich blöde angeguckt und hatten keine Ahnung, wovon ich überhaupt rede. Haben die nicht."
Das Produkt scheint es von Henkel
noch zu geben, aber ist vermutlich eine aussterbende Spezies …
Der kleine Junge wurde tatsächlich von seinem Vater hier in den Laden gezerrt, wo er in aller Deutlichkeit um Entschuldigung bitten musste.
Angesprochen hatten sie zwar nicht mich, sondern meinen Mitarbeiter an der Kasse, aber immerhin! Ich gebe zu, dass ich damit nicht gerechnet hätte.
Schnee in Bremen.
Wir haben bislang heute mehr Holzkohle als Streugut verkauft.
Und das war nicht nur ein Spruch zur Belustigung.
Ein älterer Stammkunde kam mit einem Kassenbon in den Laden. Er wäre vorhin hier gewesen, jedoch würde da auch Toilettenpapier auf dem Bon stehen, das er nicht gekauft hätte. Das Geld würde er nun gerne wiederbekommen.
"Haben Sie das Papier hier vergessen und nur nicht mitgenommen?", wollte ich wissen. Das wäre am einfachsten, dann gibt man dem Kunden einfach eine Packung mit. Im Idealfall steht sie sogar noch an der Kasse. Sowas kommt häufiger mal vor.
"Nein. Ich wollte gar kein Toilettenpapier kaufen.", erklärte der Herr.
Das war seltsam. Aber ein Blick in die Videoaufzeichnung von Kasse eins zeigte uns, was passiert war: Er hatte seinen Einkauf, ohne Toilettenpapier, bezahlt. Seine letzten Artikel wurden auf dem, bei uns durch eine Lichtschrank gesteuert automatisch laufendem, Förderband von einer sich nähernden Packung Toilettenpapier des nachfolgenden Kunden immer weiter zusammengeschoben.
Die Kassiererin nahm diese Packung schließlich hoch und legte sie wieder etwas weiter nach hinten auf das Förderband. Dabei geriet der Strichcode in den Bereich des Scanners. Das verräterische Piepen ging wohl irgendwie unter.
Selbstverständlich hat der Kunde sein Geld zurückbekommen.
Auch wenn der Euro inzwischen längst volljährig geworden ist, nehmen wir immer noch D-Mark hier an. Allerdings inzwischen nach anderen Spielregeln: 1.: Keine Münzen, 2.: Kein Umtausch, der Betrag (2:1 in Euro) muss vollständig beim Einkauf verwendet werden.
Das sagten wir auch dem Anrufer, der sich bei der grundsätzlichen Aussage, dass wir noch DM annehmen, zunächst sehr gefreut hatte. Sie hatten wohl im Haus seiner Oma noch mehrere große DM-Banknoten gefunden und wollten diese nun loswerden, ohne nach Oldenburg zur nächstgelegenen Filiale der Bundesbank fahren zu müssen.
Zunächst wollte er am liebsten sofort herkommen, aber als sich die Erkenntnis einstellte, dass er dann hier für durchaus mehrere hundert Euro einkaufen müsse, war die Euphorie wieder dahin.
Damit kann ich aber leben. Überhaupt noch ein Zahlungsmittel anzunehmen, dass seit inzwischen über 21 Jahren kein offizielles mehr ist, sollte Kundenservice genug sein.
Fünf Jugendliche waren im Laden und wollten offenbar auch ein paar Dinge einkaufen. Da sie sich von vornherein schon auffällig benahmen, hatten wir sie bereits über die Videoanlage im Blick.
Beim Nudelregal fühlten sie sich wohl endgültig wie auf einem Basketballplatz und haben sich die Nudelpakete gegenseitig hin und her geworfen. Als sie diese schließlich mit Wucht ins Regal gepfeffert haben, ist Ines der Kragen geplatzt. Sie stapfte nach vorne in den Laden und hat den Jungs eine Ansage gemacht, die sich gewaschen hat. Zuerst stritten sie alles ab, nachdem Ines kurz zur Kamera zeigte, wurden sie ganz kleinlaut: "Wir wollen die ja auch kaufen."
Durften sie. Und nächstes Mal schleifen wir sie zum Spielplatz auf dem Schulhof der
Grundschule um die Ecke, da können sie sich dann austoben.
Noch ein Bild, mit dem ich etwas in Zeitverzug geraten bin. Zu Weihnachten hatten wir von einer Kundin als Dankeschön neben einer Karte auch Schokolade und eine Tüte
"Tandoort Chilli" Chips von Howdah bekommen. Ein faszinierendes Produkt auf der Basis von
Hirse. Härter als vergleichbare Produkte, aber dadurch auch irgendwie "ergiebiger". Man frisst die Tüte nicht händeweise leer, sondern kann die einzelnen Chips Stück für Stück nehmen und hat dennoch etwas zu kauen – und zu schmecken, denn die Würzmischung ist beeindruckend.
Auf jeden Fall etwas verspätet lieben Dank an die Kundin zurück. Wenn ich diese Chips (und ggf. auch die anderen Howdah-Produkte) irgendwie zu normalen Preisen beziehen könnte, würde ich sie glatt hier ins Sortiment aufnehmen.
Ach, und da ist ein Elefant auf der Tüte.