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Das nicht gedruckte Interview

Im Rahmen der Vorbereitungen der STERN-Redaktion für den Blog-Artikel habe ich einen umfangreichen Fragenkatalog bekommen, den ich mit einigermaßen viel Zeitaufwand beantwortet habe. Torsten ging's ähnlich.

Offenbar ist der gesamte gedruckte Beitrag wesentlich kürzer ausgefallen, als ursprünglich geplant. Auch von den Interviews ist nichts nicht viel übrig geblieben.
Damit die Mühe nicht völlig umsonst war, möchte ich an dieser Stelle mit den entsprechenden Fragen die Antworten festhalten, die ich auch der Frau Jacoby vom STERN geschickt habe.

1. Wann haben sie angefangen zu bloggen?
Am 24. Januar 2005 sind die ersten Blogeinträge entstanden.

2. Wie sind sie auf die Idee gekommen? Warum wollten sie es tun?
Die Idee, meine Erlebnisse aus dem Handel aufzuschreiben, hatte ich schon sehr lange. Es fehlte nur immer das passende Medium. In inzwischen über zehn Jahren im Einzelhandel habe ich sehr viel Außergewöhnliches und Alltägliches erlebt, das auch meine Mitmenschen interessieren könnte. Nachdem ich monatelang bei meinem großen Blogger-Vorbild Udo Vetter (Lawblog) mitgelesen hatte, kam mir quasi über Nacht die Idee zum Shopblogger.

3. Beschreiben sie ihren Blog; das, was ihn für sie ausmacht?
Der Shopblogger ist spontan, emotional, informativ und unterhaltsam. Spontan und voller Emotionen, weil ich manchmal sogar viel zu unüberlegt Texte verfasse und mir dafür mitunter auch prompt die entsprechende Kritik einfange. Informativ, weil ich oft über rechtliche Regelungen und Produkte berichte. Unterhaltsam, da -gerade auch im Umgang mit Kunden- sehr viele Situationen entstehen, über die man sich amüsieren kann. Und gerade mit Supermärkten kennt sich fast jeder durch den regelmäßigen Lebensmitteleinkauf aus, so daß ein gewisser Wiedererkennungseffekt entsteht.

4. Wie viele Leser hat der "Shopblog" täglich? Wie sind die Reaktionen?
Gestern hatte die Site rund 9500 Besucher. Reaktionen gibt es hauptsächlich in Form von Kommentaren zu den einzelen Blogeinträgen. Es haben sich in den Kommentaren schon ganze Diskussionen entwickelt, die sich die Kommentatoren liefern. Feedback per E-Mail gibt es auch: Meistens handelt es sich dabei um Tips für erwähnenswerte Themen, gepaart mit der Bitte, niemals mit dem Schreiben aufzuhören. ;-)

5. Haben sie mit diesem Erfolg gerechnet? Wie haben sie reagiert?
Mit dem Erfolg hatte ich niemals gerechnet. Erwartet hatte ich, daß sich vielleicht ein paar Dutzend, maximal wenige hundert Leser am Tag auf die Seite verirren. Daß es sich dabei um täglich einige tausend Besucher handeln könnte, hätte ich nie erwartet. Meine Reaktionen waren, behaupte ich einfach mal, normal. Natürlich freut man sich über das Interesse an seiner Arbeit und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß ein solches Feedback jemanden völlig kalt läßt - aber ich bemühe mich, einfach so weiterzuschreiben, wie ich es von Anfang an getan habe.
Allerdings muß ich zugeben, daß ich nicht mehr so sehr ungebremst schreibe(n kann), wie am Anfang. Inzwischen lesen sehr viele Personen mit, zu denen ich direkten persönlichen Kontakt habe (Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter) und deren Gefühle ich nicht verletzen möchte. Denn oftmals kann man durch den geschilderten Sachverhalt problemlos auf einzelne Personen schließen.

