Das Diskussion-Ende-Argument
Vorgestern Nachmittag hörte ich plötzlich hektisches Stimmengewirr aus dem Lager zu mir ins Büro dringen. Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt noch gar nicht mitbekommen, was passiert war. Eine Frau in den Dreißigern hatte zwei Dosen Thunfisch in ihre Tasche gesteckt, diese an der Kasse nicht ausgepackt und in der Folge dann mit den (aus Gründen, wie man sieht …) gesicherten Dosen den Alarm der Warensicherungsanlage ausgelöst.
Nun stand sie greinend und flehend mitsamt zwei meiner Mitarbeiter im Lager. Als ich hinzukam, fragte ich natürlich zuerst, was passiert war. Die Frau erklärte mir auch noch einmal, dass sie doch nur bei uns einkaufen wollte und versehentlich die beiden Dosen an der Kasse zwischen den anderen Sachen, die sie vorher schon bei Lidl gekauft hatte, übersehen hätte. Die anderen Sachen von uns hätte sie ja schließlich auch bezahlt und am Geld würde es sicherlich nicht liegen. Mit diesen Worten zeigte sie ihr geöffnetes Portemonnaie vor und zog einen der darin enthaltenen Fünfziger raus und wedelte damit vor unseren Nasen herum.
Das hätte alles plausibel klingen können, tat es aber nicht. Vor allem störte mich, dass sie ihren kleinen Einkauf komplett in der Hand hielt, die beiden Thunfisch-Dosen, die den Wert der anderen Dinge noch deutlich überschritten, jedoch in der Einkaufstasche verschwinden ließ, in der sich bereits Artikel aus einem anderen Laden befanden. Nein, das war kein Versehen, das war knallharter Diebstahl. Und es bestätigte uns mal wieder darin, dass es richtig ist, die Thunfisch-Dosen von Saupiquet mit Sicherungsetiketten bekleben zu lassen. Das Zeug ist nämlich bei Dieben beliebt.
Während der gesamten folgenden Minuten flehte und bettelte sie immer wieder, dass wir nicht die Polizei einschalten sollen. Wenn ihr Mann erfahren würde, dass sie geklaut hätte, dann würde er sie umbringen, sie totschlagen. Keine Post nach Hause, keine Polizei, bitte, bitte.
Ich ließ mich von den Krokodilstränen nicht beeindrucken, ignorierte das Herumgegreine und fragte die Frau, ob sie einen Ausweis dabei hätte. Sie hielt mir einen türkischen Führerschein (die Plastikkarte mit dem blauen Streifen, in dem "SÜRÜCÜ BELGESI" steht) vor die Nase, allerdings stand dort keine Adresse drauf und war für eine Anzeige wegen Ladendiebstahls nicht brauchbar. Das ist alles, was sie hätte, versicherte sie. Bis dahin wäre es noch ohne Polizei gegangen, aber in dem Fall brauchten wir Hilfe und so nahm ich das Telefon zur Hand. In dem Moment fiel ihr ein, doch einen deutschen Ausweis dabei zu haben. Was für eine Überraschung.
Ich zog mein gesamtes Programm in aller Routine durch. Da sie sich ausweisen konnte und die Ware bei uns blieb, konnten wir die Sache ohne Polizei erledigen. Nachdem ich alle notwendigen Angaben notiert hatte, sprachen die Kollegen noch das übliche Hausverbot auf Lebenszeit aus und geleiteten die Frau zum Ausgang. Thema erledigt.
Fünf Minuten später kam einer der Kollegen zu mir ins Büro. "Die Frau von eben ist wieder da, mit zwei Männern." Ihr Mann hatte sie also offenbar nicht totgeschlagen. Stattdessen hatte sie ihm direkt berichtet, was vorgefallen war und ist zusammen mit ihm und einem Freund oder Verwandten wieder zu uns in den Laden gekommen.
Da sprach nur noch ihr Mann mit mir. Dass sowas doch passieren könne und ob mir denn noch nie ein Versehen passiert ist. Doch, sagte ich. Und dachte mir spontan ein Beispiel aus: "Wenn ich versehentlich mit 80 durch die Stadt fahre und geblitzt werde, muss ich auch mit dem Bußgeld lebe."
"Man fährt nicht aus Versehen mit 80 in der Stadt."
"Und man steckt sich nicht aus Versehen zwei Dosen Thunfisch in die Tasche."
Es ging noch ein paar Sätze lang hin und her und die Stimmung wurde immer angespannter und dann brachte der Ehemann schließlich das Argument der Argumente: "Sie machen das doch nur, weil meine Frau Ausländer ist!"
