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Ladendiebische Woche

Momentan haben wir es im Grunde täglich mit Ladendieben zu tun.

Ich versuche mal, das zu einem großen Beitrag zusammenzufassen.

1. Am Mittwoch Morgen fiel mir auf dem Fußboden in der Getränkeabteilung das abgerissene Etikett eines Seitenschneiders aus unserem Werkzeugregal auf. Der Blick in die Videoaufzeichnung offenbarte, dass ein Typ die Zange eingesteckt hatte. Und nicht nur das: Auf dem Weg durch den Laden hatte er auch noch für rund 35 Euro Milka-Schokolade in seinem Rucksack verschwinden lassen – weder das Werkzeug noch die Kalorienbombe hatte er natürlich bezahlt. Was mir zu dem Zeitpunkt nicht auffiel war, dass wir den Typen in der Vergangenheit bereits mehrfach hier schon erwischt hatten. Ich zeigte ein Foto im Kollegenkreis herum und bat darum, die Augen offen zu halten.

2. Am Abend des selben Tages kam der Typ wieder. Wieder Milka-Schokolade, diesmal für über 50 Euro. Die Kollegen erkannten ihn, dabei stellte sich heraus, dass es ein "alter Bekannter" war. Konsequenz für uns: Zwei Anzeigen wegen Ladendiebstahls und zwei wegen des Hausfriedensbruchs. Konsequenz für ihn: Keine.

3. Freitag Mittag rief mich intern eine Kollegin hat: "Da ist so ein komischer Typ in der Getränkeabteilung, da solltest du mal hinterhergucken!" In dem Moment, in dem ich die Ansicht der Videokameras auf meinen Bildschirm holte, öffnete der Mann gerade zwei Flaschen Bier mit den Zähnen und hielt sich beide Flaschen gleichzeitig an den Mund. Wir dachten, wir lösen das Problem ganz unbürokratisch. Da der Typ jedoch keine Papiere dabei hatte und auch sonst nicht kooperativ schien, riefen wir dennoch die Polizei an. Zunächst über den Zentralruf.

Während wir warteten, hatte der Biertrinker jedoch irgendeine Fehlzündung im Kopf, bedrohte erst Ines mit Gesten in ihr Gesicht und kam dann die kleine Bürotreppe hoch und wollte mich in dem engen Gang angehen. Dummerweise stolperte er dabei die Treppe herunter, klatschte in hohem Bogen seitlings auf den Lagerboden und wurde von uns, inzwischen hatte ich per 110 um dringende Hilfe gebeten, mit insgesamt vier kräftigen Leuten am Boden fixiert. Keine drei Minuten später war die Polizei da und hatte ihn keine zwei Minuten später bereits mit angelegten Handschellen hier herausgeführt.



Am nächsten Tag erfuhr ich von einem Beamten, der die Videoaufzeichnung abholte, dass der Mann sogar noch in der Wache einen Polizisten verletzt hatte. "Der hat ein Vorstrafenregister von hier bis Meppen", sagte er. Für alle, die den Spruch nicht kennen: Das Vorstrafenregister ist sehr lang.

4. Samstag Nachmittag steckte ein Mann zwei Dosen Red Bull ein, löste damit aber schließlich den Alarm der Warensicherungsanlage aus. Ausweisen wollte oder konnte er sich nicht, also rief ich die Polizei an. Über Amt, was am Wochenende immer mal länger dauern kann. Nachdem wir eine Stunde gewartet hatten, fragte ich noch einmal nach und erfuhr, dass man uns vergessen hätte. Zwischendurch versuchte der Dieb, zu türmen. Wollte den Überraschungsmoment nutzen und einfach am aufpassenden Kollegen vorbeirennen. Am anderen Kollegen, der in der Gemüseabteilung gerade Ware nachfüllte, kam er dann aber nicht vorbei und trottete so wieder mit uns ins Lager. Letztendlich kam die Polizei dann auch, aber es ist so viel Zeit dabei draufgegangen …

5. Gestern Mittag hatte ich aus dem Augenwinkel eine "komische Geste" gesehen. Ein Mann stand in einer Ecke und ich hatte das Gefühl, dass ich irgendwie wahrgenommen hätte, dass er etwas in seinen Rucksack gepackt hat. Ganz sicher war ich jedoch nicht und so lief ich schnell nach vorne zur Kasse. Da lagen zwei Flaschen Bier, den Rucksack hielt der Mann in der Hand.
"Entwarnung", dachte ich zunächst. Ich lief ins Büro und guckte schnell in der Videoaufzeichnung nach. Es wirkte wohl so auffällig, aber offenbar hatte er da tatsächlich die beiden Bierflaschen untergebracht. Was er da in der Hand hielt, sah jedenfalls nach einem runden, dunklen Gegenstand aus.
Die Bierflaschen hatte er leider erst in der Zeit geholt, in der ich nach vorne gegangen war. Also guckte ich mir den weiteren Verlauf seines Aufenthalts hier an. Dabei stellte sich heraus, dass der Typ eine Flasche Olivenöl für knapp 10 Euro eingesteckt hatte. Bis ich diese Gewissheit hatte, war er leider schon aus dem Laden und in alle Richtungen außer Sichtweite.

