"
Guck mal, was ich tolles gebaut habe!", forderte mich ein sechs- oder siebenjähriger Junge auf und hielt mir ein buntes Dingsbums aus Legosteinen vor die Nase.
"
Aha. Und was soll das sein?"
"
Das ist ein... Keine Ahnung, wie das heißt."
Ahhhhja.
(Aber immerhin: Es gibt doch tatsächlich noch Kinder, die mit "richtigen" Legosteinen spielen, also zum Beispiel mit Achter- und Viererblöcken in Quader- oder Stäbchenform. Ich dachte, der Trend ginge immer mehr in Richtung "Spezialteile", die man im Grunde nur für das jeweilige Objekt verwenden kann und die kaum anderweitig zu gebrauchen sind.)
Eine Kundin hat uns ganz besorgt angesprochen:
Stimmt es, dass Sie den Laden dichtmachen werden?
Was? Wie?
Ja, ich habe gehört, dass der Laden hier ganz geschlossen werden soll.
Also WENN, dann würden wir höchstens die Öffnungszeiten wieder zurückdrehen. Das wäre die einzige Einschränkung – aber selbst das ist nichtmal annähernd geplant.
Dann ist gut. Ich war schon total beunruhigt.
Nein, keine Sorge...
Wie kommen
solche Gerüchte zustande?!?
Ein Mann, der vermutlich nicht viel bis gar kein Deutsch sprach, wollte offenbar eine Guthabenkarte für sein Handy kaufen. "Voucher..?" erkundigte er sich, hielt mir 15 Euro vor die Nase und eine Hand als "Telefonhörer" an den Kopf.
Hat aber alles nicht geholfen, denn er konnte mir beim besten Willen nicht mitteilen, für welches Netz oder Anbieter er das Guthaben benötigt...
Ein Pärchen wollte Leergut abgeben. Eine Flasche fiel ihnen zu Boden und zerlegte sich erwartungsgemäß in ein unterhaltsames Puzzle für die langen Winterabende.
Während
er schonmal anfing, die Überlebenden des Unglücks in den Leergutautomaten zu stecken, guckte
sie ins Lager und sah sich scheinbar hilfesuchend um.
Als sie sich zu mir drehte, fragte ich, ob sie einen Besen brauchen würde. Ihre Antwort:
"Ja, sollen wir das jetzt wegmachen?"
Neinein, braucht ihr nicht. Ich drücke unserem dressierten Affen gleich den Besen und eine Banane in die Hand und dann erledigt der das.
Nein, kein Problem. Mache ich gleich eben weg.
Sie haben's dann aber doch selber weggeräumt.
Muffins [ˈmʌfɪn] kennt jeder. Dass jemand hierzulande die Dinger so ausspricht, wie sie geschrieben werden, also
[mu:ffins], habe ich auch schon erlebt. Sogar "Muffis", also
[mu:ffis] habe ich schon gehört.
Ganz neu:
[mufœ͂] – die Alternative zum Croissant.
Drei Heranwachsende kamen herein. Mitten im Laden begonnen sie plötzlich, auf eine komische Art und Weise herumzubalgen. Plötzlich wurde einer der drei von einem seiner Begleiter recht rüde festgehalten und mit auf dem Rücken fixierten Armen nach hinten Richtung Leergutautomat gezerrt. Dort klopften sie wie irre gegen die geschlossene Lagertür.
Ich hatte die ganze Szene schon aus einiger Entfernung beobachtet und kam in dem Moment dazu. "
Alles okay?", erkundigte ich mich. "
Hier!", sprach derjenige, der sich am Ringelpietz nicht beteiligt hatte. "
Der hat geklaut. Das ist ein Ladendieb. Den müssen Sie anzeigen."
[Häh?!? Die sind doch gerade erst reingekommen...]
Noch bevor ich etwas sagen konnte, fingen alle drei an zu lachen, gingen in den Laden und suchten sich einige Waren zusammen, die sie schließlich auch bezahlten. Nicht, ohne sich währenddessen nochmal mit Drohgebärden und einer erneuten Rangelei gegenseitig einzuschüchtern. Was davon nun Ernst oder Spaß war oder welche lustigen bunten Pillchen sich das Trio zuvor eingeworfen hatte, kann ich leider nicht sagen.
Aber: Würden wir das überhaupt wissen wollen?
Pointe vorweg: Irgendwie ist es ja gar nicht so gemein, wenn ein paar Leute zusammenlegen und ihrem gemeinsamen Freund zum Geburtstag rund 100 Euro schenken. Andererseits schon, denn die "rund 100 Euro" haben sie ihm in Form von zwei 100DM-Scheinen übergeben. Und mit der Auflage, von diesem Geld nun alle Zutaten für seine Geburtstagsfeier zu besorgen. "Irgendwo hier in der Neustadt." hatten sie ihm gesagt – aber nicht, wo genau er das Geld loswerden kann.
