Das SPAR-Kind war mit uns im Laden und ritzte mit einem Sicherheitscutter, bei dem die Klinge nur ein paar Millimeter zu sehen war, Muster und Bilder in einen Pappkarton. Ein Mann, dem man den Alkoholpegel schon deutlich anmerkte, stellte sich neben Ines und lallte: "Ich will das nicht."
Sie fühlte sich mit dieser Aussage gar nicht angesprochen und beachtete den Mann deshalb zunächst nicht weiter.
Er wiederholte seine Aussage etwas lauter: "Ich will das nicht!"
Nun sah sie doch auf: "Was wollen Sie nicht?"
"Das da will ich nicht!", und zeigte auf das SPAR-Kind.
"Warum?"
"Ich will das nicht!", sagte er erneut und ohne die gewünschte Begründung zu liefern. Stattdessen ergänzte er noch in regelrechtem Befehlston: "Nehmen Sie ihr das Messer weg!"
Er bekam von der Mutter des Kindes nur zu hören, dass ihr relativ egal ist, was er will. Es ging noch ein paar Sätze hin und her, dann drohte er, hier nie wieder herzukommen und ging Richtung Kasse.
Ein (vermutlich) älterer Herr rief an und wollte sich Ware liefern lassen. Nachdem ich ihm erklärt hatte, dass wir den Lieferdienst eingestellt haben und auch keine Mitarbeiter vor Ort sind, die das übernehmen könnten, versuchte er es erneut mit einem sehr gewichtigen Argument: "Das ist aber sehr viel, was ich brauche."
Ich habe den Tonfall schon verstanden, glaube ich jedenfalls. Zumindest war meine Interpretation dieser Aussage, dass wir uns so viel Umsatz doch nicht entgehen lassen dürfen. Aber genau das Gegenteil war der Fall: Ein paar wenige Teile hätte ja zur Not vielleicht gerade noch ein Kollege schnell um zwei Straßenecken bringen können – aber die Zeit, da jetzt noch vielleicht eine Stunde lang die Sachen aufzuschreiben und zusammenzusuchen, war einfach nicht da.
Ein Typ stand in der Weinabteilung, sah sich kurz um und fing plötzlich an, durch den Laden zu gröhlen: "Bedienung! Gibt's hier keine Bedienung?! Hallo?! Bediiiienung!!!"
Da macht man das dann als Mitarbeiter wie beim Bund: TTV.
Tarnen, täuschen und verpissen, im Klartext: Unauffällig verschwinden.
Ein Kunde bezeichnete unseren alten Tiefkühlschrank, den er übrigens deutlich besser als die aktuellen, flachen Teiefkühltruhen fand, eine "Stehtruhe."
Auf jeden Fall eine schöne und originelle Wortschöpfung.
Ein alkoholisierter Kunde stand an der Kasse und unterhielt sich in Form eines Monologs mit den anderen anwesenden Kunden. Plötzlich und anscheinend aus heiterem Himmel äußerte er: "Ich habe mit einer Frau Sex gehabt, die nicht ganz gesund war …" … und ging danach noch ins Detail über diverse Krankheitssymptome.
Entschuldigt bitte.
Ich musste das auch hören. Es kann nie mehr ungehört gemacht werden.
Ein älterer Mann ging direkt auf Ines zu und sprach sie in relativ gereizt klingendem Tonfall an: "Die blauen Müllbeutel finde ich jetzt wo?
Müllbeutel. Einer der wenigen Artikel, die während des gesamten Umbauprojekts mit all seinen Umstellungen, Neuplatzierungen und Provisorien ihren angestammten Platz noch nie verlassen haben.
