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Verkehrte Welt

Auf dem Weg zum Kaffeeregal beobachtete ich, dass ein Mann mein Geschäft betrat, den ich aufgrund seiner Erscheinung sofort als "VP", verdächtige Person, einstufte. Ich ging unverzüglich ins Büro und beobachtete ihn über die Videoanlage. Er ging durch unterschiedliche Gänge, ohne irgendwo konkret stehenzubleiben oder bestimmte Produkte genauer anzusehen. Ich schwankte noch zwischen "unschlüssig" und "abchecken", als er plötzlich Kleingeld aus der Tasche zog und dieses nachzählte.

Innerlich atmete ich auf. Wer Geld zählt, klaut meistens dann doch nicht. In dem Moment ging er weiter und direkt auf eine Stammkundin zu, die er auch ansprach. Er hatte sie wohl um etwas Geld gebeten, da sie ihre Tasche öffnete, ihr Portemonnaie herausholte, dort irgendetwas herauskramte und ihm gab. In dem Moment war ich zwar nicht glücklich darüber, dass er hier im Laden meine Kunden anbettelt, aber immerhin hatte er wohl, was mein Geschäft betrifft, bessere Absichten, als ich ihm zunächst unterstellt hatte.

Nun würde er sich irgendetwas kaufen… dachte ich… Aber er ging einfach so aus dem Geschäft. Öööhm, das finde ich nun aber nicht so nett. Er hatte der Frau bestimmt erzählt, dass er hier von dem Geld etwas zu Essen kaufen möchte.

Ich ging direkt auf die Kundin zu und sprach sie an: "Der Mann, der Sie eben angebettelt hat…"

Sie fuhr mich in rüdem Tonfall an: "Er hat nicht gebettelt, sondern nach Geld gefragt. Und ich habe es ihm gegeben."

"Hatte er gesagt, was er damit vor hatte?"

Die Frau setzte den ruppigen Tonfall fort: "Das ist doch unwichtig. Es ist doch seine Entscheidung, was er mit dem Geld macht."

Vielen Dank für diesen giftigen Tonfall mir gegenüber. Jetzt fühlt es sich so an, als wenn ich derjenige bin, der einen Fehler gemacht hat. Hätte die von mir beobachtete Begegnung nicht ausgerechnet hier in meinem Geschäft stattgefunden, hätte ich ohnehin nichts gesagt. Aber ich bin natürlich bemüht, das Einkaufserlebnis meiner Kunden nicht durch irgendwelche Belästigungen durch Dritte trüben zu lassen und wollte nur zeigen, dass ich mich darum aktiv kümmere.

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Kommentare

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Daniel am :

Später kommt die Kundin wieder, dass Sie in deinem Laden bestohlen wurde. Es würde mich nicht wundern, wenn die VP ihr unbemerkt Geld entwendet hätte

Jordi am :

In der Tat, nicht auszuschließen das bei der geschilderten Situation versucht wurde Geldscheine zu entwenden.
Sehr bekannte Diebstahl-Masche hier auf Mallorca und die funktioniert seit Jahrzehnten hier!

Michaels am :

Ich verstehe die Reaktion schon, dein Laden hin oder her - sowas geh dich am Ende trotzdem nichts an, was Kunden unter sich machen. Mich hätte so ne Frage auch genervt und ich hätte mich falsch beobachtet gefühlt. Stärkt mein Empfinden in so einem Laden einzukaufen nicht wirklich. Vor allem dann nicht, wenn die Frage wirklich genau so war.

Joe am :

In der Tat ist es aber so, daß es dich nichts angeht, wenn jemand jemand anderen höflich nach Geld fragt.

Thomas J. am :

Ich denke wenn es der Kundin nicht gepasst hätte dann hätte sie sich sicherlich bei dir oder deinen Kollegen beschwert.
Auch als Marktleiter gibt es einfach gewisse Dinge die einem nichts angehen finde ich.

