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Diebstahl oder kein Diebstahl?

Sven hatte mir folgende Frage geschickt:
Moin Björn,

nachdem ich gerade eine gefühlte Ewigkeit in der Schlange beim Rewe am Bahnhof verbracht habe, da mir ausgerechnet heute ein lächerliches Stück Hefe fehlte, stellte ich mir folgende Frage:

Wenn ich die Hefe genommen und 50 Cent (war Bio-Hefe :-) ) in das Regel gelegt hätte und dann den Laden ohne Besuch der Kasse verlassen hätte, wäre das dann technisch gesehen Diebstahl?
Ich bin doch kein Anwalt, aber…

Ein Kaufvertrag, geschlossen entweder schriftlich, mündlich oder sogar auch stillschweigend (wie es im klassischen Einzelhandel an der Kasse unzählige Male täglich passiert) zwischen Käufer und Verkäufer, besteht aus zwei aufeinander bezogenen, inhaltlich korrespondierenden Willenserklärungen, die als Angebot und Annahme bezeichnet werden.

Wenn man nun im von Sven genannten Fall die beiden Willenserklärungen sucht, wird man feststellen, dass eine fehlt. Folglich ist kein Kaufvertrag zustande gekommen und damit dürfte man den Artikel, auch wenn der Gegenwert in Form von Geld zurückgelassen wird, nicht einfach mitnehmen.

Wie weit das nun als "Diebstahl" (immerhin fehlt da offensichtlich die kriminelle Absicht) vor Gericht gewertet würde, kann ich nicht beurteilen. Aber es ist ja auch nicht auszuschließen, dass das im Regal hinterlegte Geld überhaupt jemals in der Ladenkasse ankommt. Und dann steht man da und hat doch eine erhebliche Erklärungsnot…

Nee, nicht gut. Ich würde das lassen.

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Kommentare

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Bernd am :

Was hat ein Kaufvertrag mit dem Diebstahl zu tun. Ein normaler Dieb muss doch keinen Kaufvertrag eingehen um zu stehlen.

Ich würde es als glatten Diebstahl werten, da das Geld nicht an den Besitzer vom Gegenstand übergeben wurde.

Ansonsten wird folgende Masche auch möglich:
Person A nimmt einen teuren Artikel und legt das Geld dafür ins Regal. Person B wartet bis Person A unbehelligt durch die Kasse kommt und nimmt DANACH das Geld aus dem Regal an sich. Sollte Person A nicht unbehelligt an der Kasse vorbeikommen, hat Person A die Ausrede, dass das Geld im Regal liegt.

-thh am :

"Ein Kaufvertrag, geschlossen entweder schriftlich, mündlich oder sogar auch stillschweigend (wie es im klassischen Einzelhandel an der Kasse unzählige Male täglich passiert) zwischen Käufer und Verkäufer, besteht aus zwei aufeinander bezogenen, inhaltlich korrespondierenden Willenserklärungen, die als Angebot und Annahme bezeichnet werden."

Das ist richtig, aber gar nicht so besonders relevant, weil der Kaufvertrag nur das Verpflichtungsgeschäft darstellt - wer einen Kaufvertrag über die Hefe abschließt, verpflichtet sich als Kunde, sie zu bezahlen, und als Händler, das Eigentum an der Hefe zu übertragen. Das ist aber zunächst eine bloße Verpflichtung; weder ist damit bezahlt, noch ist die Hefe übereignet. Dem Verpflichtungsgeschäft müssen daher zwei Erfüllungsgeschäfte nachfolgen.

"Folglich ist kein Kaufvertrag zustande gekommen und damit dürfte man den Artikel, auch wenn der Gegenwert in Form von Geld zurückgelassen wird, nicht einfach mitnehmen."

Auch mit einem Kaufvertrag dürfte man das grundsätzlich nicht einfach so ... Aber im Ergebnis richtig: man wird nicht von einer Übereignung der Hefe ausgehen können.

"Wie weit das nun als "Diebstahl" (immerhin fehlt da offensichtlich die kriminelle Absicht) vor Gericht gewertet würde, kann ich nicht beurteilen."

