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Hauptsache: Klauen

Rasierklingen haben wir unter Verschluss. Nicht nur wie den Kaffee oder einige der veganen Produkte in einer Vitrine im Laden, sondern im Lager speziell gesichert. Auf diese Weise verkaufen wir hier nur alle Jubeljahre mal eine Packung Rasierklingen. Im Kassenbereich liegt zwar ein Katalog mit dem Rasierklingensortiment aus, aber der hilft nicht sehr viel. Egal. Die Diebstahlsquote beträgt bei (Marken-)Rasierklingen, also Gilette und Wilkinson, ziemlich genau null Prozent. Das ist okay und dafür akzeptiere ich auch, dass der Umsatz mit dem Sortiment nur sehr bescheiden ist.

Nun hatten sich im Laufe der Jahre etwa zwei Dutzend Packungen angesammelt, die irgendwie beschädigt oder aufgerissen waren. Da die normalerweise sowieso keiner haben will, entschloss ich mich, sie einfach zum halben Preis auf den Restetisch zu legen.

Ich drück's mal so aus: Schon nach wenigen Tagen lagen dort tatsächlich nur noch die Packungen. Den Inhalt suchte man vergebens.

Böse Unterstellung

Ein kleiner, dünner Mann mittleren Alters betrat den Laden. Plastikrucksack, ausgelatschte Turnschuhe, Schirmmütze, dicke Jacke bei den Außentemperaturen, fahle Haut, hässliche Knast-Tatoos auf den Armen und Händen und insgesamt eine ungepflegte Erscheinung. Alle diese Merkmale in einer Person vereint bedeuten selten Gutes und ließen daher bei mir sämtliche Alarmglocken schrillen und der Adrenalinschub sorgte dafür, dass ich mit feuchten Händen in die Videoanlage starrte.

Er ging zum Kaffeeregal und nahm dort verschiedene Artikel zur Hand. Er drehte und wendete die Verpackungen und untersuchte sie genau. Am Schloss der Vitrine rüttelte er ebenfalls, natürlich erfolglos. Dann wanderte er zum Regal mit den Körperpflegeprodukte. Auch hier nahm er wahllos ein paar Teile zur Hand und stellte sie wieder ins Regal zurück. Dritte Etappe: Das Spirituosenregal. Nachdem er feststellte, dass sämtliche Flaschen mit Warensicherungs-Hartetiketten gesichert sind, nahm er eine Flasche im Geschenkkarton. Aber auch da entdeckte er nach kurzer Zeit die Sicherung und stellte die Flasche wieder hin.
Die letzten Zeilen mögen für außenstehende unverständlich sein. Wieso ist jemand auffällig, der sich nur die Waren im Regal ansieht? Ich kann es nicht sagen, bzw. nicht beschreiben. Artikel vergleichen, Zutaten ansehen, die unterschiedlichen Arten der gleichen Marke gegenüberstellen – das sieht anders aus, als wenn jemand eine scheinbar wahllos gegriffene Packung hektisch dreht und untersucht.

Er nahm sich einen Schokoriegel und stellte sich an die Kasse an, um diesen zu bezahlen. Als er an der Reihe war, stellte ich mich neben ihn und sagte ihm: "Wie sie gesehen haben, sind bei uns der Kaffee, Körperpflegeprodukte und auch die Spirituosen gesichert. Das lohnt sich nicht. Außerdem ist der komplette Laden ständig videoüberwacht, wie sie ja gerade daran merken, dass ich sie anspreche."

"Das ist eine ganz böse Unterstellung", erhielt ich zur Antwort. Und: "Dass man nichtmal mehr einkaufen gehen kann, ohne belästigt zu werden. Ich habe nur ein paar Preisvergleiche gemacht, das wird wohl noch erlaubt sein."

Preisvergleiche. Muah..!

