Die Gratwanderung
Immer wieder wird es so sein: Je größer ein Lebensmittelgeschäft und je vielfältiger das Sortiment gestaltet ist, desto mehr Waren werden aussortiert.
Was verdorben und/oder sogar gesundheitsgefährlich ist, wird entsorgt, das ist klar. Aber was passiert mit allen anderen Sachen? Abgelaufene Lebensmittel, Brötchen vom Vortag, angeschlagenes Obst, schrumpelige Paprika, krumme Gurken und gerade Bananen?
Es gibt viele Möglichkeiten, nicht mehr verkaufsfähige Waren zu verwenden: Selber verbrauchen? Unter den Mitarbeitern aufteilen? An Kunden verschenken? Suppenküchen? Foodsharing? Tafeln? Oder doch in die Tonne?
In den großen Filialunternehmen wird sowas normalerweise ganz pragmatisch nach "Schema F" gelöst, was aufgrund der Planwirtschaft oftmals auch gar nicht anders möglich ist: Was nicht verkauft werden konnte, muss entsorgt werden. Einige Große unterstützen zwar die Tafeln, die Beweggründe dafür sind, behaupte ich, nicht in erster Linie humanitärer Art.
Bei den kleinen Betrieben kann man natürlich viel flexibler mit nicht mehr verkaufsfähiger Ware umgehen. Einen Teil zum Beispiel verbrauchen wir privat einfach selber. Nicht mehr ansehnliches Gemüse, abgelaufene Fleischpakete, beschädigte Verpackungen – all das nehmen wir mit nach Hause, zumindest in Maßen. Artikel, die wir nicht verbrauchen wollen oder (z.B. der Menge wegen) können, kommen hier reduziert auf den Restetisch.
Jetzt bin ich richtig schön vom Thema abgekommen, über das ich eigentlich schreiben wollte und weshalb der Eintrag hier überhaupt den Titel "Gratwanderung" trägt.
Eigentlich wollte ich nämlich mit diesem Beitrag auf eine ganz andere Problematik aufmerksam machen, vor der wir im Zusammenhang mit den oben genannten Situationen immer wieder stehen. Es gibt da nämlich eine tatsächliche Gratwanderung. Und zwar wandeln wir hier ständig auf dem extrem schmalen und veränderlichen Pfad zwischen "zum Sonderpreis verkaufen" und "wegwerfen" (wobei "wegwerfen" stellvertretend für jede andere Verwendung außer einer Veräußerung steht).
Wenn man bestimmte Artikel, z.B. sb-verpacktes Fleisch, sehr weit im Preis oder schon relativ lange vor dem eigentlichen Haltbarkeitsdatum reduziert, um sie auf jeden Fall zu verkaufen, trainiert man u.U. seinen Kunden an, diese Artikel nur noch zu den Sonderpreisen zu kaufen. Reduziert man die Sachen nicht oder nur wenig, bleibt wiederum möglicherweise viel Ware übrig, die dann entsprechend behandelt (also normalerweise entsorgt) werden müsste.
Das ist genau die Gratwanderung, von der ich eben sprach. Es ist mitunter sehr schwierig, dabei den richtigen Pfad zu finden.
Uns ging es hier in den letzten Wochen mit dem Fleisch so. Gerade wenn Fleisch weggeworfen werden muss, finde ich persönlich das immer besonders verwerflich. Immerhin sind dafür Tiere gestorben. Also haben wir versucht, mit einer sehr deutlichen Preisreduzierung die Ware auf jeden Fall zu verkaufen, um das Fleisch vor dem Müll zu retten. Das hat auch funktioniert. Aber nicht nur das: Wir mussten Woche für Woche immer mehr Fleisch reduzieren, aber es ging dann auch zu 100% immer weg. Einige Kunden hatten regelrecht gelernt, wie das System funktionierte und das war ja nun auch nicht in unserem Sinne. Nun reduzieren wir wieder nur noch um ein Drittel und was dann überbleibt findet den Weg in die heimische Tiefkühltruhe.
Was verdorben und/oder sogar gesundheitsgefährlich ist, wird entsorgt, das ist klar. Aber was passiert mit allen anderen Sachen? Abgelaufene Lebensmittel, Brötchen vom Vortag, angeschlagenes Obst, schrumpelige Paprika, krumme Gurken und gerade Bananen?
