LD, 14 Jahre
Ein 14-jähriger Junge, der eigentlich um diese Zeit in der Schule sein sollte (nicht aufgrund unserer eigenen Annahme, sondern wegen seines Stundenplans, wie wir später erfuhren), zog es vor, hier im Laden herumzuschleichen und sich zwei Dosen Red Bull in die Jackentasche zu stopfen, nach dem er die Sicherungsetiketten der Dosen abgerissen und ins Saftregal geworfen hat. Er war uns in der Vergangenheit schon mehrfach aufgefallen, aber wir haben nie konkret etwas gesehen oder konnten ihm einen Diebstahl nachweisen. Diesmal reagierte die Kollegin prompt und beobachtete ihn regelrecht dabei, wie er die Warensicherungen von den Dosen knibbelte.
An der Kasse sprach ich ihn an und fragte ihn, wo er denn die beiden Dosen gelassen hat. Der Reißverschluss der linken Jackentasche öffnete sich, der Reißverschluss der rechten Jackentasche öffnete sich, zwei blaue Getränkedosen wurden auf das Kassenband gestellt. Dazu murmelte er etwas von "vergessen". In Anbetracht der an der Kasse aus verschlossenen Taschen nicht ausgepackten Dosen und dem vorhergehenden Abreißen der Sicherungsetiketten taugte das aber noch maximal als eine müde Ausrede, der wir keinerlei Wahrheitsgehalt zusprechen konnten.
Normalerweise versuchen wir bei Kindern und Jugendlichen natürlich, ohne das volle Programm mit der Polizei auszukommen. Meistens reicht ein Anruf bei den Eltern und die Sache erledigt sich nachhaltig von selbst. Meistens, wohlgemerkt. In diesem Fall sagte der Junge zunächst, dass er die Telefonnummer seiner Eltern nicht wüsste. Okay, wir haben es versucht. So ganz ungeschoren wollten wir ihn natürlich nicht gehen lassen und so informierte ich dann doch die Polizei. Aber schon mit dem Hinweis, dass wir hier kein SEK brauchen, sondern dass sie dem Jungen nur mal einen ordentlichen Schuss vor den Bug verpassen sollen.
Es stellte sich heraus, dass er schon wegen zwei anderer Diebstähle mit der Polizei zu tun hatte. So ganz unbescholten war er also nicht. Nach dem alles geklärt war, fuhren die Beamten ihn noch direkt zur Schule. Für uns war die Sache damit aber noch nicht erledigt. Zwischendurch hatte er nämlich doch noch mit seiner Mutter telefoniert und die wollte unbedingt ein persönliches Gespräch mit mir.
Später kam die Mutter dann und bat mich, die Anzeige zurückzuziehen. Es wäre ein blöder Ausrutscher gewesen und sie würde das mit ihm klären. Und wegen sowas soll doch nicht seine Zukunft gefährdet sein usw. Wäre der junge Mann tatsächlich bis dahin vollkommen unbescholten gewesen, hätte ich mich vielleicht überreden lassen. Sehr wahrscheinlich sogar, so wie ich mich kenne.
Aber: Er hatte schon zwei andere Diebstähle begangen, bei denen er erwischt wurde. (Auch in Anbetracht unserer Beobachtungen mag die Dunkelziffer deutlich höher liegen.) Da reicht der kleine Warnschuss nicht mehr. Andere Ersttäter sind durch die Konsequenzen und den Polizeieinsatz oder das bloße Erscheinen ihrer Eltern meistens so abgeschreckt, dass es dann auch der letzte Diebstahl war. Der Junge hier hatte schon die Chance, sich abgeschreckt zu fühlen. Zweimal sogar. Wie viele Warnschüsse soll er denn bekommen? Die Anzeige zurücknehmen und ein Zeichen setzen, dass er sich ohne oder zumindest ohne nennenswerte Konsequenzen, von einem maximal ermahnenden Gespräch seiner Mutter mal abgesehen, an fremdem Eigentum vergreifen kann?
Daher wird da nichts zurückgezogen.
