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Langer Lebenslauf, kurzer Job

Anfang des Jahres brauchten wir für den Markt in der Münchener Straße unbedingt neues Personal. Nicht nur ein paar Aushilfen, sondern sogar Leute mit Verantwortung, denen man auch administrative Aufgaben und langfristig auch den Ladenschlüssel anvertrauen kann. Unter anderem hatte sich eine junge Frau beworben, bei der eigentlich alles top war: Gelernte Einzelhändlerin, super Zeugnis, nett und freundlich – wir waren uns sofort einig, dass wir sie zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssten. Da gab es nur einen ganz dicken Wermutstropfen: Ihr Lebenslauf. In vierzehn Jahren wären wir nun ihr sechzehnter (!) Arbeitgeber. Zu Anfang meiner Selbstständigkeit hätte ich sowas schulterzuckend hingenommen, kann doch schließlich passieren und die unterschiedlichsten Gründe haben, warum man häufiger den Job wechselt.

Heute sehe ich das anders. Ich will nicht ausschließen, dass es auch vereinzelte Ausnahmen gibt, aber mit meinen über 16 Jahren Erfahrung als Arbeitgeber kann ich ziemlich sicher sagen, dass sich Mitarbeiter, die einen solchen beruflichen Lebenswandel vorzuweisen haben, sich nicht plötzlich nur dadurch gänzlich ändern, dass sie bei mir arbeiten. Aller Warnungen zum Trotz luden wir die Bewerberin nicht nur, sondern stellten sie auch zum ersten Januar dieses Jahres als Vollzeitkraft ein.

In der ersten Woche arbeitete sie richtig gut mit. Sie nahm alles an, was wir hier an Informationen gaben und auch von den Kunden kamen positive Stimmen über die nette neue Kollegin. In der Folgewoche war die schon durchgängig krankgeschrieben. Bei anderen Arbeitgebern (und normalerweise auch bei mir) wäre das schon das Aus für den Job gewesen. Aber noch einmal hörten wir nicht auf die Warnhinweise unserer kleinen inneren Stimmen, die laut brüllten.
Am Montag (16. Januar) war die Kollegin wieder da, am Dienstag kam sie unentschuldigt nicht zur Arbeit. Dieses unentschuldigte Fehlen war für uns der Anlass, ihr Arbeitsverhältnis dann doch noch innerhalb der Probezeit zum 11. Februar zu kündigen. Vom Mittwoch bis zum Ende der Zeit bei uns war sie dann nur noch krankgeschrieben und kassierte für die elf Tage im Februar noch ihren Anteil der Lohnfortzahlung. In den ersten vier Wochen eines Beschäftigungsverhältnisses existiert dieser Anspruch glücklicherweise nicht, so dass sie im Januar tatsächlich nur die eine Woche und zwei (buchhalterisch) gearbeitete Tage von mir bezahlt bekommen hat.

Der/Die nächste Bewerber/in mit so einer bewegten Vergangenheit wird erst gar keine Chance von uns bekommen. Das steht jetzt definitiv fest. :-(


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Kommentare

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Klaus am :

Warum Kündigung zum 11.02.? In der Probezeit und gerade bei unentschuldigtem Fernbleiben... könntest Du da nicht auch fristlos?

krampf am :

Nein, kann er nicht. Auch in der Probezeit gibt es Kündigungsfristen. Fristlose Kündigung führt nur zu einer Kündigungsschutzklage, da zahlt Björn in der ersten Instanz seine Kosten selbst wenn die Klage verloren geht aus eigener Tasche. Dann lieber noch die zwei Wochen den Lohn zahlen und seine Ruhe haben denke ich.

Max am :

mich beschäftigt viel mehr die Frage, warum deine Kündigungsfrist in der Probezeit so lang ist. Im Regelfall wird in der Probezeit eine Frist von zwei Wochen ohne festes Ende vereinbart, so dass am 31. hätte Schluss sein können. Handhabst du das anders?

Rumpel am :

Ich hab das so gelesen dass nur ein Tag unentschuldigt war.

Auch in der Probezeit gibt es eine Kündigungsfrist.

Sascha am :

Ich denke, dass ist einfach eine Abwägung, was einem wichtiger ist. Bei einer fristlosen Kündigung könnte noch juristischer Streit folgen. Eventuell ist ihm das Geld den Stress nicht wert.

0815 am :

Mit einer fristlosen KÜ eröffnet man als Arbeitgeber evtl. eine Klagemöglichkeit zum Arbeitsgericht, sodass man vielleicht günstiger zum Probezeitende kündigt.