Das mit den leeren Kisten

Ein Pärchen stand vor dem Leergutautomaten und hatte drei leere Getränkekisten ohne Flaschen dabei. Ich ahnte schon, was los sein würde, sah mir die Videoaufzeichnung an – und sollte Recht behalten.

Die beiden waren mit leeren Händen in den Laden gekommen, haben ein paar Kisten in der Getränkeabteilung leergeräumt und diese dann zum Leergutautomaten getragen. Ich ließ die beiden zunächst stehen und bediente ein paar andere Kunden, die Fragen zum Sortiment hatten. Als der Mann protestieren wollte, deutete ich nur an, dass es noch ein paar Minuten dauern würde, da wir auf die Polizei warten müssen.

Sie stritten tatsächlich bis zum Schluss ab, dass die Kisten hier aus dem Laden , sogar zunächst noch, als die Polizei schon da war. Aber gegen die Macht des Videos hatten sie keine Chance. :-)

Mein und dein und so

Zwei junge Männer standen vor dem Leergutautomaten, gaben einige Flaschen ab und hatten eine leere Getränkekiste ohne Flaschen dabei. Einer Kollegin, die zufällig gerade vorbeiging, berichteten sie, dass der Automat ihre Kiste nicht annehmen würde. Klar nimmt der die nicht – und das aus inzwischen sehr bekannten Gründen. Immerhin waren die beiden nicht die ersten, die auf diese Weise zu Bargeld kommen wollten. Aber das wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Die Videoaufzeichnung offenbarte schließlich jedoch, was wir schon geahnt hatten: Die Kiste stammte bei uns aus dem Laden und ein paar volle Bierflaschen, die noch darin standen, hatte einer der beiden Typen einfach so ins Regal gestellt.

Eine Entschuldigung Ausrede hatte er auch gleich parat: "Ich dachte, die leere Kiste hätte ein anderer Kunde da stehengelassen." Klar, sicher. Darum waren da auch die vollen Flaschen drin. Darauf gab es keine Antwort und auch auf meinen Hinweis, dass die Kiste dann immer noch nicht ihm gehört hätte, folgte keine Reaktion.

Ich hatte keine Lust, die Polizei zu holen und habe die beiden Typen so rausgeworfen. Kleine Genugtuung: In der Aufregung haben sie ihren Leergutbon am Automaten hängen gelassen. Gut, das ist dann mein kleiner Ausgleich für den Ärger. Wenngleich der doch schwerer aufwog als 1,45 Euro.

Und das Handy war auch nicht seins...

Ein Mann hat versucht, Schokolade im Wert von mehreren Euro zu klauen. Der Versuch endete hinter der Kasse mit der üblichen Aufforderung, mir in den hinteren Bereich des Ladens zu folgen.
Dort packte er auch alles aus, aber sehr widerwilig, weswegen ich schließlich doch die Polizei rief. Ausweis hatte er dabei, die Daten waren auch alle okay. Die Polizei tastete ihn hinterher dennoch ab und fand ein Handy in seiner Jackentasche, welches routinemäßig überprüft wurde.
Ein Polizist zog den Akku ab, um an die IMEI-Nummer zu gelangen und bei der Überprüfung stellte sich das Handy – Überraschung! – schließlich als ein gestohlen gemeldetes Gerät heraus...

Anzeige und Hausverbot folgten, aber Junks und Obdachlosen ist das häufig egal. Sie haben häufig sowieso nichts zu verlieren.

Betteln

Dass die Leute hier in der Gegend auf der Straße und auch in unmittelbarer Nähe vom Laden die Passanten um Geld anbetteln, ist inzwischen ein alltägliches Szenario.

Die Dreistigkeit zu besitzen, hier mitten im Laden die Kunden nach ein paar Euro anzuhauen, finde ich aber schon ziemlich derbe. Und nachdem ich den Typen zunächst gebeten hatte, dies zu unterlassen, hat er jetzt hier Lokalverbot.