An der Kasse sprach ich ihn an und fragte ihn, wo er denn die beiden Dosen gelassen hat. Der Reißverschluss der linken Jackentasche öffnete sich, der Reißverschluss der rechten Jackentasche öffnete sich, zwei blaue Getränkedosen wurden auf das Kassenband gestellt. Dazu murmelte er etwas von "vergessen". In Anbetracht der an der Kasse aus verschlossenen Taschen nicht ausgepackten Dosen und dem vorhergehenden Abreißen der Sicherungsetiketten taugte das aber noch maximal als eine müde Ausrede, der wir keinerlei Wahrheitsgehalt zusprechen konnten.
Normalerweise versuchen wir bei Kindern und Jugendlichen natürlich, ohne das volle Programm mit der Polizei auszukommen. Meistens reicht ein Anruf bei den Eltern und die Sache erledigt sich nachhaltig von selbst. Meistens, wohlgemerkt. In diesem Fall sagte der Junge zunächst, dass er die Telefonnummer seiner Eltern nicht wüsste. Okay, wir haben es versucht. So ganz ungeschoren wollten wir ihn natürlich nicht gehen lassen und so informierte ich dann doch die Polizei. Aber schon mit dem Hinweis, dass wir hier kein SEK brauchen, sondern dass sie dem Jungen nur mal einen ordentlichen Schuss vor den Bug verpassen sollen.
Es stellte sich heraus, dass er schon wegen zwei anderer Diebstähle mit der Polizei zu tun hatte. So ganz unbescholten war er also nicht. Nach dem alles geklärt war, fuhren die Beamten ihn noch direkt zur Schule. Für uns war die Sache damit aber noch nicht erledigt. Zwischendurch hatte er nämlich doch noch mit seiner Mutter telefoniert und die wollte unbedingt ein persönliches Gespräch mit mir.
Später kam die Mutter dann und bat mich, die Anzeige zurückzuziehen. Es wäre ein blöder Ausrutscher gewesen und sie würde das mit ihm klären. Und wegen sowas soll doch nicht seine Zukunft gefährdet sein usw. Wäre der junge Mann tatsächlich bis dahin vollkommen unbescholten gewesen, hätte ich mich vielleicht überreden lassen. Sehr wahrscheinlich sogar, so wie ich mich kenne.
Aber: Er hatte schon zwei andere Diebstähle begangen, bei denen er erwischt wurde. (Auch in Anbetracht unserer Beobachtungen mag die Dunkelziffer deutlich höher liegen.) Da reicht der kleine Warnschuss nicht mehr. Andere Ersttäter sind durch die Konsequenzen und den Polizeieinsatz oder das bloße Erscheinen ihrer Eltern meistens so abgeschreckt, dass es dann auch der letzte Diebstahl war. Der Junge hier hatte schon die Chance, sich abgeschreckt zu fühlen. Zweimal sogar. Wie viele Warnschüsse soll er denn bekommen? Die Anzeige zurücknehmen und ein Zeichen setzen, dass er sich ohne oder zumindest ohne nennenswerte Konsequenzen, von einem maximal ermahnenden Gespräch seiner Mutter mal abgesehen, an fremdem Eigentum vergreifen kann?
Daher wird da nichts zurückgezogen.
Trackbacks
Nur registrierte Benutzer dürfen Einträge kommentieren. Erstellen Sie sich einen eigenen Account hier und loggen Sie sich danach ein. Ihr Browser muss Cookies unterstützen.
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
John Doe am :
Michael K. am :
Karl Ranseier am :
„Der Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen werden in den Fällen der §§ 242 und 246 nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.“
Ich sehe aber auch, dass wenn "alle" "immer" ein Auge zu drücken da nie etwas protokolliert wird und es immer wieder heißt "das war ein einmaliger Ausrutscher".
Alexander M. am :
Grundsätzlich handelt es sich beim Diebstahl um ein Offizialdelikt, weshalb eine Strafverfolgung auch ohne Strafantrag des Verletzten möglich ist. Gemäß § 248a StGB kann ein Diebstahl allerdings lediglich auf Antrag verfolgt werden, wenn das Diebstahlsobjekt geringwertig ist. Dies beurteilt sich nach seinem objektiven Verkehrswert. Nach überwiegender Auffassung in der Rechtswissenschaft liegt die Schwelle zur Geringwertigkeit bei 25 €.