Johannes am :

Sehr schade, gerade wenn man versucht gegen allgemeine Vorurteile zu handeln.
Nur Schade für die nächste Bewerberin, die tatsächlich nur etwas VorschussVertrauen bräuchte.....aber die Entscheidung ist komplett nachvollziehbar.

frager am :

Wieviel / ab wann zahlt eigentlich die Krankenkasse im Krankheitsfall und was zahlt der Arbeitgeber?

Konstantin am :

Schade...kennst du die Hintergründe des Fehlens? Einfach nur Faulheit? Oder eine Erkrankung wie z. B. Allergien oder Neurodermitis? Ich kenne selbst so einen Fall, da kann es sein, dass man morgens aufwacht und kann einfach nicht arbeiten gehen weil Haut oder Nase nicht mitmachen. Die Sache mit dem unentschuldigt fernbleiben ist dann natürlich trotzdem nicht entschuldbar! Aber verstehen bzw. nachvollziehen kann ich so einen Lebenslauf schon.

Georg am :

Wie hat diese Frau denn ihre Ausbildung als Einzelhändlerin zuwege gebracht??? :-O

Rumpel am :

Es gibt Leute die schummeln sich überall durch.

Ich hab nun schon mehrere Azubis zum Fi-Si irgendwelcher Träger gehabt, die hatten 6 Monate vor Ende der Ausbildung absolut keinerlei Plan von IT....

der Steve am :

Ich gebe den Leuten eine Chance, wenn sie diese haben möchten. Das ist meine soziale Verantwortung und mein guter Wille. Das ist bei mir unabhängig von Erfahrungen mit anderen Arbeitnehmern. Ich habe noch nie zwei Menschen erlebt, die genau gleich sind. Krankheit ist für mich da kein Argument, auch nicht, ob jemand schon viele Jobs hatte, denn das kann, wie du schon schreibst, tausende Gründe haben.

Den Ärger kann ich indessen nachvollziehen. Du hast die Anstellung ja nicht vergeben, weil du gerade nichts besseres zu tun hattest. Aber irgendwas ist ja immer. :-)

Habt ihr denn nochmal ein klärendes Gespräch gesucht oder geführt?

Raoul am :

Schade. Wahrscheinlich drogensüchtig.

matthiasausk am :

Genau dafür gibt es ja die Probezeit.

(Die wollte nur ins Blog.)

Monimon am :

Einerseits wirkt es ja schon etwas drastisch, wenn man bei Nichterscheinen sofort eine Kündigung in die Hand gedrückt bekommt. Es gibt ja doch Situationen (die man keinem wünscht, aber sie existieren halt), in denen der Anruf beim Arbeitgeber einfach das letzte ist, woran man in dem Moment denkt.
Es kommt auch vor, dass man sich tatsächlich nach ein paar Tagen im neuen Job eine langwierige Erkrankung/Verletzung einfängt (oder eine Serie davon), und erstmal wochenlang krankgeschrieben ist. (Eine Freundin von mir hatte das kürzlich. Bänderriss, dann Blasenentzündung, dann vereiterter Weisheitszahn,... es war ihr selbst schon echt peinlich, aber sie konnte halt nichts dagegen tun...)

Andererseits scheint es sich ja hier aber um keinen dieser Fälle gehandelt zu haben, denn sonst hätte besagte Mitarbeiterin sich ja wahrscheinlich gemeldet und die Sache aufgeklärt.
Und die anschließende Krankschreibung für den Rest der Frist ist in solchen Fällen leider auch typisch... :-(

Rumpel am :

Mein vorheriger Chef hatte mich damals bei der Kündigung in der Probezeit einfach bezahlt freigestellt für den Rest der Kündigungsfrist.

War praktisch, Vertrag bei der neuen Firma stand bereits, und da konnte man endlich mal wieder produktiv arbeiten und nicht mit diesem Pointy Haired Boss verschnitt mit "Leicht mehr Ahnung vom Thema" als PHB

fluxxi am :

So eine Bewerberin hatte ich unlängst auch. 17 Arbeitgeber in 16 Jahren, von denen sie auch noch 2 Jahre am Stück arbeitslos war.
Dazu ganze 4 Zeugnisse mitgeschickt, auf die sie auch besser hätte verzichten sollen.
Ich geb ja gerne Leuten eine Chance, aber hier kann man sich das Ergebnis an einem Finger abzählen. :-(

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