Es gibt viele Möglichkeiten, nicht mehr verkaufsfähige Waren zu verwenden: Selber verbrauchen? Unter den Mitarbeitern aufteilen? An Kunden verschenken? Suppenküchen? Foodsharing? Tafeln? Oder doch in die Tonne?
In den großen Filialunternehmen wird sowas normalerweise ganz pragmatisch nach "Schema F" gelöst, was aufgrund der Planwirtschaft oftmals auch gar nicht anders möglich ist: Was nicht verkauft werden konnte, muss entsorgt werden. Einige Große unterstützen zwar die Tafeln, die Beweggründe dafür sind, behaupte ich, nicht in erster Linie humanitärer Art.
Bei den kleinen Betrieben kann man natürlich viel flexibler mit nicht mehr verkaufsfähiger Ware umgehen. Einen Teil zum Beispiel verbrauchen wir privat einfach selber. Nicht mehr ansehnliches Gemüse, abgelaufene Fleischpakete, beschädigte Verpackungen – all das nehmen wir mit nach Hause, zumindest in Maßen. Artikel, die wir nicht verbrauchen wollen oder (z.B. der Menge wegen) können, kommen hier reduziert auf den Restetisch.
Jetzt bin ich richtig schön vom Thema abgekommen, über das ich eigentlich schreiben wollte und weshalb der Eintrag hier überhaupt den Titel "Gratwanderung" trägt.
Eigentlich wollte ich nämlich mit diesem Beitrag auf eine ganz andere Problematik aufmerksam machen, vor der wir im Zusammenhang mit den oben genannten Situationen immer wieder stehen. Es gibt da nämlich eine tatsächliche Gratwanderung. Und zwar wandeln wir hier ständig auf dem extrem schmalen und veränderlichen Pfad zwischen "zum Sonderpreis verkaufen" und "wegwerfen" (wobei "wegwerfen" stellvertretend für jede andere Verwendung außer einer Veräußerung steht).
Wenn man bestimmte Artikel, z.B. sb-verpacktes Fleisch, sehr weit im Preis oder schon relativ lange vor dem eigentlichen Haltbarkeitsdatum reduziert, um sie auf jeden Fall zu verkaufen, trainiert man u.U. seinen Kunden an, diese Artikel nur noch zu den Sonderpreisen zu kaufen. Reduziert man die Sachen nicht oder nur wenig, bleibt wiederum möglicherweise viel Ware übrig, die dann entsprechend behandelt (also normalerweise entsorgt) werden müsste.
Das ist genau die Gratwanderung, von der ich eben sprach. Es ist mitunter sehr schwierig, dabei den richtigen Pfad zu finden.
Uns ging es hier in den letzten Wochen mit dem Fleisch so. Gerade wenn Fleisch weggeworfen werden muss, finde ich persönlich das immer besonders verwerflich. Immerhin sind dafür Tiere gestorben. Also haben wir versucht, mit einer sehr deutlichen Preisreduzierung die Ware auf jeden Fall zu verkaufen, um das Fleisch vor dem Müll zu retten. Das hat auch funktioniert. Aber nicht nur das: Wir mussten Woche für Woche immer mehr Fleisch reduzieren, aber es ging dann auch zu 100% immer weg. Einige Kunden hatten regelrecht gelernt, wie das System funktionierte und das war ja nun auch nicht in unserem Sinne. Nun reduzieren wir wieder nur noch um ein Drittel und was dann überbleibt findet den Weg in die heimische Tiefkühltruhe.
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Kommentare
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0815 am :
DerBanker am :
Bei uns waren es die Kalender. Die wurden Ende Februar oder so immer reduziert - bis vor ein paar Jahren. Seitdem sind sie am Stichtag übergangslos "Müll", der von den Mitarbeitern mitgenommen werden kann.
Die Kundschaft fragt immer noch fleißig, wann wir den reduzieren würden bzw ob unsere reduzierten Kalender denn schon ausverkauft wären.
Klodeckel am :
Ansonsten überrascht mich der Beitrag vom Shopblogger doch etwas. Ich dachte immer, dass gerade das Personal eines Supermarkts den großen Vorteil nutzen würde, die Ware praktisch frisch vom LKW einkaufen zu können.