6. Sie haben einen Vollzeit-Job. Wie managen sie das bloggen nebenbei?
Völlig unproblematisch. Als Angestellter hat man seine festen Pausenzeiten und kann sich oftmals noch eine Zigarette zwischendurch gönnen. Ich bin selbständig, setze mich stattdessen an den PC und verfasse einen Blogeintrag. Das sind eben meine Pausen, so entspanne ich mich. Der Zeitaufwand ist in etwa der selbe und dürfte pro Tag bei gut 1 Stunde liegen. Viele Einträge, auch mit Foto, entstehen innerhalb weniger Minuten. Manches recherchiert man länger, aber das ist okay. Die Zeit dafür nehme ich mir einfach. Zum Glück kann ich mir als Selbständiger meine Zeit selber einteilen. Als angestellter Marktleiter in einem Filialbetrieb könnte ich weder so zeitnah noch so offen über meine Arbeit schreiben. Gerade meine Offenheit ist das, was viele am Shopblogger so fasziniert.

7. Wie viel Zeit wenden sie für den Blog auf?
Neben dem Schreiben der Blogeinträge geht natürlich noch Zeit für das Lesen und Beantworten der Kommentare drauf. Aber die Kommentare sind für mich oft das Salz in der Suppe: Jedes Mal, wenn ich ins Büro komme, frage ich erwartungsvoll meine Mails ab und werde selten enttäuscht. Bei deutlich über 100 Kommentaren pro Tag kommen da schon ein paar Minuten zustande ;-)

8. Sie schreiben auch während ihrer Zeit im Supermarkt? Wie kann man sich das vorstellen: Sie im Überwachungsraum, am PC, kommentierend? Schildern sie mir bitte ihren "Blog-Arbeitsplatz"!
Ich schreibe ausschließlich direkt aus meinem Geschäft und habe derzeit privat nicht einmal einen Internetzugang. In meinem ganz normalen und viel zu engen Büro steht ein ganz normaler PC, an dem ich völlig unspektakulär meine Texte tippe. Das ist zugegebenermaßen wirklich nicht sonderlich spannend. Ab und an tippe ich auch vom Laptop im Pausenraum oder direkt aus dem Laden.

9. Ist das wie eine zweite Welt, einen zweiten Job, in den sie sich dann zurückziehen?
Das Internet ist per se eine zweite Welt. Wenn ich andere Blogs lese, ist das schon ein Ausflug aus meinem Alltag. Mein eigenes Blog lebt jedoch gerade davon, daß ich ausführlich aus meiner ersten Welt mit all den Facetten meines Berufes berichte, ist also kein zweiter Job im eigentlichen Sinne. Wenn ich über meine Nebentätigkeit bloggen würde, wie der noch ganz frische Taxiblog, wäre das anders.

10. Was fasziniert sie am Bloggen?
Meine Gedanken mit anderen zu teilen und Antwort zu erhalten. Reden schwingen alleine wäre zu langweilig, die Kommentare machen das Bloggen für mich spannend.

11. Wie reagieren Kunden, Kollegen, Freunde, Familie?
Bisher sind alle Freunde, Kollegen und Kunden von meinem Blog begeistert. Meine Mutter ist nur manchmal ängstlich, weil ich so ungeschminkt schreibe. Nicht, daß es Ärger gibt... Es dürfen sich ruhig Leute auf den sprichwörtlichen Schlips getreten fühlen - so lange ich keine Unwahrheiten verbreite, mache ich mir keine Sorgen um mögliche rechtlichen Konsequenzen.

12. Ergeben sich ernsthafte Kontakte aus dem bloggen - mit anderen Bloggern, Kommentatoren?
Gerade heute erst war ein Kommentator hier und hat den für mich überflüssigen Einkaufwagen mitgenommen, über den ich berichtet hatte. Einmal ist einer meiner Leser sogar mit einer Kamera vorbeigekommen und wollte unbedingt ein Foto mit mir. Zu anderen Bloggern habe ich eher weniger Kontakt. Man gibt sich Anerkennung durch gegenseitiges Kommentieren.

13. Die Blogosphäre in Deutschland. Gut, schlecht, spannend, einschläfernd? Ihr Kommentar?
Bunt gemischt. Es gibt viele spannende Blogs, die ich auch gerne selber lese. Da gibt es zum Beispiel Lawblog, Bildblog, Taxi-Blog, FRoSTA-Blog, Werbeblogger - um nur ein paar zu nennen. Außerdem gibt es viele Blogger, die sich mit politischen Themen und aktuellem Zeitgeschehen auseinandersetzen. Dabei kommt es sehr auf den Autor an, ob ein interessantes Thema aufgefaßt wurde ober ob man nach zwei Sätzen gelangweilt weiterklickt. Der Großteil Blogs sind natürlich die vielen, kleinen privaten Tagebücher. Eher für den jeweiligen Freundeskreis gedacht haben sie definitiv ihre Daseinsberechtigung, auch wenn die Masse für mich vollkommen uninteressant ist.