Uff!
In dem Moment war für mich jede weitere Diskussion mit diesen Personen beendet und das sagte ich ihm auch ziemlich deutlich.
Mit wüsten Beschimpfungen, die von "Sie sind ein sehr schlechter Mensch" bis hin zu unappetitlichen Fäkalausdrücken reichten, zog das Trio schließlich ab. An der Kasse beschimpften und bedrohten sie noch einen der beiden Kollegen, die während der Aufnahme des Diebstahls mit mir im Lager standen.
Was für sympathische Mitbürger.
Nun stand sie greinend und flehend mitsamt zwei meiner Mitarbeiter im Lager. Als ich hinzukam, fragte ich natürlich zuerst, was passiert war. Die Frau erklärte mir auch noch einmal, dass sie doch nur bei uns einkaufen wollte und versehentlich die beiden Dosen an der Kasse zwischen den anderen Sachen, die sie vorher schon bei Lidl gekauft hatte, übersehen hätte. Die anderen Sachen von uns hätte sie ja schließlich auch bezahlt und am Geld würde es sicherlich nicht liegen. Mit diesen Worten zeigte sie ihr geöffnetes Portemonnaie vor und zog einen der darin enthaltenen Fünfziger raus und wedelte damit vor unseren Nasen herum.
Das hätte alles plausibel klingen können, tat es aber nicht. Vor allem störte mich, dass sie ihren kleinen Einkauf komplett in der Hand hielt, die beiden Thunfisch-Dosen, die den Wert der anderen Dinge noch deutlich überschritten, jedoch in der Einkaufstasche verschwinden ließ, in der sich bereits Artikel aus einem anderen Laden befanden. Nein, das war kein Versehen, das war knallharter Diebstahl. Und es bestätigte uns mal wieder darin, dass es richtig ist, die Thunfisch-Dosen von Saupiquet mit Sicherungsetiketten bekleben zu lassen. Das Zeug ist nämlich bei Dieben beliebt.
Während der gesamten folgenden Minuten flehte und bettelte sie immer wieder, dass wir nicht die Polizei einschalten sollen. Wenn ihr Mann erfahren würde, dass sie geklaut hätte, dann würde er sie umbringen, sie totschlagen. Keine Post nach Hause, keine Polizei, bitte, bitte.
Ich ließ mich von den Krokodilstränen nicht beeindrucken, ignorierte das Herumgegreine und fragte die Frau, ob sie einen Ausweis dabei hätte. Sie hielt mir einen türkischen Führerschein (die Plastikkarte mit dem blauen Streifen, in dem "SÜRÜCÜ BELGESI" steht) vor die Nase, allerdings stand dort keine Adresse drauf und war für eine Anzeige wegen Ladendiebstahls nicht brauchbar. Das ist alles, was sie hätte, versicherte sie. Bis dahin wäre es noch ohne Polizei gegangen, aber in dem Fall brauchten wir Hilfe und so nahm ich das Telefon zur Hand. In dem Moment fiel ihr ein, doch einen deutschen Ausweis dabei zu haben. Was für eine Überraschung.
Ich zog mein gesamtes Programm in aller Routine durch. Da sie sich ausweisen konnte und die Ware bei uns blieb, konnten wir die Sache ohne Polizei erledigen. Nachdem ich alle notwendigen Angaben notiert hatte, sprachen die Kollegen noch das übliche Hausverbot auf Lebenszeit aus und geleiteten die Frau zum Ausgang. Thema erledigt.
Fünf Minuten später kam einer der Kollegen zu mir ins Büro. "Die Frau von eben ist wieder da, mit zwei Männern." Ihr Mann hatte sie also offenbar nicht totgeschlagen. Stattdessen hatte sie ihm direkt berichtet, was vorgefallen war und ist zusammen mit ihm und einem Freund oder Verwandten wieder zu uns in den Laden gekommen.
Da sprach nur noch ihr Mann mit mir. Dass sowas doch passieren könne und ob mir denn noch nie ein Versehen passiert ist. Doch, sagte ich. Und dachte mir spontan ein Beispiel aus: "Wenn ich versehentlich mit 80 durch die Stadt fahre und geblitzt werde, muss ich auch mit dem Bußgeld lebe."
"Man fährt nicht aus Versehen mit 80 in der Stadt."
"Und man steckt sich nicht aus Versehen zwei Dosen Thunfisch in die Tasche."