Eine "kriminelle Absicht" ist zur Begehung einer Straftat nicht erforderlich. Die Hefe war fremd (weil kein Eigentumsübergang erfolgt ist), sie wurde weggenommen (weil der Gewahrsam des Händlers gebrochen wurde und sie sich nun im Gewahrsam des Kunden befindet), und das Ganze geschah auch in Zueignungsabsicht, um nämlich die Hefe dem eigenen Vermögen hinzuzufügen und über sie wie ein Eigentümer zu verfügen. Auch am Vorsatz bestehen keine ersichtlichen Zweifel; der Kunde wusste ja durchaus, dass er keinen fälligen, einredefreien Anspruch auf die Hefe hatte. Die Hinterlassung des Kaufpreises wäre dann allenfalls tätige Reue ...

In der Praxis ist das natürlich völlig irrelevant, weil sich niemand mit dem Diebstahl einer Hefe für 50 Cent beschäftigen wird, noch weniger, wenn der Kaufpreis am Regel hinterlassen wurde.

Tin am :

Klar ist das ein Diebstahl i.S.d. § 242 StGB.

Wegnahme einer fremden beweglichen Sache (Würfel Hefe) in der Absicht, sich diese rechtswidrig zuzueignen (Hefe für sich verwenden). Auf die Frage, ob man dafür das Geld da lässt, kommt es strafrechtlich überhaupt nicht an - das könnte ja auch zwischendurch ein anderer Kunde mitnehmen.

Beim Diebstahl geht es um Eigentumsverletzungen, nicht um Vermögensschäden.

Klaus am :

Eilig? Lange Schlange? Nur ein Teil aber Geld passend? Frag mal einen der Mitarbeiter.

Als sich am heiligen Abend vormittags die Warteschlangen durch unseren Laden schlängelten, ahbe ich mal einer älteren Dame das Geld für einen Becher Schlagsahne (sie hat extra ein paar Tage früher eingekauft, war an dem Tag extra früh für die frischen Sachen da udn dann fällt ihr beim Kuchen backen der Becher runter...) abgenommen, sie zum Ausgang gebracht und das Geld später, als es ruhiger war, in die Kasse gelegt.
So etwas kann man in dringenden Fällen durchaus mal machen. Zumindest bevor man das Geld einfach so liegen lässt, sollte man das Personal mal nach solchen Optionen fragen.

Tim am :

Naja, da könnte ja jeder Ladendieb irgendwo im Geschäft ein paar Euro deponieren und dann munter drauf los klauen. Falls er dann irgendwann mal erwischt wird kann er entspannt auf das "hinterlegte" Geld verweisen...

Sebastian am :

Joar, im Prinzig richtig.

Der Kaufvertrag ist nur ein Verpflichtungsgeschäft. Der Inhaber verpflichtet sich, das Eigentum an der Hefe zu übergeben, der Käufer verpflichtet sich, das Eigentum am Geld zu übergeben. (Insgesamt drei Verträge).

Der Inhaber hat das Eigentum an der Hefe nicht übergeben, daher liegt eine Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache vor.

Technisch gesehen ist es also objektiv ein Diebstahl, der Kunde könnte aber darüber irren, dass sein Handeln verboten ist. Ob der Irrtum beachtlich ist, würde der Staats- oder Amtsanwalt entscheiden. Wird er aber nicht, weil es sich um eine geringwertige Sache handelt, und die Tat nur auf Antrag des Händlers verfolgt würde.

Und ich kann mir nicht vorstellen, dass - bei den einschlägigen Erfahrungen, die die Händler haben - da ein Antrag gestellt würde (Verfahren würde recht sicher eingestellt werden).

(Zumindest grob dargestellt, das Ganze)

Bronko am :

Natürlich ist das ganze keine gute Idee, aber ich denke nicht, dass es für den Diebstahl reicht.
Zwar gibt es eine Zueignungsabsicht, aber diese Absicht ist ja gerade nicht bewusst rechtswidrig. Sonst würde man ja kein Geld da lassen.
Wenn man mit einem Dritten natürlich das einsammeln des Geldes verabredet hat, wäre die Absicht wieder rechtswidrig.

Evtl eine Unterschlagung? Hier kommt es ja nicht auf die rechtswidrige Absicht an, sondern nur darum das es am Ende eben nicht rechtens war?

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