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Oft mehr Ideologie als Genuss

Eher zufällig kam ich mit einer jungen Frau ins Gespräch, die (kristall)zuckerfreie Schokolade produzieren möchte. Während wir uns unterhielten kamen wir von einem zum anderen und so ergab es sich, dass ich ihr irgendwann meine Meinung dazu mitteilte:

Gerade wir (nicht speziell Harste, sondern allgemein der SEH) bekommen sehr, sehr viele Anfragen von Startups und kleinen Herstellern von Lebensmitteln. Die drei nach meinem Gefühl stärksten Bereiche sind dabei Softdrinks (meistens irgendwelche Energy-Drinks oder Mate-Variationen), alles Mögliche und Unmögliche mit "Protein" im Vornamen (Riegel, Shakes etc.) und letztendlich vegane, ökologische oder anderweitig "korrekte" Lebensmittel. Zu denen zähle ich auch zum Beispiel die "nu+cao"-Riegel, die immerhin mit folgenden Eigenschaften beworben werden: Vegan, bio, zuckerarm (Kokosblütennektar statt Industriezucker), plastikfreie heimkompostierbare Verpackung, pro verkauftem Riegel wird ein Baum gepflanzt. Uff …

Dann hatte ich in den letzten Monaten Kontakt mit einer kleinen Firma hier aus dem Umland, die Speiseeis herstellt: Nach Möglichkeit regionale Zutaten, die importierten aus fairem Handel, natürlich alles Bio und je nach saisonaler Verfügbarkeit – das alles im plastikfreien Becher. Schmeckt wie selbstgemacht. Hat uns aber nicht geschmeckt, hinzu kam eine Eigenschaft von selbstgemachtem Eis, die uns überhaupt nicht gefiel: Nach fest kommt flüssig ohne die "cremige" Zwischenstufe.

Um wieder zur jungen Dame mit der zuckerlosen Schoki zurückzukommen: Ich sagte ihr, dass sie versuchen sollen, einen Geschmack für die Masse zu schaffen, wenn sie Erfolg haben wollen. Was nützt ein ökologisch wie ökonomisch korrektes Produkt, wenn man es nur einmal kauft, weil es einem nicht (so richtig) gut geschmeckt hat. Es gibt sicherlich einige Leute, denen Ideologie wichtiger ist, aber damit erreicht man die Masse nicht.

Dass man aber auch mit Bio und Vegan die Masse erreichen kann, sehen wir doch in den letzten Jahren. Beispiel vegane / vegetarische Fleischalternativen: Früher dröge und nur mit ganz viel Liebe verzehrbar, heute kaum vom Original zu unterscheiden oder so adäquater Ersatz, dass es einem egal ist, dass es kein Fleisch ist. Rügenwalder zeigt seit ein paar Jahren sehr deutlich, wie sowas aussehen und schmecken kann. Oder Wheaty, wenn einem Fachhandelsprodukte und Bio-Qualität wichtig sind. Das Döner von denen kann ich uneingeschränkt empfehlen. Schön knusprig anbraten, Zaziki (oder korrekterweise) eine Jogurt-Sauce dazu, lecker!

Liebe Start-Ups: Macht sowas richtig und versucht nicht nur, mit möglichst viel Marketing-Blabla ein Produkt ausschließlich auf der Basis von Mehrwert und Umweltschutz in die Märkte zu bringen oder im schlimmsten Fall euch als die Retter der Welt darzustellen. So wird das nix.

Noch schlimmer sind nur diejenigen, bei denen man das Gefühl hat, dass da zuerst jemand die Idee für einen lustigen Namen hatte und dann wird da ein Produkt drumherum konstruiert. Und, ja, diesen Gedanken hatte ich schon häufiger.

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Kommentare

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Zeddi am :

Man muss evtl. bei dieser Industriezuckergeschichte erwähnen das dies auch teilweise aus den USA kommt.

Achtung, gefährliches Halbwissen:

Dort wird zucker idr. aus Zuckerrohr o.ä. hergestellt bei dem nach "normalen" Raffinieren (ähnlich zuckerrübe) dieser "Braune" Zucker entsteht.

Um den zu weißen Zucker zu verarbeiten mit den ungefähren eigenschaften unseres "normal" raffinierten Rübenzuckers sind umfangreichere Prozesse nötig denen manche menschen Skeptisch gegenüber stehen.

