Zottelig und voller Panik
Andreas hat mir geschrieben:
Mein Tipp an Andreas: Wenn er einen Stammladen hat und sich sein Problem von der Seele reden möchte, einfach mal das Personal ansprechen und zumindest das Telefonier-Phänomen erläutern. Wir haben hier auch viele "schräge" Leute dabei, aber deswegen sind es trotztem gute Kunden. In allen anderen Länden kann es Andreas ja schnurzpiepegal sein, was die Mitarbeiter denken. Falls nicht gerade einer dabei ist, der jeden Quark in sein Blog schreibt, haben die Mitarbeiter das spätestens am nächsten Tag schon wieder vergessen…
Seit einer Weile des Blog-Lesens stelle ich mir eine Frage und vielleicht magst Du die ja beantworten:Natürlich fällt man mit gewissen Merkmalen in bestimmten Umgebungen schon auf, aber solange das eigene Gewissen rein ist, braucht man sich doch keine Sorgen zu machen.
Nach einem schweren Unfallerlebnis habe ich wirklich massive soziale Ängste. Ich weiß nicht warum das so ist, denn mit dem Unfallhergang hat das eigentlich rein gar nichts zu tun. Aber es ist wirklich erst seitdem "da".
Konkrekt schaut das so aus, dass ich im Supermarkt an der Kasse (wenn durch die Schlange hinter mir alle Augen auf mich gerichtet sind) massiv anfange zu zittern. Aber so richtig massiv!
Dazu kommt noch, dass ich nun nicht wirklich nach "Kohle" aussehe, als fest angestellter Programmierer (und nebenbei zusätzlich auch noch selbstständiger Entwickler) sehe ich wohl für viele eher so ähm... "alternativ" aus, obwohl ich durch meine viele Arbeit wirklich genug Geld verdiene, zumindest soviel das ich mir jederzeit alles problemlos kaufen kann/könnte auf das ich halt so gerade Lust habe. Oder genauer gesagt: ich verdiene sogar ziemlich gut im Vergleich zu vielen anderen Menschen und die Kaufkraft wäre durchaus da...
Vor allem seitdem ich Deinen Blog kenne frage ich mich einfach wie das bei euch Verkäufern ankommt, wenn da so ein verzottelter Typi steht, der an der Kasse massiv am zittern ist...
Ich habe da immer voll die Angst, dass die Verkäufer(-innen) denken könnten das ich irgendwas eingesteckt hätte, keine Kohle hab.... Sobald da nur die kleinste Schlange hinter mir ist greife ich zum Handy und telefoniere einfach mit irgendwem um mich beim Einkauf nicht so alleine zu fühlen (und da habe ich eben auch gelesen, dass Ihr Verkäufer nicht verstehen könnt warum jemand unbedingt an der Kasse telefonieren muss - aber es ist meine einzige Chance das heftige Zittern zumindest halbwegs in den Griff zu kriegen).
Mittlerweile befürchte ich einfach, dass die MA im Markt denken das ich so ein Klau-Rabe wäre, aufgrund meines seltsamen Verhaltens. Ich meine, ich kann des ja auch nachvollziehen, aber ich frage mich einfach wie könnte ich damit einfach "offen" umgehen, um eben nicht als Langfinger zu gelten? Wie siehst Du das mit so "Problemfällen" wie mir?
Seid Ihr Verkäufer auf solche Fälle geschult? Oder kann ich da vielleicht durchaus selbst irgendetwas "besser" machen? Mein Problem im Markt "einfach" ansprechen?
Mein Tipp an Andreas: Wenn er einen Stammladen hat und sich sein Problem von der Seele reden möchte, einfach mal das Personal ansprechen und zumindest das Telefonier-Phänomen erläutern. Wir haben hier auch viele "schräge" Leute dabei, aber deswegen sind es trotztem gute Kunden. In allen anderen Länden kann es Andreas ja schnurzpiepegal sein, was die Mitarbeiter denken. Falls nicht gerade einer dabei ist, der jeden Quark in sein Blog schreibt, haben die Mitarbeiter das spätestens am nächsten Tag schon wieder vergessen…
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Kommentare
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Richard am :
So richtig habe ich das noch nicht verstanden, daher frage ich mal nach.
