Am Vortag waren Ines und ich mit dem Fahrrad hier in der Firma. Um ziemlich genau 19 Uhr waren wir zum Feierabend aus unserer Einfahrt gefahren und wollten gerade in die Kantstraße einbiegen, als ein Mann an uns vorbeirannte. Von der Straßenecke hörte ich ein lautes Rufen, das ich nicht genau verstanden hatten, die Stimme konnte ich jedoch hundertprozentig sicher einem meiner Mitarbeiter zuordnen. "Ach, da sind noch andere Leute da vorne, die haben sich bestimmt gestritten", beruhigte Ines mich.
In dem Augenblick rannte ein anderer meiner Mitarbeiter an uns vorbei. "Der hat geklaut!", rief er. Da wir gerade auf den Fahrrädern saßen, sprinteten wir hinterher. Der Verdächtige verschwand kurz zwischen den Autos und ging uns dann in aller Seelenruhe entgegen. "Ich hab nichts geklaut", erklärte er und öffnete seine Jacke und ließ den Stoff flattern, so dass zu erkennen war, dass sich darin keine Ware befand.
Inzwischen war mein anderer Mitarbeiter zu uns gestoßen. "Ein Bekannter von mir, der gerade am Einkaufen war, hatte im Laden gesehen, wie der Kerl hier einen ganzen Karton mit Flachmännern eingesteckt hatte, darum hatte er ja auch Bescheid gesagt. Die müssen doch irgendwo sein!"
Waren sie auch, die hatte der Dieb nämlich unter eines der geparkten Autos gestellt. Sein Abstreiten brachte jedoch nichts, denn die Bilder aus unserer Videoaufzeichnung sprachen eine eindeutige Sprache. Anzeige, Hausverbot, das übliche Programm …
Das Telefon im Büro klingelte, auf dem Display stand "KASSE". Ich ließ es zunächst klingeln, denn ein Kollege war im Laden und der hatte auch ein Telefon und konnte und sollte sich um die Belange der Kassierer kümmern. Nachdem es aber gar nicht mehr mit der Bimmelei aufhörte, ging ich doch ran.
Meine Mitarbeiterin rief ganz hektisch in die Leitung, dass wir einen Ladendieb hätten und der Kollege bereits hinterhergerannt sei. Und eine andere Kassiererin sei auch mit dabei. Ah, das erklärte zumindest, warum er nicht ans Telefon gehen konnte. Ich sprintete nach vorne und erfuhr, dass alle in die Seitenstraße verschwunden waren.
Also rannte ich auch noch die 250 Meter bis ans Ende der Kantstraße. Da diskutieren meine beiden Mitarbeiter bereits lautstark mit einer Frau, die sich bei uns ein paar Flaschen Southern Comfort und Osborne Veterano eingesteckt hatte. Die Ware ist zwar gesichert und löste auch den Alarm der Warensicherungsanlage aus, aber sie war einfach durch den Eingang rausgerannt. Die Kollegin an der zweiten Kasse hatte das mitbekommen und war geistesgegenwärtig hinter ihr her gerannt. Das war auch gut so, denn sonst wäre die Frau uns mitsamt der Ware durch die Lappen gegangen.
Dass die Ladendiebin einen Ausweis dabei hatte, fiel ihr erst ein, nachdem wir die Polizei angerufen hatten. Das war natürlich geschickt, denn auch wenn der bereits abgelaufen war hätten wir das ohne die Cops lösen können. Also rief ich dort noch einmal an, weil es aber beim Datenabgleich seltsame Unstimmigkeiten gab, kamen sie schließlich doch hinzu. Anzeige, Hausverbot, das übliche Programm.
Ein Mann hatte fünf Pakete Kaffee geklaut, hatte beim Verlassen des Ladens den Alarm der Warensicherungsanlage ausgelöst und damit die Aufmerksamkeit meiner Mitarbeiter auf sich gezogen. Ein Kollege rannte hinter ihm her und konnte den Dieb in der Seitenstraße stellen. Zwei andere Männer halfen ihm schließlich, den Täter bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Einer davon ist Stammkunde bei uns und kommt quasi täglich.
Als ich ihn am nächsten Tag ansprach und mich bedankten wollte, winkte er ab. Selbstverständlich sei das doch, schließlich würde er unseren Laden und uns alle so toll finden und wenn uns jemand beklaut, sei das das Allerletzte. Flasche Wein, anderen Alkohol, Pralinen etc. wollte er alles nicht. Okay, dann hier noch mal ein fettes Dankeschön!
Ines und mir fiel ein Mann auf, der den Laden betrat und zunächst anscheinend planlos durch die Gänge irrte. Da er uns sofort verdächtig vorgekommen war, ging ich ins Büro zur Videoanlage und konnte beobachten, wie der Typ inzwischen die Spirituosen entdeckt hatte und gerade mit offenbar allerhand Kraftaufwand dabei war, eines der Sicherungsetiketten von einer Ballentines-Flasche abzureißen. Dabei drückte er den Aluminiumdeckel der Flasche so sehr ein, dass er die Flaschensicherung tatsächlich entfernen konnte.
Noch bevor er die Flasche jedoch einstecken konnte, stellte ich ihn schon zur Rede. Da er keinen Diebstahl vollzogen hatte (mal das Urkundendelikt außer Acht gelassen, denn Flasche und Sicherungsetikett bilden eine zusammengesetzte Urkunde), aber wohl ziemlich sicher vor hatte, die Flasche unbezahlt mitzunehmen, warf ich den Mann aus dem Laden und gab ihm dabei noch ein Hausverbot auf den Weg.
Was ich dafür ertragen musste, ist schon echt widerlich. Es folgte eine Tirade an Beschimpfungen, "Arschloch" war darunter noch die netteste, und am Schluss spuckte der Typ sogar noch in meine Richtung, traf aber zum Glück nur meine Weste.
Was für ekelhafte Subjekte einem immer wieder unterkommen.