Es mag ja löblich und gesundheitlich auch unbedenklich sein, wenn der Chef abgelaufene Waren abends zum Eigenverzehr mit nach Hause bringt. Aber mal ehrlich: Wenn man finanziell nicht drauf angewiesen ist, macht man sowas doch nicht freiwillig. Schon gar nicht regelmäßig.
Chris_aus_B am :
Sollte aber wirklich nicht der Hauptgrund für für den heimischen Speiseplan werden.
Aber es ist ja auch ein Vertrauensbeweis in die Hersteller/Lieferanten, mehr oder weniger regelmäßig die Waren am/nach dem MHD zu verbrauchen.
---
Mein Stamm-Netto hat auch die roten Etiketten mit den reduzierten Preisen wenige Tage vor dem MHD, vor allem im Breich der gekühlten Waren. Das ist dann (nach meinem Eindruck) nach etlichen Monaten immer mehr zurückgegangen, wobei meine Vermutung ist, dass die Einkaufsmengen genauer erfasst und angepasst wurden.
0815 am :
DerBanker am :
Leider gibt es aber auch jede Menge Haushalte, die das *nicht* nötig haben, aber trotzdem machen, weil Geiz ja soo geil ist. Das hat nicht erst Saturn erfunden.
Alph am :
Die hatten die sensationelle Idee, eine kurze Zeit lang 20% Rabatt auf alles (außer Tiernahrung) zu geben, begleitet von einer großen Werbekampagne. Der Slogan ist ja heute noch teilweise sehr bekannt. Da die Aktion irrsinnig erfolgreich war, wurde sie nach einem Jahr wiederholt, wieder mit großem Erfolg.
Die Aktion wurde, aufgrund der immer weiter erfolgreich verlaufenden Aktionen in immer kürzeren Abständen wiederholt, bis sich die Kunden recht schnell daran gewöhnt hatten und mit dem Baumarkteinkauf bis zur nächsten Aktion warteten. An Tagen ohne Aktion brach der Umsatz ein, sodass man teilweise die Aktion dauernd laufen ließ.
Als man die Reißleine zog war es zu spät, die Kunden hatten sich gewöhnt und kauften nicht mehr zu Normalpreisen bei Praktiker ein.
Einer der Gründe für die Insolvenz der Baumarktkette.
zugstab am :
Da Frag ich mich manchmal auch ob wegwerfen nicht besser (wirtschaftlicher) wäre.
Jens Bonn am :
Bei tagesfrischen Artikeln ist dann halt ab ?? am Abend nichts mehr da - es muss nicht bis 20min vor Geschäftsschluss nocch unbedingt Brötchen gebacken werden.
Gleiches gilt für Gemüse und Fleisch.
Natürlich sollten die Sachen am Besten verkauft werden. Denn diese Verluste finden den Weg in die Kalkulation. Der Verlust durch nicht verkaufte Ware (und auch Diebstahl) wird von vorne herein in den Preis rein kalkuliert.
Auf der einen Seite die Artikel zum reduzierten Preis anbieten - auf der anderen Seite eine engere Überwachung was denn alles so abläuft und dieses dann entsprechend weniger einkaufen. Wenn jeden Tag 6 Pakete des selben Artikels reduziert werden müssen, dann werden halt in Zukunft 4 weniger bestellt, usw ...
Manfred am :
6:50 ist aber jetzt durch. Wahrscheinlich liegt mud noch im Bett.
mud am :
mud am :
Georg am :
mud am :
Jaggerman am :
Jan Reiners am :
midmud am :
TooMuchInformation am :
Anja am :
Auf der anderen Seite hab ich aber auch einen Bekannten, der als Sohn vom Dorfkrämer (ich weiß gar nicht mehr ob Spar oder Pro) auch immer das Fleisch auf dem Teller hatte, das weg musste, und der heute ernsthafte gesundheitliche Folgen davon hat :/ halt immer eingefroren mit Erreichen des MHDs...