Es ging noch ein paar Sätze lang hin und her und die Stimmung wurde immer angespannter und dann brachte der Ehemann schließlich das Argument der Argumente: "Sie machen das doch nur, weil meine Frau Ausländer ist!"
Uff!
In dem Moment war für mich jede weitere Diskussion mit diesen Personen beendet und das sagte ich ihm auch ziemlich deutlich.
Mit wüsten Beschimpfungen, die von "Sie sind ein sehr schlechter Mensch" bis hin zu unappetitlichen Fäkalausdrücken reichten, zog das Trio schließlich ab. An der Kasse beschimpften und bedrohten sie noch einen der beiden Kollegen, die während der Aufnahme des Diebstahls mit mir im Lager standen.
Was für sympathische Mitbürger.
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Kommentare
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Monimon am :
Nicht der Andere am :
eigentlichegal am :
Der Satz geht ja nun mal gar nicht
....schließlich muss es "weil meine Frau Ausländerin ist!" heißen
So ein Sexist!
Raoul am :
Micha am :
Gut, dass du dich da nicht bequatschen lässt, spätestens wenn die in Truppenstärke ankommen und beleidigen würd ich dann doch die Polizei kontaktieren.
Adresse hast du ja schon.
Dieses *ich hole meine Freunde und schüchter dich ein* sollte man solchen Personen direkt abgewöhnen.
Neue Deutsche Welle am :
Claus am :
Im hier beschriebenen Fall sind diese Leute aber wohl einfach ziemlich dreist gewesen. Schon dass die Frau einerseits vorgespielt hat, ihr Mann dürfe davon nichts erfahren, und sie denselben daraufhin vorbeischickt, wäre - selbst wenn der Vorsatz natürlich nicht zweifelsfrei bewiesen werden kann - dann für mich auch Indiz genug, die allgemeine Glaubwürdigkeit der Person in Frage stellen zu dürfen.
Und wenn es trotz so eines Verhaltens dann tatsächlich doch ein versehentliches Einstecken gewesen sein sollte, tja, dann halt Pech gehabt! Nächstes Mal besser aufpassen. Ich denke: Gerade bei so einer übertriebenen Reaktion der mutmaßlichen Diebin darf man denke ich keine Ausnahmen machen. Da sollte wohl nur Erfahrung und das richtige Gespür/Menschenkenntnis zu führen, dass man da auch mal ein Auge zudrückt und einem mutmaßlichen Dieb glaubt. Und das wird wohl die Ausnahme bleiben. Gerade wenn man oft Probleme mit Diebstahl hat, darf man da einfach leider nicht zu viel Toleranz in solchen Fällen einführen, sonst spricht sich noch rum, dass man sich da im Laden manchmal noch auf milde Strafen einigen kann...
Neue Deutsche Welle am :
Sachen, die ich im Supermarkt aus dem Regal nehme, gehören in den Einkaufswagen oder -korb. Für Sachen, die ich vorher woanders gekauft habe, habe ich einen Kassenzettel.
Ich bin 45 Jahre alt, und ich habe noch nie etwas "versehentlich eingesteckt".
Diebstahl ist Diebstahl, und allein wegen der Dreistigkeit hätte ich die Beleidigung nachher direkt auch noch angezeigt.
Rudolph am :
Baumarkt betreten, Päckle Schrauben in die Hand genommen, andere Sachen gesucht, Handy irgendwann gebraucht, das Päckle Schrauben in die Tasche gesteckt, später zur Kasse alles bezahlt, außer das Päckle Schrauben.
Ich wurde nicht erwischt.
Später war ich in einem Möbelladen und stecke meine Hand in die Jackentasche, wo meine Hand freudig von dem Päckle Schrauben begrüßt wurde.
Ich bin danach zum Baumarkt, an die Info und wollte bezahlen (3,49 Euro). Etwas Diskussion, die konnten damit nicht umgehen, das war mir wurscht, ich wollte nur die 3,49 Euro loswerden, was am Ende auch geklappt hat.
TheK am :
Dubuc am :
John Doe (ein anderer) am :
https://books.google.com/ngrams/graph?content=greinen&year_start=1800&year_end=2008&corpus=20&smoothing=3
Es lebt etwas versteckt noch in "Gründonnerstag" weiter.
Um "kreischen" muß man sich jedoch keine Sorgen machen:
https://books.google.com/ngrams/graph?content=kreischen&year_start=1800&year_end=2008&corpus=20&smoothing=3
Peter am :
DerBanker am :
In einer vergleichbaren Situation bekam der Kunde von mir gnadenlos zu hören, er sei Deutscher, und da ging ich nicht von ab.