Klauen, klauen, klauen...

Meine Kassiererin rief mich über die interne Leitung an: "Guck dir mal bitte den letzten Kunden nochmal auf dem Video an. Der hat nur eine Flasche Fanta bezahlt, aber ich habe ein ganz komisches Gefühl bei dem."

Ich wollte gerade die Aufzeichnung ansehen, als der gerade im Live-Bild an die Kasse getretene Kunde den Alarm der Warensicherungsanlage auslöste. Ich flitze nach vorne, wo der Kunde noch scheinbar hilflos herumstand. Während ich den Handchecker (Dieses Dingens) aus dem Lager holte, lief der Mann schnell zurück in den Laden und packte eine Flasche teures Haarwasser aus und schob sie in das Süßwarenregal. Beim Versuch meiner Mitarbeiterin, ihn an der Kasse aufzuhalten, rannte er los und flüchtete durch eine der Seitenstraßen. Naja, die Ware ist hiergeblieben und sollte er sich noch einmal hertrauen, haben wir immerhin schonmal sein Gesicht gesehen.


Der Typ mit der Fanta hatte übrigens auch geklaut. Zwei Dosen Elephant-Bier hatte er sich in seine dicke Jacke gestopft.

Na, wo wohnen wir denn?

Ein ganz normaler Ladendiebstahl: Ein Mann hat sich seinen Rucksack mit etlichen Tüte gesalzenen Pistazien vollgestopft, bezahlte an der Kasse nur ein billiges Bier und wollte den Laden verlassen. Eigentlich verlief alles ganz ruhig und routinemäßig. Nur die Sache mit dem Wohnsitz des Täters war durchaus bloggenswert:

Der Mann hatte seinen Personalausweis dabei und war ganz friedlich, also brauchte die Polizei nicht herzukommen. Dennoch rief ich dort an, um die Adresse des Diebes überprüfen zu lassen. Diese stellte sich als nicht mehr gültig heraus – aber da der Mann mir zunächst ja gesagt hatte, dass das seine aktuelle Anschrift sei, rückte dennoch ein Streifenwagen an.

Der Dialog zwischen dem Polizisten und ihm verlief etwa folgendermaßen:
Bei $Alte_Anschrift bist du aber nicht mehr gemeldet...

Nee, ich bin umgezogen.

Wohin denn?

$Neue_Anschrift hier im Stadtteil.

[Polizist überprüft die Angaben per Funk.]
Unter der Adresse bist du aber auch nicht bekannt!

Hab' ich noch nicht geschafft, mich umzumelden. Das soll auch nur vorübergehend sein, bis ich eine eigene Wohnung habe.

Ist das nicht deine Wohung? Wohnt da'n Kumpel von dir?

Ja, genau.

Und wie heißt der?

Thomas.

Und weiter?

Seinen Nachnamen weiß ich gar nicht.

Und der hat die Wohnung gemietet?

Nein, der hat da nur ein Zimmer. Das ist die Wohnung von seiner Freundin.

Und wie heißt die Freundin, damit wir das prüfen können?

Keine Ahnung.

[Polizisten: WTF?!?]
Hast du wengistens einen Namen am Briefkasten oder einen eigenen Schlüssel für die Wohnung?

Nein.

Und wie kommst' da rein? Durch's Fenster?

Ich klingel.

Ja, schön. Dann fahren wir da mal eben zusammen hin und gucken uns das an...
Gesagt, getan.

Und wir rätseln jetzt, warum jemand ein paar Kilogramm geröstete und gesalzene Pistazien klaut...

Größer und immer noch diebisch

Vor rund 1,5 Jahren berichtete ich über ein kleines Mädchen, dass hier mehrere Tage lang immer wieder massenhaft Süßigkeiten geklaut hat.
Ich hoffte darauf, dass der "Schuss vor den Bug" eine ausreichend erzieherische Wirkung hatte. Also gab es damals kein Hausverbot (erklär' das mal einem Kind...) und wir vergaßen die Sache auch recht schnell wieder.