Das hat ja mit dem Supermarkt direkt nichts zu tun, oder?
Es geht wohl darum, dass einige (mehrere / viele) Menschen möglicherweise auf die Personen in ihrer Warteschlange schauen.
Das wäre dann im Kino, in der S-Bahn, eigentlich überall im öffentlichen Raum so.
Sehe ich das richtig?
Fritz am :
> http://www.youtube.com/watch?v=TRFa6e63-iY
bringt das ziemlich gut auf den Punkt, und Louis CK ist immer toll.
Ich habe das selbe Problem in stark abgeschwächter Art, ich fange nicht an zu zittern und bin nicht zottelig, aber ich habe stets beim Einkaufen das Gefühl, dass andere Leute darüber urteilen, was ich kaufe (und auch ich fürchte oft, dass die Ladendetektive mich verdächtigen könnten, weil ich unentschlossen herumgehe - ich bin zu ungeplant, um mir vorher zu überlegen, was ich kaufen will). Ich gehe dabei so weit, zu überlegen, was ich jetzt kaufe da ich weiß, dass die Schlange sich nur langsam bewegt und die Leute länger auf meine Waren gucken werden und über mich urteilen könnten. Dank der Selbstständigkeit im selben Bereich wie Andreas kann ich die Zeit frei wählen und nutze daher die Zeitfenster in denen die Läden im Allgemeinen leer sind.
Besonders schlimm ist das bei manchen Kassierern, die meide ich regelrecht und wenn ich sehe, dass nur eine Kasse offen ist und da einer sitzt, der mich immer komisch anguckt, wenn ich irgendwas bestimmtes kaufe, dann gehe ich die paar hundert Meter zum nächsten Supermarkt.
Ich unterstelle allen Kassierern, dass sie sich merken können, was ich wann gekauft habe (und rechne ihre Blicke dann verschiedenen Urteilen zu: Mitleid, Verachtung, Verwunderung). Das ist höchstvermutlich Unsinn, weder können sie, noch interessiert es sie. Aber da ich in dem mir nahegelegenen Supermärkten immer wieder die selben Personen sehe und beiläufig im Kopf regelrechte Einkaufsprofile erstelle und mich dann frage, wieso jemand drei mal Kaffeesahne kauft, wenn ich ihn erst vorgestern sah wie er zwei Pakete kaufte, dann vermute ich, dass anderen mein Einkaufsverhalten ebenso auffällt und sie es ebenso hinterfragen.
Ich mag keine Aufmerksamkeit, ich will nicht im Mittelpunkt stehen, und dem Fragenden geht es offenbar ähnlich. Ich bewege mich in Foren und auf Webseiten unter falschem Namen oder so abgekürzt, dass der Nick keinen Rückschluss auf meinen tatsächlichen Namen zulässt, da ich nicht will, dass jemand meinen Namen googlet und alles findet, was ich schreibe. Dabei sei gesagt, es ist nicht mal peinlich, es sind keine Fetisch-Sex-Geschichten, sondern langweilige Beiträge in technischen Foren, wo ich anderen Leuten helfe. Und dennoch bevorzuge ich dabei die Anonymität. Wenn jemand Mission-Impossible-Masken zum selbstausdrucken für wenige Cent erfindet, werde ich ein bereitwilliger Käufer sein.
Kalle am :
the other one am :
Ich kann mir das gar nicht so richtig vorstellen, aber selbst wenn ich es nur versuche, dann "fühlt" sich das schon richtig übel an.
Das muss sich bei mir erstmal setzen.
Danke für deine Hilfe.