Engywuck am :
Der vermutlich wichtigere: man erzieht seine Mitarbeiter (statt den Kunden) dazu, auf "Abgelaufenes" zu warten - wenn der Besitzer nicht selber den Einkauf macht bzw. kontrolliert wird dann evtl. auch mal ein Mitarbeiter das was er gerne haben will zu viel bestellen oder was nicht mehr allzulang bis zum Ablauf hat nach hinten räumen (oder gleich an eine nicht einsehbare Stelle) und dann hervorholen, wenn abgelaufen und mitnehmen. Und wenn es nur den Verdacht gibt...
Das ist wie vor Jahren, als bei uns der Bauhof noch die Glühbirnen in den Ampeln sicherheitshalber (damit keine ausfällt) frühzeitig austauschten und die noch funktionsfähigen dann selber zu Hause aufbrauchen durften. Da war auch immer der Verdacht da, dass das "rechtzeitig austauschen" etwas früher als wirklich nötig gemacht wurde (bzw. davon abhing, ob ein Bauhofmitarbeiter welche brauchte). Aber wegwerfen wäre auch doof gewesen und die Hausmeister in den öffentlichen Einrichtungen hätten sich auch bedankt, wenn sie die "gut angebrauchten" laufend hätten nutzen (und dann früh austauschen) müssen.
Arno Nym am :
Ich habe mich schon mehrfach gefragt, ob ich mit meinem Verhalten dem Einzelhändler schade, nütze oder gar auf den Leim gehe. Ich kaufe gezielt Ware, die sonst womöglich im Müll landen würde, helfe also dem Händler beim Minimieren seiner Verluste. Allerdings kaufe ich eben für jede reduzierte Packung keine normalpreisige mehr. Die Marge des Händlers reduziert sich also auch.
Ich persönlich bin zum Schluss gekommen, dass ich dem Händler ein genauso lieber Kunde sein dürfte wie jeder andere. Egal ob reduzierte Verluste oder mehr Erlös - am Ende steht unter dem Strich dieselbe Zahl, wenn der Händler genauso rational vorgeht. Er und ich, wir versuchen beide unser Verhalten zu optimieren. Meine Bedenken gehen mittlerweile eher in die Richtung, dass Händler mehr Sachzwängen unterliegen als Kunden, denn sie haben als Teil eines größeren Händlernetzes oft keine volle Wahlfreiheit bei ihrem Sortiment. Wochenenden und Feiertage zwingen immer wieder zur Reduzierung mehrere Tage vor Ablauf des MHD. Außerdem will der Kunde ja nicht vor leeren Regalen stehen. Somit kann eine Konditionierung einer größeren Kundenzahl auf reduzierte Ware am Ende durchaus dazu führen, dass sich der Laden nicht mehr rechnet. Solange aber die meisten Kunden auf Vorrat und mit MHD-Reserve kaufen, ist denke ich das Problem beherrschbar. Und das ist auch das Verhalten, das ich in "meinem" Stamm-Markt beobachte. Kommt es bei manchen Teilsortimenten dennoch zu einem krassen Missverhältnis, bleibt dem Händler im Grunde aber nur das Experimentieren übrig, wie er die Lage wieder in die Gewinnzone umbiegen kann.
Sonstwer am :
Also wird Fleisch dann gekauft, wenn es günstig ist. Damit ist aber der Bedarf gedeckt und die Bereitschaft, wieder Geld für Fleisch auszugeben sinkt: Der Preis, zu dem wieder FLeisch gekauftb würde, ist niedriger als zuvor.
Björn hat aber wieder zu viel Fleisch bestellt, vielleicht weniger als zuvor, aber bezogen auf den neuen Schwellenpreis noch immer zu viel.
Björn hat nicht seine Kundschaft trainiert sondern einfach die hohe Preiselastizität des Artikels Fleisch nicht im Griff.
Reduziere deine Bestellmenge von Fleisch nicht auf das was zuletzt verkauft wurde, sondern auf das was zuletzt verkauft wurde abzüglich dessen, was reduziert verkauft wurde: Der reduzierte Verkauf wird dadurch so behandelt als habe er nicht stattgefunden.
Die richtige Menge hast Du dann, wenn dich ein Kunde fragt, wo das Fleisch ist und Du ihm sagen kannst: Verkauft.
Damit lernt der Kunde, dass es andere gibt, die diesen Artikel zu Deinem Preis kaufen und schneller waren als er.
Allerdings wird dann irgendwann die heimische Tiefkühltruhe leer sein.