Josef am :
Es passiert ihm doch zunächst eh nichts, außer dass er als notorischer Ladendieb polizeibekannt wird.
Wenn seine Eltern sich für ihn interessieren und der Täter nicht aus anderen Gründen so verdorben ist, dass alle Versuche scheitern, wird er sich mit 2 Anzeigen genauso wieder fangen wie mit 3.
Irgendwann wird das doch eh alles gelöscht und er kann als junger Erwachsener ohne weitere Delikte völlig unbelastet durchstarten.
Was man ihm nur wünschen kann.
Stefan am :
Ist das dann de facto/juristisch schon ein Diebstahl, bzw. ein Versuch, da ja die Dosen faktisch den Laden noch nicht verlassen haben und der Junge noch die Möglichkeit gehabt hätte die Dosen von sich aus aufs Kassenband zu legen. Bzw. hat er ja die Dosen (nach Ansprache) aufs Band gelegt und nicht gestohlen.
Wann genau ist denn ein Diebstahl ein Diebstahl? Also zu welchem Zeitpunkt, bzw. gibt es da eine örtliche Grenze im Laden (ausser der Eingangstür) wann eine nicht bezahlte Ware zur gestohlenen Ware wird?
Und nein, ich frag nicht für einen Freund ... die Frage meine ich wirklich ernst!
Björn Harste am :
Aber der Diebstahl kann dennoch bereits deutlich früher vollzogen sein, dazu muss man als Täter das Geschäft noch nicht verlassen und sogar noch nicht einmal durch die Kasse gegangen sein! Das Zauberwort ist das Gewahrsam. Wenn man eine Ware in eigenes Gewahrsam bringt, zum Beispiel in eine Tasche in der eigenen Kleidung, befindet sich der Gegenstand in der Körpersphäre des Täters. Bei dieser handelt es sich bezüglich seines Persönlichkeitsrechts um einen Tabubereich. Der ursprüngliche Gewahrsamsinhaber, also in der Regel der Händler oder seine Angestellten, müssten zur Wiedererlangung der Sache in diesen eingreifen, was sich niemand widerstandslos gefallen lassen würde. Daher ist der Diebstahl in diesem Moment bereits vollzogen, wenngleich sich die Ware noch im Geschäft befindet. Fakt ist, dass das Gewahrsam und die Zugriffsmöglichkeiten verändert wurden.
Stefan am :
Dann werde ich wohl doch den VHS-Kurs "Waren balancieren Grundkenntnisse" belegen müssen.
Björn Harste am :
Faustregel: Befindet sich die Ware dort, wo du jemandem auf die Finger hauen würdest, wenn dort jemand ungefragt hinfassen würde (Hosenbund, Jackentasche, Handtasche), ist es per Definition ein vollzogener Diebstahl.
eigentlichegal am :
Reden wir jetzt über deine Finger oder über die der hübschen Penny-Kassiererin?
*seufz*
Ich verhalt mich ja schon extra auffällig, aber sie will mich einfach nicht durchsuchen.
CP am :
Sagt sich in der Theorie natürlich einfacher, als es in der Praxis dann ist, sprich glaubt einem später Mitarbeiter/Polizei/Staatsanwalt/Richter, dass die Waren aus harmlosen Gründen in der Tasche/Jacke sind, oder nicht.
Als Einzelhandelsexperte qua Bloglektüre sollte man aus Rücksicht auf das Nervenkostüm der Mitarbeiter des Supermarktes aber ohnehin auf derartig missverständliches Verhalten verzichten.
John Doerle am :
CP am :
Anonym am :
Allerdings hast Du recht, dass es da keine scharfe Trennung gibt: Der abgewetzte Typ, der ans Kaffeeregal geht, sich mehrfach hektisch umschaut, Pakete Kaffee nimmt und in einer Ecke in der Getränkeabteilung in seine Sporttasche stopft, wird es auch schwer haben, jemanden davon zu überzeugen, dass er nicht klauen wollte.
