Nach der vielen Geheimniskrämerei in den letzten Wochen möchte ich nun endlich das Rätsel auflösen. Obwohl aufmerksame Leser sicherlich schon einige Informationen zum Thema in den Kommentaren gefunden haben dürften...
Die (im wahrsten Sinne des Wortes) Pleite in Achim hatte ich gerade zu Grabe getragen, als ich mich im Grunde unmittelbar danach in ein neues Projekt gestürzt habe: Diesmal hier in Bremen, gerade mal 4,5 Autokilometer von meiner "Nr. 1" entfernt, werde ich am am Donnerstag meinen zweiten zweiten Markt eröffnen. Das Geschäft liegt in der Münchener Straße (Nr.66-72) mitten im Stadtteil Findorff. Ein sehr schöner Stadtteil und von der Bevölkerung her ähnlich strukturiert wie die Neustadt - also typisch Bremen und zum wohlfühlen.
Der Markt ist mit rund 350 Quadratmetern Verkaufsfläche noch deutlich kleiner als der hier in der Gastfeldstraße - aber eine Alternative gab es nicht. Aufgrund der geringen Fläche war es am sinnvollsten, einen Nahversorger aufzubauen, der vor allem auf Frische und Lebensmittel spezialisiert ist und nicht mit einem umfangreichen Trockensortiment und Non-Food-Angebot glänzen muss.
Hier die Front des Marktes. Auch, wenn es auf dem Foto so wirkt: Die Leuchtwerbung hängt tatsächlich schon und ist nicht nur in das Bild hineinmontiert. Die gleissende Sonne hat dafür gesorgt, dass die Farben so leuchten.
Noch befindet sich alles im Aufbau und sieht natürlich dementsprechend aus. Hier ist der Eingangsbereich mit der Gemüseabteilung zu sehen:
Einer der nur mit Regalen bestückten Gänge. Auf dem Boden stehen noch massenhaft Kartons mit Ware, die noch verräumt werden muss. Wer hier zukünftig durchläuft sucht wahrscheinlich die Zutaten für sein Frühstück. Von Kaffee bis Brot wird hier alles zu finden sein.
Auf diesem Bild sieht man die Kassenzone. Noch ist alles langeweilig und trist. Sobald erstmal die Ware in den Regalen und auf den Aktionsflächen steht, wird der Markt viel lebendiger und schöner wirken.
Das war's erstmal auf die Schnelle. Weitere Bilder und Infos folgen. Aber jetzt ist's ja kein Geheimnis mehr...
Gestern Abend war ich ein allerletztes Mal im Markt in Achim. Dort habe ich den kleinen Rest an Büroausstattung eingepackt, der dort noch herumstand und habe schließlich meinem Nachfolger hochoffiziell die Schlüssel übergeben. Auf der Fahrt zurück, habe ich gesungen. Nicht schön, aber dafür umso lauter.
Achim, ich bin jetzt endgültig weg
Achim, mit dir hatte es keinen Zweck
Achim, wir sehen uns nie mehr wieder
Achim, dafür sing' ich jetzt fröhliche Lieder.
oder auch:
Bye, bye, Achim, ein letztes Mal,
Oh, Achim, es war 'ne Qual,
Ich kehre jetzt nie mehr zurück,
Mensch, Achim, was hab ich für'n Glück.
oder auch:
Hey, Achim, jetzt siehst du mich nimmermehr,
hey Achim, hier komm ich niemals mehr her
Glaub' mir, Achim, ich bin echt froh,
Dieser Laden war ein Griff ins Klo.
Ich glaube, die Erleichterung hat man deutlich gespürt.
Einer der ersten Onlineshopkunden hatte einen Brotaufstrich aus Fairem Handel bestellt, der damals gerade nicht vorrätig war. Gemäß AGB bot ich zuerst an, diesen Artikel nachzuliefern. Im Laufe der Wochen stellte sich heraus, dass der Artikel in absehbarer Zeit gar nicht mehr lieferbar sein wird. Ich schrieb also eine Mail:
Hallo!
Ich habe das mit der versprochenenen Nachlieferung des einen Glases "Gepa Bio Mango Fruchtaufstrich" natürlich nicht vergessen.
Es ist wohl tatsächlich so, dass das Produkt von der Gepa in absehbarer Zeit *gar nicht mehr* lieferbar sein wird.
Ich möchte Ihnen nicht zumuten, noch länger auf die Lieferung warten zu müssen und biete daher an, entweder die 2,49€ zu erstatten (Bankverbindung!) oder einen anderen Artikel aus dem Onlineshop als Alternative zu schicken.
Die Antwort folgte ein paar Stunden später:
Besteht die Möglichkeit im Onlineshop für mich einfach eine entsprechende Gutschrift zu hinterlegen die mit meiner nächsten Bestellung verrechnet wird? Ich denke das wäre die einfachste Lösung...
Dicht gefolgt von:
Ach weist was, vergiss das mit der Gutschrift, pack die 2,49 in die Kaffeekasse oder kauf ne Dose Chappi und pack se in die Futterspendebox
fürs Tierheim Bremen.
Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass ich jetzt zumindest ein kleines schlechtes Gewissen habe, aber natürlich den Wunsch des Kunden respektieren werde. :biggrin:
Folgendes Schreiben ging eben an meinen Telefonanbieter per Fax und Briefpost raus:
Kündigung des Telefonanschlusses
Kundennummer 4124523xxx
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich kündige zum nächstmöglichen Termin meinen ISDN-Anschluß mit den Rufnummern:
04202-637267
04202-637829
04202-637938
Der Anschluß befindet sich an der Adresse
Friedrichstraße 35
28832 Achim
und wird ab sofort nicht mehr benötigt, da ich den Geschäftsbetrieb aufgegeben habe.
Mit freundlichem Gruß,
Es ist wirklich interessant, an was man alles denken muß: Abgesehen davon, dass der komplette Laden ausgeräumt werden muß, müssen Telefon, Müllentsorgung, Strom und die Kontrolle über eine Wach- und Schließgesellschaft gekündigt werden.
Zum Abschluß gab es noch zwei Zeitungsberichte über die Schließung des Marktes in der Friedrichstraße in Achim. Mit einem Klick auf das Bild bekommt ihr die große Ansicht.
Ich habe übrigens keine Ahnung, wieso die in dem Artikel "Christian Harste" geschrieben haben. Das ist zwar tatsächlich mein zweiter Vorname, aber den benutze ich eigentlich nie. :thinking:
In dem Artikel wird insbesondere auch auf die Problematik mit dem Umfeld um den Laden eingegangen. Glaubt mir: Es ist wirklich schlimm dort und ich bin - auch wenn es schade ist, dass das Projekt nun gestorben ist - froh, dort wieder weg zu sein. So langsam breitet sich in mir doch eine gewisse Erleichterung aus...
Zwei der letzten Fotos, die es aus dem Markt in Achim geben wird. Der Laden ist im Grunde vollständig ausgeräumt. Ein wenig Ware steht noch dort, aber das sind noch maximal zwei volle PKW-Ladungen.
Dann muß zwar noch die ganze Technik abtransportiert werden, darunter fällt vor allem das komplette Warenwirtschafts- und Kassensystem und auch die gesamte Büroausstattung, aber das ist mengenmäßig auch nicht mehr ganz so viel...
Faszinierend: Bei der Telekom anzurufen und einen ISDN-Anschluß zu beantragen und gerade mal ein paar Minuten später sogar schon die neuen Nummern zu kennen.
Das wäre vor ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen.
Nachdem der Markt in Achim nun offiziell geschlossen ist, bleibt dennoch viel zu tun. Vor allem müssen so viele Dinge wieder storniert werden:
Das Gewerbe muß abgemeldet und solche Dinge wie Mülltonnen, Telefon und Versicherungen müssen gekündigt werden.
Dazu kommt, allen Lieferanten bescheid zu sagen, dass sie uns nicht mehr anzufahren brauchen. Das gilt besonders für diejenigen, die quasi selbstständig liefern (wie z.B. Zeitungen) und nicht mindestens einmal pro Woche eine neue Bestellung entgegennehmen.
Wenn man die Sache mal positiv betrachtet: Diese komplette Auflösung eines Geschäftes ist eine Erfahrung, die sicherlich auch nicht gänzlich uninteressant ist. Man muß nur nicht an so vieles wie bei einer Neueröffnung denken, zumal sich vieles von alleine ergibt.
Um den Standort Achim bin ich übrigens in keinster Weise traurig. Sich dort nach wie vor über den Platz Anpöbeleien anhören zu müssen, vor allem Sprüche wie: "Kein Wunder dass ihr schließen müßt, wo wir doch so viel klauen konnten."
Mitunter überlege ich, ob ich noch eine Art sarkastischen Abschiedbrief an die Scheibe hänge. Aber ich glaube, dass diejenigen, für die er gedacht wäre, ihn nichtmal verstehen würden...
- Zotter hat bereits Sommerpause
-Mein Importeur für polnische Süßwaren ist dabei, seine Tätigkeit einzustellen
-Gepa hat bei einigen Artikeln Lieferschwierigkeiten
Dadurch ergibt sich, dass einige aktuelle Bestellungen gar nicht (vollständig) ausgeliefert werden können. Ich werde die entsprechenden Kunden natürlich auch noch einzeln per E-Mail informieren und eine Lösung anbieten. Zumindest bei den Artikeln, von denen ich weiss, dass ich sie in absehbarer Zeit wieder geliefert bekomme, werde ich eine Nachlieferung anbieten.
Das Hauptproblem bei mir ist, dass sowohl Zotter als auch Walkers recht knappe Haltbarkeitsdaten aufdruckt. Das macht eine große Lagerhaltung zumindest risikoreich.
Die Zeit war nichtmal sonderlich schön. Ein paar nette Kunden gab es natürlich auch, aber sich da abends quer über den Vorplatz von den Besuchern des "Freundschaftsvereins" anpöbeln lassen zu müssen - nein, danke.