Letztendlich ist "unser" weißer Zucker aber das was die als "unverarbeiteten" Zucker bezeichnen würden.

Letztendlich halte ich dieses ganze skepsis gegenüber "verarbeiteten", "Nicht Natürlichen" für größenteils(!!!) ziemlichen Quatsch.

(Zumal das auch kaum Wissenschaftlich sauber zu definieren ist, wann etwas "natürlich" ist, wann etwas "verarbeitet" ist, was "Chamisch" ist (Letztlich besteht fast alles irgendwie aus Chemie e.t.c.))

HP am :

Da ist ein bisschen viel zusammen gekommen.
Um was es in den USA geht, ist der sogenannte High fructose corn syrup, also Maissirup. Mit Zuckerrohr hat das gar nix zu tun...
Und natürlich ist auch unser weißer Zucker ein hochverarbeitetes Lebensmittel, wie allerdings viele Ersatzstoffe aus Soja ja auch...

Rappenspalter am :

Halbwissen in der Tat. Aus Rohrzucker kann man genauso gut, wenn nicht sogar besser, Saccharose wie aus Zuckerrüben machen. In der USA wird aber in der industriellen Lebensmittelherstellung oft gar nicht Saccharose wie bei uns in Europa, sondern High Fructose Corn Sirup verwendet. Eine billigere Alternative und ein auf Basis von Maisstärke hergestellter Zuckersirup der mehr oder weniger als 50% Fruktose hat. Üblich sind Varianten mit 42% Fruktose welcher in Müsli, Rigel, Gebäck etc. verwendet wird und mit die Variante mit 55% Fruktose welche in Softdrinks wie Coca Cola verwendet wird.

hilti am :

Das stimmt so nicht. In den USA wird sehr viel Zucker aus Mais hergestellt und die Zuckerart nennt sich Maissirup. Insbesondere "High-fructose corn syrup" wird es wohl kritisiert und angeblich solls auch ungesund sein. Obs nun tatsächlich ungesünder als normaler Zucker ist weiß ich nicht. Zuviel Zucker ist ja allgemein ungesund.

GOrden am :

Vegane Wurstimitate, ob das dem Körper wirklich gut tut, steht ja noch auf einem komplett anderen Blatt. Nur weil erfolgreich, heißt es noch nicht, das es auch wirklich gesund ist. Und beim durchlesen mancher Zutatenliste (egal ob nun vegan oder normal) schaudert es mich, da sind teils Zutaten drin, die ich nicht essen will.

eigentlichegal am :

vegane Wurst ist ein Witz: Hauptbestandteile sind Wasser und ein Speiseöl. Der Rest sind Emulgatoren und Dickungsmittel, damit aus den Flüssigkeiten etwas Festes wird. Dann noch Farbstoffe und Aromen, damit das nicht aussieht und schmeckt wie Wasser mit Öl.

kritischer Beobachter am :

Es geht nicht darum, dass die supergesund sind.
Sie sollen Fleischprodukte ersetzen und dabei einen besseren ökologischen Fußabdruck haben und keine Tiere quälen.
Fleisch ist ja auch nicht unbedingt gesund.
Das Zeug schmeckt umso authentischer je ähnlicher es von Textur und chemischer Zusammensetzung dem Fleisch ist.

HP am :

Nur mal so zum Nachdenken: wäre es nicht sinnvoller, den Fleischkonsum lieber ein bisschen einzuschränken und dafür nur zu hochwertigem Fleisch zu greifen anstatt sich mit "Fleischersatz" selbst zu betrügen?

kritischer Beobachter am :

Ja, Verzicht auf Billigfleisch bei reduziertem Konsum ist sicher auch ein guter Ansatz, um die Auswüchse der Massentierhaltung zu reduzieren.
Mit den Ersatzprodukten hast du das halt gar nicht mehr und du beziehst deine Nährstoffe wahrscheinlich rechnerisch aus weniger Anbaufläche.
PS: Im Ofen brutzelt grad ein (echter) Schweinebraten.

Anja am :

Also ich kann nur für mich sprechen, aber ich möchte einfach kein Stück Tier essen, weil ich den Gedanken unappetitlich finde. Trotzdem habe ich Erinnerungen an Gerichte mit Fleisch, zB die eine Hacksauce meiner Oma. Und ab und zu möchte ich mir eben jene emotional behaftete Sauce halt kochen und bin dann sehr dankbar, dass es Ersatz gibt mit der das geht. Wenn man statt 7 Tage die Woche Discountfleisch 7 Tage die Woche Ersatz isst, wird man nicht nur arm, sondern das ist dann ganz sicher keine ausgewogenere Ernährung. Aber das macht ja auch kaum wer.

