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Warten auf die kleinen Kühlregale

10:19 Uhr.

Der LKW mit den beiden kleinen Kühlregalen ist seit 79 Minuten überfällig. Hätte er doch lieber schon gestern Abend spontan um kurz vor Mitternacht kommen sollen? Nein. Ich verwerfe diesen Gedanken wieder und blicke optimistisch in die Zukunft. Die Verkehrslage auf den Autobahnen im Großraum dieser Hansestadt lässt keinen Platz für individuelle Zeitplanungen. Ich lehne mich zurück, öffne mir eine weitere Flasche Matetee und nehme mir vor, mich nicht beunruhigen zu lassen.

Das Blog als Archiv und Tagebuch

Nachdem ich gerade mal eher zufällig ein paar alten Beiträge nachgelesen habe, kam ich so ins Grübeln… Irgendwann mal (inspiriert durch Udo Vetters Lawblog als reines, spontanes Spaßprojekt gestartet, ist shopblogger.de inzwischen deutlich mehr als nur das.

Je älter dieses Blog wird, desto wertvoller wird es (für mich). Es ist seit Januar 2005, also seit mittlerweile fast 13 Jahren(!) das Tagebuch rund um meine Firma. Dreizehn Jahre sind für eine Website ja ohnehin schon richtig viel. Damals war ich gerade 32 geworden, meine Firma gab es noch nicht mal fünf Jahre, von Achim und Findorff hat noch niemand geredet.

Weit über 18.000 Einträge liegen mittlerweile dazwischen.

Alte Einträge zu lesen fühlt sich an wie eine Zeitreise voller "Ach ja, da war ja was…" und "Das habe ich so geschrieben?"-Momente. Manchmal muss ich über meine eigenen Texte schmunzeln, manchmal erinnert man sich kopfschüttelnd an die Emotionen, die man teilweise bei den einzelnen Erlebnissen hatte.

Ich kann natürlich nicht immer jedes Detail so festhalten, wie ich gerne möchte. Manches muss ich einfach extrem verfremden oder kann es nur zeitlich sehr viel später ins Blog bringen – aber die meisten Einträge sind im Grunde so im Blog zu finden, wie sie gerade passiert sind. Gerade auch mit extrem negativen Erlebnisse habe ich oft dieses "Muss raus!"-Gefühl. Dann muss ich mich an den Rechner setzen und das Erlebte verarbeiten. Oft vielleicht sogar zu emotional, aber das muss dann gerade so sein.

Ganz wichtig finde ich allerdings zu erwähnen, dass dieses Blog für mich immer mehr von einem reinen "Spaßprojekt" (was es ja eigentlich immer war) zu einem regelrechten Logbuch wird, in das Erlebnisse nicht nur optional, sondern beinahe schon verpflichtend eingetragen werden "müssen". Egal, wie groß der Stress privat oder in der Firma ist – zumindest Fotos oder Notizen für eine nachträgliche Eintragung müssen sein.

Aktuell gibt es bekanntlich unglaublich viel zu berichten. Wie es wird, wenn das ganze Umbauprojekt mal fertig ist, kann ich noch nicht sagen. Bestimmt wieder etwas ruhiger. Aber dann kommen bestimmt die nächsten sonderbaren Ladendiebe und machen einem das Leben schwer. Zu erzählen wird es immer was geben, darauf wette ich. ;-)

Das fiktive Tagebuch von Oma Anna

"Oma Anna" besucht meinen Laden teilweise mehrmals täglich. Immer wieder verwickelt sie Leute in lange Gespräche, die man auch wegen ihrer lieben Art kaum unterbrechen mag. Mittlerweile aber nur noch andere Kunden, denn meine Mitarbeiter wissen inzwischen, dass man sie einfach nach ein paar Sätzen abwürgen kann, ohne dass sie es einem übel nimmt.
Gestern war sie wieder hier und eine Kollegin witzelte herum: "Die verarscht uns bestimmt alle nur. Die schreibt in Wahrheit ihr eigenes Blog und amüsiert sich darüber, wie alle sie für das arme, alte Mütterchen halten." – Tzja, wer weiß…

Annas Tagebuch

Montag, 10. Januar 2011
Heute werde ich nicht erst zum SPAR sondern zum Wochenmarkt in der Pappelstraße gehen. Nach dem Wochenende sehe ich sonst zu erholt aus und die Leute halten mich für fit und rüstig. Hah!

Mittwoch, 12. Januar 2011
Die Mitarbeiter beim SPAR müssen mich durchschaut haben. Grüßen zwar aus der Entfernung oder im Vorbeihuschen, halten aber nie an. Ob die wirklich so oft telefonieren müssen? Ich glaube inzwischen, die halten sich immer nur ihre ausgeschalteten Handys an die Ohren. Ich werde es noch herausfinden.

Dienstag, 18. Januar 2011
Gut, dass ich auf dem Sperrmüll diesen uralten Rollator mit den abgefahrenen Reifen gefunden hatte. Das zerfledderte Einkaufsnetz und die Roststellen machen genau den Eindruck, den ich wollte: Mittel- wie hilflos. Den Leuten werde ich es noch zeigen.

Donnerstag, 27. Janaur 2011
Mist: Bei SPAR gibt es keine kleinen Packungen Jacob's Krönung mehr. Die waren zwar teurer als die großen, passten aber genau auf die freie Fläche zwischen meinen Monitor und den Kaffeeautomaten. Naja, dann brauche ich den nicht mehr jeden Tag zu kaufen.

Mittwoch, 2. Februar 2011
Hatte mir extra den Wecker gestellt, um die nette Verkäuferin am Kühlregal auf jeden Fall zu erwischen. War aber leider krank. Habe aber Gelegenheit gehabt, einer jungen Mutti dreimal von meiner Hüft-OP zu erzählen.

Freitag, 11. Februar 2011
Endlich wieder ein Erfolgserlebnis im Supermarkt. Ein neuer Mitarbeiter in der Getränkeabteilung war noch nicht "geimpft" und hat eine Stunde lang meiner Geschichte zugehört, während er nebenbei mit mäßigem Erfolg versuchte, Getränkekisten zu stapeln.

Mittwoch, 23. Februar 2011
Der rothaarige Filialleiter hat mir gesagt, dass ich erst gestern eine Packung Kaffee gekauft hatte. Glaubt der, das weiß ich nicht? Er ist drauf reingefallen, als ich sagte, dass ich nur hin und wieder eine Tasse trinken würde. Vermutet wohl, meine ganze Wohnung ist voller versteckter Kaffeepäckchen.

Donnerstag, 3. März 2011
Herausgefunden, dass es wunderbar hilft, sich vor dem Leergutautomaten hilflos zu stellen und die Flaschen verkehrt herum reinzustecken. Schön, wie alle um einen bemüht sind. Einer wird mir zuhören müssen.

Dienstag, 15. März 2011
Bisheriger Tiefpunkt des Jahres: Ein junger Mann, der sich mir als Altenpfleger vorgestellt hat, konnte drei Stunden zuhören und es wurde ihm nicht langweilig. Meine Beine wurden müde und ich brach das Gespräch ab.

Montag, 21. März 2011
Frau Grubner aus dem Skatklub hat in einem ruhigen Moment der zweiten Kassiererin die komplette Geschichte von ihrer Familie und dem Onkel, der in Bassum Tulpen züchtet erzählt. Fast fünfzig Minuten lang. Showkiller. Ich werde neue Pläne schmieden müssen…