Fritz am :
Mit zunehmendem Alter merke ich immer wieder: mensch, wir sind doch nicht alle gleich wie man mir erzählt hat, jeder hat da so seine eigenen Eigenheiten. Deshalb lese ich so gerne Blogs aus dem Leben anderer Menschen, um mitzubekommen, was sie bewegt und so weiter.
Und im Umgang miteinander fallen die Unterschiede natürlich besonders auf. Ich bin jedes mal schwer versucht, grundsätzliche Vorträge zu beginnen wenn ich jemanden sehe, der an der Supermarktkasse seine Cola-Flaschen auf's Band stellt, anstatt sie hinzulegen. Dann ist praktisch garantiert, dass sie umfallen wenn das Band anfährt und stoppt, was ihn oder sie dann wieder über alle Maßen überrascht und zu sprunghaften Rettungsaktionen führt. Da stehe ich dann fassungslos daneben und denke mir: da steht ein etwa vierzigjähriger Mensch vor dir, und _das_ überrascht ihn. Was hat der in seinem Leben bisher getan?
Aber natürlich weiß ich: ich wirke auf andere auch komisch, wenn ich den Kundentrenner mittig und im rechten Winkel zu den Laufbandrändern ausrichte oder meine Einkäufe auf dem Band nach Warenwert sortiere.
Übrigens: von "meinesgleichen" gibt es mehr als man vermutet, glaube ich, denn ich merke auch bei vielen anderen bestimmte Verhaltensweisen. Sei es, dass sie an den vorderen und hinteren Warentrennern regelrechte Grenztürme erbauen, damit bloß nichts hinüberrutscht, sei es, dass manche Leute ihre Waren nach Gewicht oder Packungsvolumen sortiert auf's Laufband legen oder dass sie zwischen ihren Produkten zu allen Seiten immer bestimmte Mindestabstände einhalten, wenn sie sie auf's Band legen. Wenn man einmal sensibilisiert ist für sowas, fällt es umso mehr auf.
Im Gegensatz zum Fragensteller habe ich aber kein allzugroßes Problem damit, denn ich habe viel Auswahl, Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, alles in der Nähe. Aldi wähle ich nur im Notfall, weil die stets unterbesetzt sind und daher lange Schlangen normal sind. Lidl hat die höchste Kassierer/in-Fluktuation, weil da offenbar rotiert wird, also wer heute kassiert, räumt (zumindest hier) nächstes mal Regale ein und kassiert übermorgen wieder. Der Edeka-Franchise-Markt bei mir ist groß genug, 9 Kassen zu haben und aufmerksame Mitarbeiter rufen zur Öffnung weiterer Kassen auf, sobald sich irgendwo die Einkäufer über die Laufbandlänge hinaus stauen, d.h. dort sind immer 3 oder mehr Kassen offen und ich kann auswählen. Ich bemühe mich, die Kassierer abzuwechseln.
Ich bezahle übrigens meine Einkäufe immer mit Scheinen, um keinen Ärger zu erregen (den ich auch selbst empfinde und daher anderen unterstelle, wenn jemand nach Cents gräbt und Zeit verbraucht) und möglichst schnell zu sein (mein Schein, der immer ausreicht, ist schon vorher von senien Brüdern getrennt worden und wartet in meiner Hosentasche, während der Kassierer scannt, packe ich ein und überreiche den Schein sobald er durch ist. Ich stöhne innerlich wann immer irgendeine Frau mit riesigem Portemonnaie dort steht und selbiges in einer Hand hält, während sie mit der anderen versucht, ihre Tüten zu füllen und dann erst nach dem Bezahlen anfängt, beidhändig zu arbeiten...).
Dafür gebe ich dann einmal im Jahr das "Kleingeld" bei meiner Bank ab und freue mich über den Betrag, der mir gutgeschrieben wird. Unnötig zu erwähnen, dass ich glücklicher wäre, hätten sie einen Automaten für Kleingeld. Das zählen und Rollen empfinde ich nicht als störend, aber jemandem die Rollen zu übergeben, der mich dann fragt "Was haben Sie gezählt?" und mich an die Zahl zu erinnern (kein Problem, aber natürlich werde ich dann unsicher, ich will nichts falsches sagen, damit niemand denkt, ich will die Bank über's Ohr hauen) die ich zuhause sicher ein halbes Dutzend mal herausbekommen haben, als ich die Rollen zählte.