Jan Franck am :

Es hat doch auch niemand behauptet, dass es gesund sei?
Vegan und vegetarisch heißt nicht gleich gesund, sondern es geht darum, das auf Inhalte tierischen Ursprungs verzichtet wird.

Jonas Bauer am :

Qualität und Genuss muss immer an erster Stelle stehen. Ein Nachdenken und Handeln zu den Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit ist aufgrund unserer Situation notwendig. Für mich wichtig ist, dass Lebensmittel nicht zu Arzneimitteln werden und das der Verbraucher eine Wahlfreiheit hat auch mal vermeintlich ungesunde Lebensmittel zu verzehren, aber eben am Besten in Maßen. Es bewegt sich ja schon viel.

Nobby am :

Du hast sogar schon kristallzuckerfreie Schokolade im Sortimen, s. unten das Beweisfoto mit der Lindt 100% Schokolade.

kritischer Beobachter am :

Und, war die Dame nach der Ansage sauer?
Manchmal ist da viel Verbohrtheit im Spiel bei den Weltrettern.
Was man denen auch noch mitgeben muss:
Man muss es nicht nur machen, sondern besser machen als die schon vorhandene Konkurrenz.
Oder alternativ etwas ganz Neues schaffen.
So wie die Water-Drops. Äh, nein, die vermarkten nur Brausetabletten neu.
Wie laufen die eigentlich so? Wenn ich mir das Display im örtlichen Rewe anschaue, befürchte ich das Schlimmste, und es wird tatsächlich gekauft. Hoffentlich alles dann enttäuschte Erstkäufer.

Naya am :

Für unterwegs oder Urlaub in Ländern, wo es üblicherweise kein/kaum Sprudelwasser gibt, find ich sie ganz praktisch, um stilles Wasser etwas zu aromatisieren, ganz stilles Wasser ohne Geschmack mag ich nämlich nicht. Viele Brausetabletten lösen sich nicht rückstandsfrei, die Waterdrops tun das, und den Sprudel von vielen Brausetabletten finde ich unangenehmer als ganz stille Getränke, und die Waterdrops sind ohne Sprudel. Durch die Einzelverpackung (ja, mehr Müll, ich weiß), lassen sich auch gut einzelne für unterwegs mitnehmen.
Also von daher für mich für manche Situationen sehr nett - wobei ich es aber doch so selten außerhalb eines Urlaubs nutze, daß ich denen nicht sonderlich viel Umsatz bringe. Eine Kollegin von mir schwört aber darauf, trinkt praktisch ausschließlich das Zeugs und kauft auch ständig deren limitierte Trinkflaschen und stellt die ins Regal als Deko ...

Anja am :

Im Zuge dessen fällt mir etwas ein, dass ich im hiesigen Supermarkt die Tage gesehen habe und was in meinen Augen gut zu deinem Laden passen würde. Ich weiß, du bist kein großer Freund davon, wenn man dir was andrehen will, aber ich habe mit denen tatsächlich nichts zu tun, finde nur die Idee mega. Es geht um eine Art standardisiertes Unverpackt-Konzept. Es werden Linsen, Nudeln, Datteln, ... haltbares Schüttgut halt in die Halbliter-Pfand-Joghurtgläser verpackt und im Supermarkt ins Regal gestellt. Auch so kurioses Zeug wie einen halben Liter Paprikapulver, aber nunja... ich verlinke es nicht, weil ich wie gesagt mit denen nichts zu tun habe, man findet es bei Google ganz einfach. Gesehen habe ich es beim Rewe in Neustadt/Holstein (der große, bei der Autobahn). Auf der Internetseite tauchen die noch nicht auf. Aber der hat auch ein sehr umfangreiches Sortiment an Produkten jenseits der Norm in einen normalen großen Supermarkt integriert und probiert Dinge einfach mal.

tsc am :

Bei „meinem“ Edeka Scheck-In in Frankfurt gibt es so Kekse auf Mandelbasis (heißt bei denen Snacks oder Treats, je nach Zutaten/Geschmack) namens Koukee. Auch alles dabei - glutenfrei, vegan, kein Zucker, plastikfreie Verpackung. Aber am Ende vor allem eins: lecker.

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