Der Typ im Anzug, der seinen Einkauf auf den Armen balanciert und sich ein weiteres Teil in die Jackentasche steckt und an der Kasse dann "vergisst", kann schon eher damit durchkommen, das als Versehen ohne Zueignungsabsicht darzustellen.
Daher ja Björns Aussage, man müsse sie am besten nach der Kasse stellen, vielleicht sogar außerhalb des Marktes. Jedoch sind da auch die Fluchtwege manchmal etwas besser oder durch die Notwendigkeit, einen Mitarbeiter am Ausgang zu postieren ist die Gefahr, dass der mögliche Täter seinen Versuch doch noch abbricht, größer. Wenn man sich also sicher ist, dann spricht man auch schon vor der Kasse an.
Better Call Saul am :
Der Junge hat das Björns Gewahrsam der Dosen gebrochen und sich diese angeeignet in der klaren Absicht (entfernen der Sicherung als Vorbereitungshandlung) sich diese auch anzueignen.
Von einem strafbefreienden Rücktritt kann auch keinerlei Rede sein, so einfach nach dem Einstecken auch nicht mehr möglich.
Ali aus Bengali am :
Karl Ranseier am :
Santino am :
Können sie ruhig auch hier einführen, ich und meine Familie haben noch nie etwas gestohlen.
Jay am :
Nicht der Andere am :
Schämieh am :
Nicht der Andere am :
Natürlich funktioniert das letztlich genausowenig wie die Gewährleistung oder gar Steigerung der öffentlichen und persönlichen Sicherheit durch allgegenwärtige Schießeisen.
Tatsächlich führt 3-Strikes-Law sogar zu mehr getöteten Polizisten. Ein zweimaliger Straftäter steht sich der nächstanstehenden Verhaftung - auch für Kleinkram - ja vor der Entscheidung, für mindestens 25 Jahre hinter Gittern zu verschwinden oder das mit einer vierten Straftat gegen die gegenüberstehende Polizei vielleicht doch noch abzuwenden.
In Vernunft oder zumindest Zurückrudern sind sind die USA aber nunmal obermies.
John Doe am :
Potenzielle Täter entscheiden sich für oder gegen eine Tat unter Abwägung der zu erwartenden Strafe und dem Entdeckungsrisiko, wobei die Hauptquote auf dem letzten Bereich liegt.
Je höher die Wahrscheinlichkeit der Überführung des Täters (Entdeckungsrisiko) desto wahrscheinlicher wird er von der Tat Abstand nehmen.
Das Strafen nicht unbedingt abschrecken, sieht man auch an der Rückfallquote.
Krepp am :
Wenn man Pech hat, kann die Zurücknahme des Antrags am Ende viel kosten.
Jay am :
Dass das bisschen Dududu wegen materiell Nichts dem Steuerzahler aber teuer zu stehen kommt, rückt solche emotional getriebenen Aktionen in kein gutes Licht.
Bei vierzehnjährigen Energydrink-Konsumenten und Schulschwänzern sind sicher viele Themen deutlich wichtiger als geringfügige Ladendiebstähle. Dem Bub bleibt zu wünschen, dass er sich aus dieser Situation rauszieht
Johannes am :
Schonmal gedacht die Anzeige zurückzunehmen bei einem entsprechenden Zugeständnis des Jungen?
Also zB Arbeitsdienst bei dir oder bei einem sozialen Einsatzort, Tierheim oder ähnliches.
Melli am :
Johannes am :
Wäre nicht das Erste Mal, dass jugendlichen Dieben dadurch die Schneid abgekauft wird.
So wie die Mutter klingt, wäre sie dafür.
Nicht der Andere am :
Verständlich, daß die Eltern die Mitleidstour versuchen. Sie selbst haben ja bisher entweder nicht eingewirkt oder einwirken können. Gleichwohl soll ihr Schätzchen es natürlich weiterhin gut haben. Ist aber schon unglaubhaft, daß ihre vorgeschlagene Klärung nun mehr bewirken würde als die bisherigen Klärungen.
Aber vielleicht meint sie mit "Ausrutscher" ja einfach, daß er sich ansonsten ja praktisch nie erwischen lässt.
Ja, nee am :