In meiner Stammfiliale (die in einer gehobenen Wohngegend liegt) werde ich nicht nach meiner Bankkarte gefragt um meine Kontonummer zu verifizieren, auch wenn ich den Mitarbeiter selbst nicht kenne. In einer anderen Filiale wurde jede einzelne Rolle mit meiner Kontonummer verglichen. Das war mir persönlich viel angenehmer, da damit die Sorge praktisch ausgeschlossen ist, dass ich irgendwo einen Zahlendreher gemacht haben könnte.
Und falls ich den gemacht habe, habe ich vielleicht aus Versehen beim Rollen zwei Münzen fallen lassen, sodass in dem 40*50cent-Röllchen nur 19 Euro sind, und wenn dann noch die Kontonummer falsch ist, könnte mir jemand unterstellen, das vorsätzlich getan zu haben. Ja, ich weiß, dass die Idee dämlich ist, und ich bin sicher, ich könnte jeden möglichen Unsinn mit den Rollen treiben und meine Bank würde nicht mal zwinkern, denn ich habe auf meinem Geldmarktkonto immer eine mittlere fünfstellige Summe, aber dennoch zwingt sich mir die Furcht auf, es könnte auch nur der Kerl an der Kasse denken, ich habe die Bank über's Ohr hauen wollen.
Bevor die Frage auftaucht: ja, ich bin in neurologischer/psychiatrischer Behandlung, allerdings medikamentös nur wegen Depressionen behandelt, da meine sozialen Ängste mich recht erträglich behindern und mein Arzt konservativ ist: je weniger Medikamente rumpfuschen, umso besser.
Leuten, die sich teilweise wiedererkennen, kann ich nur raten, mit einem Arzt zu sprechen: es hilft.
Und danke für's Lesen
Es tut gut, sich das von der Seele zu schreiben. Wenn's noch dazu vielleicht Extraverständnis für Betroffene gibt, umso besser.
... und natürlich ist Fritz nicht mal mein wirklicher Vorname, den ich geheimhalte aus der vollkommen unbegründeten Sorge, einer meiner Freunde könnte diesen Beitrag und die Kommentare lesen und durch meinen Vornamen und manche Eigenschaften darauf kommen, dass ich es war
the other one am :
Ich kann das nicht mal ansatzweise nachvollziehen.
@ Fritz
Freundin? Lebenspartnerin? Frau? Kinder? Eigene Familie?
Geht das?
Ich muss noch viel mehr lesen und lernen.
Manchmal ärgere ich mich unendlich, aber wenn ich deine Kommentare lese stelle ich fest: Mir geht es supergut.
Fritz am :
Sie schätzt allerdings, dass ich auch nach zwei Jahren noch sagen kann "das letzte mal als wir in diesem Restaurant waren, hat die Kellnerin dich überzeugt, zu den Kalamari die gebratenen Kartoffelviertel statt der Pommes Frites zu nehmen und Du hast sie später als zu ölig empfunden." und meine generelle Aufmerksamkeit. Geschenke sind stets passend, weil ihre Bemerkungen und besonders Beschwerden sich mir in's Hirn einbrennen und ich nach Lösungen suche. So interpretiere ich auch leisteste Kritik und versuche mich zu ändern -- wobei das sehr stark auf die Person ankommt. Bei Menschen, die mir nicht nahestehen, verpufft Kritik an mir komplett, wenn ich sie nicht für rational befinde.