So irrte er denn von Geschäft zu Geschäft und landete schließlich bei mir hier und füllte erleichtert seinen Einkaufswagen mit Getränken und allen anderen benötigten Dingen.
Ich glaube, bald stelle ich hier nur noch Schüler und Studenten ein, die deutlich jünger sind als ich. Schon wieder hat einer meiner Kunden mir die Arbeitsweise meine Mitarbeiter auf die Art und Weise verraten, dass er sagte, dass "Ihr Chef das auch so und so macht".
Ich habe keinen Chef.
Dochdoch, diesen großen, grauhaarigen Mann.
Grr.
Eine Kundin hatte ein Problem mit dem Leergutautomaten. Ich hatte das "
Pieppiep!" schon im Büro gehört und vorsichtshalber auf den Monitor der Überwachungsanlage geguckt.
Sie schaute kurz ins Lager, stellte sich wieder neben den Automaten und guckte vertäumt in die Gegend. Okay, da braucht jemand Hilfe. Ich packte meine Sachen zusammen und ging zur Leergutannahme.
Na, zickt der Automat herum?
Ja, der will hier eine Flasche nicht.
Kein Problem, die kann ich auch so annehmen. Aber da hätten Sie lange stehen können, wenn ich das nicht zufällig mitbekommen hätte.
Ich habe Sie ja gesehen...
Ich antwortete darauf nichts, stellte der Kundin ihren Leergutbon aus und verabschiedete Sie freundlich.
Wenn ich sie nochmal hier im Laden wiedersehe, werde ich aufpassen, was ich in dem Moment gerade mache. Wer weiß, was ihrem Röntgenblick noch alles nicht entgehen wird.
Wir haben hier neben den bekannten großen Flaschen auch kleine "Portionspackungen" Abflussreiniger im Sortiment. 99 Cent kostet eine Packung und ist eher ein schlecht gängiger Artikel.
Im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht war der komplette Regalbestand leer. Und war bekannt, dass am Samstag das Regal noch ziemlich voll war. Großes Rätselraten: Das Zeug klaut doch keiner?!?
Stimmt. Im Warenwirtschaftssystem fanden wir die Antwort: An Vortag immerhin 11 Packungen verkauft. Na, wenn da mal nicht die große Packung doch billiger gewesen wäre.
Dieses Bild hat mir Leser Thomas zugeschickt. Osterhasen und alle anderen Ostersüßwaren sind bei Aldi schon verfügbar. Jetzt schon wieder.
Auch, wenn ich mit meinen Läden Teil des gesamten Systems bin: Diese Entwicklung heiße ich nicht gut und bin froh, dass wir die Ware immerhin später als die Discounter bekommen.
Drei kleine Mädchen kamen in den Laden und steuerten direkt auf eine Kollegin zu:
"Wir brauchen Fihafohden."
"Was sucht ihr?"
"Fihafohden oder sowas."
"Was soll das denn sein?"
"Keine Ahnung. Unsere Mama schickt uns."
"Dann geht doch nochmal nach Hause und dann soll euch eure Mama mal aufschreiben, was ihr für sie einkaufen sollt."
Einige Minuten später kamen die Zwerge wieder. Eine hielt in der Hand einen kleinen Zettel. Auf dem stand: "Frischhaltefolie."
Hm, was soll man davon halten, wenn ein Kunde nach seinem Einkauf von der Tür von der Polizei abgefangen und gleich im Streifenwagen mitgenommen wird?
Das Telefon klingelte. Etwas unmotiviert, aber nicht unfreundlich, meldete ich mich nur mit meinem Namen:
Harste...
Bin ich da bei SPAR?
Jap.
Ah, gut. Hat SPAR schon auf?
Jap.
Jetzt auch, um diese Zeit?
Jap.
Auf der Internetseite steht, dass SPAR von null bis 24 Uhr auf hat. Dann müssten Sie doch jetzt auf haben?
Jap.
Und wenn ich jetzt herkomme sind Sie auch wirklich da?
Jap.
Echt jetzt? Ohne Scheiß?
Jap. Die Türen sind offen. Ganz ehrlich.
Cool, dann komme ich gleich her.
Ein Artikel war ausverkauft, der Kunde mittleren Alters verwies auf das Etikett am Regal: "
Wenn der Artikel nicht da ist, müssen Sie mir den nächst teureren zu diesem Preis verkaufen."
Nachdem ich sagte, dass ich dazu nicht verpflichtet bin, folgte eine Belehrung über die Rechte der Kunden und dass man "das" mal dem Gewerbeamt melden sollte, was ich hier mache.
Langsam wird's echt langweilig.