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Kommentare

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Panther am :

Ist irgendwo auch nachvollziehbar, dass es höher priorisierte Einsätze gibt, als wegen zweier entwendeter Flaschen Bier bzw. Dosen Schlumpfauswurf die Akten zu füllen. Zu dem Alkoholiker: Nulltoleranz ist bei Diebstahl durchaus angemessen, aber ein solcher Umgang aufgrund emotionalen Handelns steht in keinem Verhältnis zur Eigensicherung bzw. Fürsorge gegenüber den Beschäftigten mehr. Und da ist es für Björn noch positiv, dass dem Herrn die "zufällig" eingetretenen Verletzungen suchtmittelbedingt nicht als Fremdverschulden gewertet werden ...

Fazit: Sollten die entwendeten Werte sachlich gesehen (!) tatsächlich überdurchschnittlich hoch ausfallen, ist ein professioneller Dienstleister (Sicherheitsdienst) die vernünftigere Wahl, als wegen der Eigenschaft als Selbständiger ("Der Dieb klaut mir das persönlich!") den Helden spielen zu wollen und irgendwann Mitarbeiter mit entsprechenden Folgeschäden auf dem Gewissen zu haben.

Hendrick am :

Ich frage mich gerade, ob eine Spiegelung des Überwachungsmonitors mit allen Kamerabildern im Büro auf ein "öffentlich" einsehbares Display etwas hinter dem Eingangsbereich, so daß es jeder sieht, evtl. abschreckend wirken würde?

So ein Monitor wäre ja für relativ überschaubares Geld zu bekommen...

Der Hamburger am :

Damit das Gesindel die toten Winkel der Kameras erforschen kann?

Patrick am :

Oft sieht man an Eingängen eine Kamera mit Monitor hängen. Das soll dann darauf hinweisen: „Hier sehen Sie sich selbst. Wir haben überall Kameras.“

Und damit gibt man ja nicht die toten Winkel preis.
Mich verwundert eher die Klau-Mentalität dort bzw. dass Leute Bierflaschen austrinken oder zur Tarnung Sachen kaufen und wiederum andere Dinge stehlen. Geht es denen denn so schlecht oder ist das aus Spaß am Nervenkitzel?

naja am :

Der Bierflachentyp ist durch Abhängigkeit und Hirn wegsaufen vermutlich in nen Egalmodus und nimmt sich was er "braucht", der Milkatyp bringts zum Hehler, vermutlich Suchtfinanzierung, plus Lebensstandard ("Aufstocken" der Stütze), aber ohne diese lästige Arbeit. Außerdem kann man sich aussuchen wann man mal was tut.
Zum was kaufen: Ist Standard, sei es um nicht aufzufallen, oder weil man den gesamten Einkauf nicht so unauffällig in die Taschen kriegt. Klappert bei vielen Flaschen auch so lästig.

Egal am :

Nope, hat keinerlei Auswirkungen. „Einfach so“ gibt es die auch nicht, meist sind das noch alte analoge Systeme. Bei neueren wird das nicht von jedem Hersteller in der Form unterstützt, oftmals muss man dann einen zusätzlichen Arbeitsplatz versteckt montieren. Aber wie geschrieben - in der Praxis hat es auf Diebstahl keine Auswirkungen.

Hans am :

Für uns sind die Berichte natürlich unterhaltsam, für Björn und sein Team klingt das aber alles sehr anstrengend.

Raoul am :

„eines Seitenschneiders aus unserem Werkzeugregal“

Betreibst Du eigentlich noch einen herkömmlichen Supermarkt oder hast Du Dich mittlerweile auf Einbruchswerkzeug verlegt? Das könnte das veränderte Klientel erklären ;-)

Sebastian am :

Wäre es bei der gehäuften Anzahl an Diebstählen nicht an der Zeit über eine sichtbare Security am Eingang nachzudenken? Wirkt abschreckend und im Falle des Falles sind diese Personen geeigneter einen Ladendieb festzuhalten.

Panther am :

Björn kann rechnen und stellt nach wie vor fest, dass der Verlust durch Diebstahl geringer als die Kosten eines Sicherheitsdienstes ausfällt. Vielleicht ist es zudem eine Art Genugtuung für ihn, Ladendiebe selbst festzuhalten usw.? ;-)

Fallout Boy am :

Auf die potentiellen Ladendiebe mag der öffentlich präsente Sicherheitsdienst abschreckend wirken, auf die normale, unbescholtene Kundschaft aber auch.

Ich persönlich fand das irgendwann recht irritierend als bei einem von mir unregelmäßig besuchten Discounter während Corona-Hochzeiten hinter jeder Kasse ein uniformierter Schrank stand, der vermutlich aufpasste, dass es keine Übergriffe aufs Kassenpersonal gab und jeder Kunde eine Maske trug. Bei vier geöffneten Kassen mit vier bulligen, uniformierten Typen hinter dem Kassenbereich hatte es was von Polizeistaat - gemütlich einkaufen ist/war mMn. anders.

Also ggf. will Björn den anderen Kunden so einen Anblick auch erstmal (noch) ersparen, so lange sich die Schäden durch Diebstahl noch halbwegs in Grenzen halten?

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