Ich vermute, dass, da ich mir meiner speziellen Situation bewusst bin, ich erstens sehr leicht zu beglücken bin und zweitens sehr großes Interesse daran habe, mir wichtige Menschen zufrieden zu stellen, dieses eine Rolle spielt. Ich scheue quasi keine Kosten (und dank meiner Veranlagung für den ergriffenen Beruf fällt es mir leicht, das dafür nötige Geld zu verdienen) um meiner Familie Wohltaten angedeihen zu lassen.
Kinder sind (noch?) nicht im Bilde.
Ich bin überaus umgänglich, wie es in Filmen immer heißt "everyone loved him", komme gut mit Kindern zurecht und auch mit alten Menschen. Ich habe keine Haustiere, aber der Kater meiner Nachbarn besucht mich regelmäßig, um Futter zu verlangen und eine Streicheleinheit zu fordern und ich genieße seine Besuche!
Ich bin naturgemäß ein guter Lügner geworden, die wenigsten Menschen wissen von meinen Phobien und Zwängen, nur die aller-aller-engsten Freunde wissen Bescheid. Meine Eltern haben keine Idee und mein geschäftliches Umfeld richte ich so ein, dass ich nicht in die Verlegenheit komme, Dinge zu tun, die ich nicht mag (zum Beispiel vermeide ich Reisen ... für einen zwei Tages-Trip in eine zwei Stunden entfernte Stadt stehe ich mit einem für alle Eventualitäten eines einwöchigem Aufenthalt gerüstetem Koffer mindestens 45 Minuten vor Einfahrt des Zuges am Bahngleis. Zu dem Zeitpunkt habe ich mit Sicherheit fünf mal zuhause mein Gepäck auf Vollständigkeit überprüft und unterwegs mehrfach die Wagen- und Sitznummern kontrolliert. Unabhängig von Ansagen oder Anzeigen wende ich mich pauschal an die Auskunft, um zu erfahren, ob es irgendwelche Änderungen im Fahrplan meines Zuges gibt.)
Ich nehme meine "Störungen" bewusst war, ich weiß, dass ich von der Norm abweiche und in welchen Bereichen und inwiefern, aber ich kann es nicht einfach so ändern. Im Notfall kann "normal" scheinen, aber wenn möglich gestalte ich die Dinge nach meinen Bedingungen.
Ja, natürlich, das Leben könnte einfacher sein, aber im großen und ganzen bin ich zufrieden: es könnte schlimmer sein.
the other one am :
Ok, ab diesem Zeitpunkt kann ich mich aus dem Gespräch abmelden. Das kann ich ganz sicher nicht mehr nachvollziehen.
Das kommt schon langsam in die Nähe, wenn mir ein von Geburt an blinder Mensch einen Vortrag über Farben hält.
Kein Vorwurf und auch keine Kritik, aber da sind meine Grenzen erreicht.
aufrechtgehn am :
... ich habe selbst mal über mehrere Jahre nebenher stundenweise an der Kasse gejobbt und ich habe zwar nicht aktiv darauf geachtet, wer was einkauft, aber über die Zeit sind mir trotzdem unweigerlich verschiedene Kundenprofile am Einkauf aufgefallen. Ich musste manchmal schon gar nicht mehr aufschauen, um zu wissen, welcher Kundentyp gerade vor mir steht.
Zum Beispiel: Sheeba in allen möglichen Sorten, Putenherzen plus eine kleine Packung billiges Weißbrot - die verwitwete Sozialrentnerin, die lieber selbst hungert, damit sie für die geliebte Katze nur das Beste kaufen kann.
Fünf bis zehn Flaschen billiger Schnaps, Dosenwurst und billiges Brot - der osteuropäische Bauarbeiter.
Eine bunte Auswahl von Marken-Tiefkühl-Fertiggerichten, teurer Rotwein - der gutverdienende Selbstständige mit viel Geld und wenig Zeit.
Und ich hätte Dir auch sagen können, wer von den Stammkunden mit großer Wahrscheinlichkeit Alkoholiker ist.