Klaus am :

Hier würde mich jetzt wirklich interessieren, wie eine dritte Person dies gehört hätte, also ob die Kundin tatsächlich einen giftigen Tonfall angeschlagen hat oder ob sich diese Wahrnehmung deinerseits nur daraus ergibt, dass die erwartete Reaktion (Danke dass sie sich so um ihre Kunden kümmern) nicht mit der tatsächlich erfolgten übereinstimmt.

Nic am :

Du hättest ja auch neutral Fragen können ... "Der Mann, der Sie eben angesprochen hat..."

Hendrik am :

Björn, damit bist du zu weit gegangen. Ich hätte dich, bei allem Verständnis, auch so ruppig angesprochen. Da fühlt man sich doch beobachtet und bevormundet wenn der Marktleiter um die Ecke kommt und einen anquatscht...

Rick am :

Also aus Deiner Perspektive (und mit Deinen Gedankengängen) verstehe ich dich durchaus. Versuche ich mich aber in die Lage der Kundin hineinzuversetzen ... vielleicht hat sie sich von Dir etwas überrumpelt oder (wie andere schon schrieben) beobachtet gefühlt? Ich hätte in dem Moment vielleicht auch etwas patzig reagiert. Und mich dann später vielleicht über meine Reaktion geärgert :-)

Zumal Du ja vermutlich nicht weißt, ob die zwei sich evtl. sogar kennen?

Der eine am :

Wurde ja schon gesagt aber trotzdem: ich kann ihre Reaktion auch verstehen. Es geht Dich schlicht nichts an. Und es geht auch niemanden etwas an was jemand mit Geld das er bekommt macht. Es ist dann seins.

Du hättest eventuell sagen können dass Du zufällig den Vorfall beobachtet hast und nur Fragen wolltest ob er sie belästigt hatt. Aber doch nicht gleich so. Was wenn es jemand aus ihrem Bekanntenkreis ist der sich kurz was von ihr geliehen hat?

DerBanker am :

Die Variante hab ich noch nicht beobachtet. Ich kenn das nur als "Mir fehlen 50c für die Fahrkarte..."

andreas am :

Sorry, aber da hätte ich wahrscheinlich auch unfreundlich reagiert - das ist genau die Form von Überwachung, die unsere Regierung ja gerne überall hätte:

Ich als normaler Kunde werde in Deinem Laden beobachtet und mein Handeln bewertet, auch wenn ich selbst mich weder auffällig verhalte noch sonstwas verwerfliches tue. Für mich wäre das ein Denkanstoß, zukünftig lieber irgendwo hinzugehen, wo hoffentlich nicht jeder Schritt und jedes Gespräch aufgezeichnet und ausgewertet wird.

spargelstecher am :

Björn kommen eben im zwischenmenschlichen Bereich mitunter Tausende Geisterfahrer entgegen. Davon lebt ja zum größtenteil auch dieses Blog.

sarc am :

Ich hätt da auch giftig reagiert. Wenn ich mich dazu entscheide, jemandem Geld zu geben (warum auch immer), dann ist das meine Entscheidung. Wenn mich da dann jemand drauf anspricht, gewinnt man im Zweifel noch den Eindruck, dass man für eben diese Entscheidung getadelt wird.

Davon mal abgesehen: Was bringt es der Kundin, wenn sie jetzt weiß, dass sie möglicherweise belogen wurde? Außer Ärger (und dem Verlust des Gefühls einer guten Tat) ja wohl gar nix.

Zu guter Letzt gibt es denke ich genug Leute, die es nicht mögen, darauf hingewiesen zu werden, dass sie beobachtet werden.

Daniela H. am :

SIE HABEN MICH BESTIMMT NUR WEGEN MEINER BRÜSTE HEIMLICH BEOBACHTET! ICH WERDE MICH BEI IHREM VORGESETZTEN BESCHWEREN!!!

pate am :

Der Mann kam rein, suchte seine Frau, holte sich eine Parkmünze und wartete dann im Auto.

Hannes am :

Ich wäre auch eher genervt wenn jemand um die Ecke käme und mir diese Fragen stellen.
Klar, einerseits nett, wenn man sich um die Kunden kümmert, aber andererseits ist es doch wirklich egal was der Herr mit dem Geld machen möchte. Unangebrachtes nachfragen finde ich eher peinlich.

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