Nun war das Mädchen mit einer Freundin im Laden. Sie hielten sich ziemlich lange auf, liefen ständig zwischen den Süßwaren, Keksen und Chips hin und her. Plötzlich aß die Freundin hier mitten im Laden einen Schokoriegel und steckte das Papier in ihre Jackentasche. An der Kasse bezahlte sie diesen nicht und so sprach ich sie an, ob sie nicht etwas zu bezahlen vergessen hätten.

Den Schokoriegel hätte sie schon vor fünf Minuten bezahlt, sagte sie und hielt mir einen Kassenbon vor die Nase. Okay, 'tschulligung.

Erst nachdem die beiden weg waren, fiel mir auf, dass die Uhrzeit auf dem Bon gar nicht stimmte. Das war nicht "fünf Minuten" her, sondern weit über eine Stunde. Der Blick auf die Videoaufzeichnung verschaffte Klarheit: Den zuvor gekaufen Schokoriegel hatte sie mitgenommen, als sie rausgegangen war. Den vor ein paar Minuten gegessenen Schokoriegel hatte sie ganz klar erkennbar unmittelbar zuvor aus dem Regal genommen.

Na, wartet. Lasst ihr euch hier noch einmal blicken...

Schwankend

Der kleine halbstarke Idiot, der hier in blöde Grimassen schneidend in den Laden getorkelt ist und dann ein Fünferpack Kindermilchschnitte in die Hose gesteckt hat und so rausgegangen ist, wird dringend gebeten noch einmal wiederzukommen.

Die blaue Mütze, die schwarze in den Kniekehlen hängende Schnellfick Jogginghose und das rote Schlabber-T-Shirt mit dem fetten "AIR"-Aufdruck auf der Brust waren einfach zu markant und uns fehlt doch jetzt noch der Ausgleich für die Weichei-Nummer mit der Kartoffelsalat-Tante.

Mal den Kartoffelsalat probieren

Zufällig beobachtete ich auf einem der beiden Monitor meiner Videoüberwachungsanlage, wie eine Frau mittleren Alters einen Becher Kartoffelsalat aus dem Kühlregal öffnete, einmal großzügig den Finger hineinsteckte, den Salat probierte, den Deckel wieder aufsetze, den Becher ganz hinten im Kühlregal verstaute und sich einen neuen Becher nahm, mit dem sie schließlich auch zur Kasse ging.

Hm, was tun?

Ich ging einfach mal mit dem geöffneten Salat zur Kasse, stellte den neben die anderen Sachen der Kundin und sagte, dass sie den auch bitte mitbezahlen möchte.
Zunächst stritt die Frau alles ab, dann erklärte ich, dass das eigentlich Diebstahl sei und ich normalerweise bei solchen Aktionen die Polizei hole. Sie schlug die Hände vor dem Mund zusammen: "Oh, mein Gott."

Keine Ahnung, ob die Reaktion nur gespielt oder ob sie tatsächlich so entsetzt war. Dennoch gab ich ihr noch die Information mit auf den Weg, dass sie hier gerne noch weiter einkaufen darf, sich aber dabei bewusst sein sollte, dass ich ihr nicht (mehr) traue und dass ich sie beobachten werde.

Mal sehen, was die Zukunft bringt...

Computerbetrug

An meine Privatadresse wurde ein Brief der Staatsanwaltschaft Bremen zugestellt. Ein Verfahren wurde eingestellt, da die Täter nicht zu ermitteln sind. Die begangene Straftat wurde als "Computerbetrug" bezeichnet, Tatort war meine Firmenadresse hier in der Neustadt.

Blog sei Dank lässt sich sowas immer schnell herausfinden. Es dürfte sich dabei um diesen Vorfall gehandelt haben.