Oha, eine Kohlfahrtgesellschaft hat gerade einen Zwischenstopp im Laden eingelegt. Zum Nachtanken der wichtigsten Dinge: Flüssignahrung mit verschiedenen Anteilen Alkohol.
Hatte ich auch noch nicht. Die Stimmung ist jedenfalls gerade umwerfend gewesen.
Ich ging an einem Pärchen vorbei, das auf dem direkten Weg in die Getränkeabteilung war. Ich musste leider dringend zur Kasse, aber es hätte mich echt interessiert, was sie ihrem Begleiter nach diesem Satz, den ich im Vorbeigehen mitbekam, zeigte:
"Das ist so ein geiler Laden hier, guck mal, was die hier haben..."
...dann müsste ich hier noch ein paar mehr Putzkräfte einstellen, die die Überreste der Kundinnen entfernen. Und nein, auf diese Weise wird die Fleischtheke nicht kostengünstig aufgefüllt.
Aber außer um alte Dosen vor dem Leergutautomaten haben sich meine Kunden bislang zum Glück noch nicht geprügelt. (Vorsicht, das Filmchen ist etwas blutrünstig. Also vielleicht nicht unbedingt beim Frühstück angucken.)
Kollege: "Eben ist ein Kunde reingekommen. Guck da mal bitte nach, denn der ist irgendwie ganz komisch nervös und tüdelig. Ich habe da gerade ein ganz schlechtes Gefühl..."
War aber zum Glück nichts. Lief zwar etwas planlos hin hund her, musste aber wohl nur die Überdosis Koffeein verarbeiten.
Eine ältere Kundin, die gehbehindert ist und nur selten aus dem Haus geht, rief eben an und suchte einen bestimmten Artikel. Da sie selber aber nicht kommen kann, schickt sie gleich ihre aus dem Osten stammende Haushaltshilfe rüber.
Etwas krass fand ich allerdings, wie sie die Frau bezeichnet hat.
Im gesamten Gespräch nannte die Kundin ihre Haushaltshilfe mehrmals und ausschließlich "Die Polin."
Was ist eigentlich ekeliger? Wenn ein (angetrunkener und ziemlich heruntergekommener) Flaschensammler den in einem seiner Funstücke befindlichen Rest austrinkt – oder wenn der gleiche Mann sich aus dem Aschenbecher vor der Tür eine fremde, nicht ausgedrückte Zigarette nimmt und diese weiterraucht?
Da lässt man um knapp 0:15 Uhr eine Kundin aus dem Laden und schon drängelt sich ein Pärchen durch die offenstehende Tür. Meinen Protest und den dezenten Hinweis auf die Uhrzeit quittierte er mit einem "Jaa, jaa..." – ich musste mich etwas zusammenreißen, ihm nicht meine gründliche Meinung zu sagen.
Nachdem sie ihre drei Teile bezahlt hatten und ich sie rausließ, gingen sie wortlos. Meinen Gruß erwiederten sie nicht und auch ein Dankeschön dafür, dass wir unseren Feierabend um weitere fünf Minuten verschoben haben, kam nicht.
Was soll man davon halten, wenn einem ein Kunde ganz stolz erzählt, was er in einem Haushaltswarengeschäft in der Innenstadt schon alles hat mitgehen lassen?
Eine Kundin hatte einen kleinen Einkauf zu bezahlen, etwas über sechs Euro kosteten die paar Teile. Doch als sie der Antenne unserer Warensicherungsanlage zu nahe kam, löste der Alarm aus. Die Ursache dafür war schnell gefunden: Mitgebrachte Kosmetikartikel von Rossmann (wie sollte es anders sein, daran hat sich nämlich nichts geändert...) waren mit noch nicht entsicherten Etiketten beklebt.
Nach der kurzen Aufregung wollte sie bezahlen, aber mein Mitarbeiter stellte nur fest, dass in der Kasse kein offener Posten mehr wäre und so verließ die junge Frau sichtlich irritiert den Laden.
Die Sache hat uns keine Ruhe gelassen und so versuchten wir später, den Vorgang zu rekonstruieren. Finanziell haben wir keinen Verlust gemacht, die Ware ist nämlich bezahlt worden – allerdings von dem nachfolgenden Kunden. Durch die Aufregung mit dem Alarm wurden nämlich alle abgelenkt und mein Kassierer hatte somit völlig vergessen, dass der Bon noch nicht abgeschlossen war. Also zog er schonmal die Artikel des nächsten Kunden über den Scanner und dieser zahlten die Gesamtsumme. Also inklusive der sechs Euro der alarmauslösenden Kundin.
Erstaunlich vor allem, dass der Kunde nichts gemerkt hat. In einem Großeinkauf wäre die Summe sicherlich nicht aufgefallen, aber er hat nun in etwa die Hälfte mehr bezahlt, als er eigentlich musste, denn sein Einkaufswert betrug nur rund dreizehn Euro.
Naja, vielleicht kommt er wieder und reklamiert den Fehler. Dann würde er sein Geld natürlich ohne Diskussion wiederbekommen und wir würden den Schaden selber tragen. Glaube ich aber nicht.
Also schnell die "Rückwärtssuche" probiert und mal alle möglichen Artikel aus dem Nährmittelregal auf Englisch übersetzen lassen. Bei "Stärke" wurde ich fündig: "Starch" klingt ja zumindest ähnlich wie "Stash" und da Afrikaner in ihrer Küche häufig Stärke verwenden, habe ich ihm einfach mal die entsprechenden Produkte im Regal gezeigt. Volltreffer, wieder einen Kunden glücklich gemacht.
Ein junges Pärchen betrat den Laden. Sie trug nur einen Rock und knappes, eng anliegendes Oberteil und er hatte ständig seine Hände irgendwo an ihr. Ständig blieben sie stehen und knutschten miteinander und konnten dabei natürlich auch die Hände nicht voneinander lassen.
Plötzlich nahmen sie sich eine kalte Flasche Cola, gingen zur Kasse, bezahlten und verließen den Laden.
Schade, ich hatte noch auf mehr –öhm– "Action" gehofft.
Manchmal steht man ungläubig da und kann nur noch den Kopf schütteln. Das sind dann die Situationen, in denen man nicht weiß, was man sagen oder wie man überhaupt reagieren soll.
Seit etlichen Jahren kenne ich einen Kunden. Mittleres Alter, regelmäßiger Stammkunde, gebildet. Ich habe mich nie mit ihm über seinen Job unterhalten, aber ich würde ihn spontan für einen Lehrer halten.
Wenn so ein gestandener Mann, den man seit so langer Zeit kennt und mit dem man sich schon viel unterhalten hat, plötzlich vor einem steht und so betrunken ist, dass er kaum einen Satz flüssig aufsagen kann, ist das ein sehr, sehr seltsames Gefühl.