Und natürlich offenbart mich mein eigener Standardeinkauf unweigerlich als kochfaul und verfressen, und ich gehe ebenfalls davon aus, dass die Kassenkräfte in meinen Stammläden mich genau so einschätzen. Insofern kann ich Deine Phobie ein bisschen nachvollziehen, auch wenn ich - Gott sei Dank - bislang noch nicht darunter leide.
Zumal es natürlich einen Unterschied macht, ob man, wie ich damals, den Kassenjob einen Tag die Woche nebenher macht und ohnehin gerne Menschen beobachtet oder ob man das Vollzeit macht, jeden Tag hunderte von Kunden durchschiebt und hauptsächlich damit beschäftigt ist, selbst den Tag zu überleben - dann ist einem das nämlich, wie ich aus Unterhaltungen mit meinen Kolleginnen von damals weiß, ziemlich egal. Und selbst ich habe mich ja nicht spezifisch für den einzelnen Kunden interessiert, sondern mir sind einfach nur diese Muster aufgefallen. Und auch das nicht im Sinne einer "Verurteilung" des einzelnen Kunden, sondern aus Beobachtungsinteresse, welche verschiedenen Typen von Menschen es gibt.
Ich kenne das, was Louis C.K. da so lustig beschreibt, natürlich auch aus beiden Perspektiven - diese Woche erst habe ich in meinem Stammsupermarkt mehrere Minuten lang den Betrieb aufgehalten, weil nacheinander meine ec- und meine Kreditkarte nicht gingen, und musste bei dem Gedanken innerlich lachen, was ich jetzt gerade denken würde, wenn ich der Kunde in der Schlange hinter mir wäre...
Ich selbst habe eine milde, über die Jahre aber schleichend stärker werdende Telefonphobie, was langsam auch schon im Job problematisch wird, weil ich da halt manchmal auch telefonieren muss und das gerne ewig lange vor mir her schiebe.... ich weiß also auch, dass ein "kann Dir doch egal sein, was andere vielleicht oder vielleicht nicht über Dich denken" nicht hilfreich ist.
Ich wünsch Dir daher einfach viel Kraft, mit Deiner Phobie umzugehen und danke Dir für Deine Offenheit - aus meiner Coming-Out-Phase als schwuler Mann weiß ich, wie unheimlich hilfreich es ist, zu wissen, man ist nicht der Einzige auf der Welt, es gibt noch Andere. Und selbst für diejenigen, die selbst nicht betroffen sind, kann es hilfreich für das Verständnis sein.
Spätleser am :
Ja logisch!
Die BWLer fahren Taxi oder verkaufen Fritten.
Psychiater, Psychologen und Therapeuten sitzen an der Supermarktkasse.
Und ausgebildete Nilpferdpfleger machen den Schwimmunterricht am Frauenbadetag.
Wir haben das hier in Deutschland alles voll im Griff.
Wildmieze am :
Aus meiner Sicht als Kassiererin:
Ich fand immer die Typen auffälliger, die betont cool an der Kasse vorbeispaziert sind .. wenn jemand direkt an der Kasse angefangen hätte zu zittern, hätte ich vermutlich gedacht, es ist irgend eine Krankheit. Gefragt hätte ich danach nicht. Ich habe mich einmal erkundigt, wie es einer schwangeren Kundin geht, und die war gar nicht schwanger. Sie was stinksauer, und ich wär am liebsten im Boden versunken *lach*
Aus meiner Sicht als Sozialphobikerin:
Naja, ich hab erstmal versucht, nicht mehr alleine einzukaufen. Geht natürlich nicht immer ..
.. zusätzlich hat mir geholfen, wenn ich mich während des Schlangestehens auf irgendetwas konzentriert habe. Manchmal habe ich im Kopf ein Lied gesunden, manchmal habe ich über Reisen in (annähernder) Lichtgeschwindigkeit nachgedacht, oder auch mal etwas aus den Einkäufen des Kunden hinter oder vor mir gekocht. Hauptsache, die Zeit geht schneller rum und ich fange nicht an mit der Fußspitze zu zappeln, als würde ich mit einem Fuß ne Double Bass bedienen wollen. Das war mein "Zeichen", und ich habe mir Blicke und Kommentare von Leuten eingefangen, die meinten, ich würde sie hetzen wollen. War nicht schön.