14. Erinnern sie sich an den ersten Beitrag, den sie schrieben?
Ich erinnere mich noch an meinen ersten Eintrag. Ich schrieb über eine Pfandflasche für Spirituosen.

15. Was bedeutet ihnen ihr Blog?
Sehr viel, denn ich teile gerne meine Gedanken mit anderen Menschen. Im Weblog kann ich meinem Mitteilungsbedürfnis freien Lauf lassen, ohne anderen damit auf die Nerven zu fallen. Wer meine Texte lesen will, kann es tun, wann immer er möchte. Andersherum kann ich mich mit Dingen beschäftigen, die mich belasten, einfach Gedanken loswerden. Man kann sich das wie eine Sitzung beim Psychater vorstellen: Reden, um sich zu befreien.

16. Haben sie auch negative Erfahrungen gemacht, z.B. bösartige Kommentare, o.ä.?
Es gibt natürlich auch Kritik und andere Meinungen, daraus ergeben sich mitunter sehr spannende Diskussionen. Wie überall gibt es auch in der Blogosphäre Trolle, die einfach nur ihren Senf dazugeben und herumstänkern wollen. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, solche bösartigen Kommentare schlichtweg zu löschen.

17. Verdienen sie Geld mit ihrem Blog? In welcher Liga spielt sich das ab :-) ?
Mit dem Blog selber verdiene ich ausdrücklich kein Geld. Es gibt keine Werbung auf der Site und ich betone immer wieder, daß ich völlig unabhängig und nicht käuflich bin. Oft genug wird mir zwar das Gegenteil unterstellt, wenn ich mich gegenüber bestimmten Produkten z.B. sehr positiv äußere - aber das ist dann wirklich meine persönliche Meinung. Genauso teile ich Kritik aus.

18. Andere Blogger, die sie besonders gut finden?
Viele. Es wäre unfair, hier nur ein paar zu nennen. An dieser Stelle dennoch einen besonderen Gruß an den Lawblogger Udo Vetter, der mir letztendlich die Inspiration zum Shopblogger gegeben hat. Seine Art, spröde juristische Themen wiederzugeben, hat mich so fasziniert, daß ich monatelang bei ihm mitgelesen habe ohne auf die Idee zu kommen, über meine eigene Arbeit zu schreiben.

Wie wird sich die Blogosphäre ihrer Meinung nach in den nächsten Monaten, Jahren verändern?
Das kann ich nicht beurteilen. Kann es überhaupt jemand?

Trackbacks

File Status 48 - Write failure! am : BMX Nightride, die x-te

Vorschau anzeigen
Das Blog wird zunehmend bekannter bei der Familie, Freunden und Bekannten, sowie in der Firma und von allen Seiten spricht man mich darauf an, dass ich privatere Themen seit der letzten Leser-Offensive eher ausgeklammert haette. Ich bin mir des Phaenomens

Kommentare

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Nils+Hitze am :

Gemein euch soviel Arbeit aufzudrücken.

Aber ist halt wie mir Aufnahmen für Dokus, alles kannste
nicht reinnehmen. Für uns wars aber interessant.

Micha am :

Aber sehr sympathisch beantwortet die Fragen, wie ich finde. Schön!

Martin2 am :

http://www.stern.de/computer-technik/internet/:Blogs-Erz%E4hl/546012.html

dort nachlesen =)

trante am :

Zitat
"... .Mitmenschen wie des "Shopbloggers": "Ich rede, um mich zu befreien." Und das erspart ihm den Psychiater. "

Das ist aber mehr als unfreundlich.

Olaf am :

Na da hat der Spiegel aber Glück gehabt das sie das nicht veröffentlichen. Du auch ;-).

DAS Weblog ... _nicht_ der
Der Tagebuch/Logbuch klingt halt bescheuert weil es falsch ist.

Cheerio,

Olaf

Nogareu am :

Fand es sehr interessant das Interview hier lesen zu können. Der Stern-Artikel über das Bloggen war mehr oder weniger - eher mehr - belangloses Geschwätz! Sehr enttäuschend!

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