Wichtig ist vor allem, sich erst mal wegen des Umbaus zu echauffieren …
Das war die wesentliche Aussage eines Mannes, der ein E-Plus-Guthaben gekauft hatte, dieses jedoch auf Grund eines technischen Problems bei E-Plus nicht aufladen konnte. "Zurücknehmen" kann und darf ich diese Karten auch nicht (einerseits vertraglich regelt, andererseits habe ich gar keine Chance, zu überprüfen, ob die Guthaben nicht doch schon verwendet wurden), was ihn ganz leicht erregt hat.
Meine Argumentation, dass eine andere PIN ihm nicht weiterhelfen würde, da die Aufladungen derzeit generell nicht funktionieren würden, kam in seinem Hirn offenbar nicht an. Stattdessen schrie er herum, drohte mit diversen Szenarien, die allesamt Sach- und Personenschäden beinhalteten und versuchte noch, uns mit der Androhung eines Polizeieinsatzes einzuschüchtern. Hätte mich jedoch überhaupt nicht eingeschüchtert, im Gegenteil sogar. Ein Kollege war ja selber schon kurz davor, die Nummer vom Notruf zu wählen.
Nachdem ein Mitarbeiter der E-Plus-Hotline das Problem dem Mann noch mal ausdrücklich bestätigt hatte, trollte er sich schließlich. Jedoch nicht, ohne mit Beleidigungen um sich zu werfen und noch einmal Randale anzudrohen, falls er nach Ablauf der genannten Frist nicht sein Guthaben auffrischen könne.
Solche "Kunden" habe ich ja immer wieder gerne im Laden.
Die Tür vorne stand offen, ein älterer Mann wollte in den Laden. Da wir gerade an der Tür standen, haben wir ihn natürlich sofort freundlich darauf hingewiesen, dass wir auf Grund unserer andauernden Umbaumaßnahmen noch geschlossen haben.
"Dann müssen Sie die Tür vielleicht mal zumachen, dann rennt auch keiner rein!"
Die Tür stand übrigens ausschließlich deswegen gerade offen, weil wir zu dritt dabei waren, eine weitere der drei Meter langen Rollgondeln rauszubuckeln.
Ein Kunde stand vor dem Leergutautomaten, der die Annahme einer bestimmten Flasche verweigerte. Als eine meiner Mitarbeiterinnen vorbei kam, sprach der Mann sie an und hielt erst mal ungefragt einen Monolog über die scheiß Technik, nicht gelebten Kundenservice und sowieso, dass wir verpflichtet wären, das Leergut anzunehmen.
Als die Kollegin zu Wort kam, erklärte sie ihm, dass die Flasche unbepfandet ist.
Ich war im Lager zugange, während irgendjemand den Leergutautomaten mit leeren Flaschen fütterte. Dann wurde es still. Dreißig Sekunden später hörte ich das pfeifende Geräusch des Schrittmotors vom Bondrucker des Rücknahmeautomaten. Mir war sofort klar, dass da jemand seinen oder ihren Bon vergessen hat.
Unverzüglich ging ich zum Automaten, nahm den Bon und sah mich im Laden um. Einzig ein älterer Stammkunde stand in der Getränkeabteilung und stellte gerade mehrere Wasserflaschen in den mitgeführten Einkaufswagen.
"Das ist wohl Ihr Bon", sprach ich ihn an.
Er lachte: "Das sind wohl schon die Alterssenilitätserscheinungen."
Da hatte wohl jemand Langeweile oder musste etwas Zeit überbrücken – und/oder hat sich schließlich noch festgelesen: Ein Mann hielt sich fast 1,5 Stunden hier im Laden auf – ohne auch nur ein Teil zu kaufen. Erst schlenderte er durch die Gänge und guckte sich das ganze Sortiment interessiert an und dann blieb er vor dem Zeitschriftenregal kleben und las über eine Stunde lang in Ruhe in den angebotenen Magazinen.
… und dann war da noch der gute und langjährige Stammkunde, der dann den Inhalt einer noch fast halb vollen Flasche schlichtweg in den Müllsack vor dem Leergutautomaten gekippt hat.