Mittlerweile isses übrigens fast weg. Ich mag immer noch keine Schlangen (oder Menschenmengen, oder leere Plätze, oder oder ..), aber es geht. Vielleicht ist es einfach nur hinter den stärkeren Phobien verblasst, oder ich habe Glück, daß es bei mir besser wird, je älter ich werde, soll ja ab und an passieren ..
.. ansonsten .. ich hatte mal einen Bekannten, der in Streßsituationen einen Tick bekam, sein Kopf zuckte dann leicht zur Seite. Der murmelte dann bei solchen Begebenheiten gerne mal "ach mann, scheiß Tourette" vor sich hin. Nein, es war kein Tourette. Aber die fragenden Augen der Umherstehenden waren immerhin weg. Andreas könnte das mit Parkinson machen .. Gut, würd ich Stammsupermarkt lassen, und in anderen Märkten wird Dir wohl die Oma hinter Dir erzählen, wie sehr ihr Ludwig unter derselben Krankheit gelitten hat, aber hey, die freut sich auch, daß sie mal was erzählen kann, und die Zeit geht schneller rum *lach*
Mithi am :
Luci am :
Erklärbär™ am :
Also antworte kurz und bündig mit "Ja" und fertig.
Felix am :
Daher kann ich mir das aussuchen, ob ich antworte oder nicht. Und meine Antwort kann ich dann auch frei wählen.
Das wäre ja noch schöner, dass ich mein Verhalten irgendwelchen fremden Richtlinien anpassen müsste.
Erklärbär™ am :
Glücklich?
Felix am :
Du musst dir mal die Kolosse hier hinter den Kassen anschauen. Die sehen alle aus wie Stewardessen von Lufthansa Cargo.
Schaf Nase am :
Die Kassierein selbst wird es in der Tat eher nicht interessieren. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man eine negative Anmerkung zu seinem Einkauf macht, diese sorgfältig notiert wird. Ich denke dass diese Aufzeichnungen auch weitergegeben und ausgewertet werden.
FlyingT am :
Warum kleidet man sich so, wenn man sich damit nicht wohlfühlt?
Es wäre doch am einfachsten sich ein schickes Hemd und ne ordentliche Hose zu zulegen und nach "der dicken Kohle" beim Einkaufen aussehen.
Tim Landscheidt am :
eli am :
Walter am :
Rollo am :
Manchmal habe ich Glück und auch die Kassiererin sieht es nicht. Wenn der Scanner beim rüberschieben der Hackfleischtüte dann "piep" macht, zahle ich nur die Kondome oder nur das Gehackte. Klappt aber nicht immer.
Conrad am :
Ich möchte ziemlich sicher erst gar nicht wissen was Du mit dieser Kombi machst.
Rollo am :
Was ich dann damit mache, DAS möchtest Du ziemlich sicher erst gar nicht wissen.
Conrad am :
Aber lasse sie vorher wenigstens ein bisschen abkühlen.
Rollo am :
Conrad am :
Ich trage immer sieben Kondome übereinander und habe eine Nasenklemme.
Ich kann den Geruch von verbranntem Gummi nicht leiden.
Paul am :
Conrad am :
Da ist man gerade eingeschlafen und 30 Minuten später wird man von dem Geschrei wach.
#6.1 Rollo on 2013-11-02 21:27 (Reply) am :
Trollo am :
Lina am :
Ganz ehrlich, ich nehme lieber zehn telefonierende, zitternde Kunden als einen, der mich wegen irgendeiner Kleinigkeit anschnauzt oder eine Handvoll Kleingeld aufs Kassenband schmeisst, obwohl ich schon längst die Hand aufhalte.