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Meine eigene Zeugnisanfechtung

Habe am Wochenende meinen Ordner mit sämtlichen Zeugnissen (von der ersten Klasse bis zu meinen letzten eigenen Arbeitszeugnissen) durchgeblättert. Dabei fiel mir auch wieder das Zeugnis auf, das ich bei meinem Ausscheiden bei "Plus" bekommen habe. Ob aus Unachtsamkeit oder sogar Mutwillen – das Zeugnis war eine miese Note Vier. Hätte mir egal sein können, seit dem bin ich selbstständig und werde mich mit diesen Zeugnissen vermutlich auch nie wieder irgendwo bewerben müssen – aber sowas kratzt ja auch am Ego. Also formulierte ich damals folgendes Schreiben:
Sehr geehrte Damen und Herren,

am 31. Mai 2000 wurde mir das beiliegende Zeugnis ausgestellt.
Ich bin überzeugt davon, daß ich in meiner Tätigkeit als Filialleiter meine Aufgaben besser erledigt habe, als es dieses Zeugnis Dritten gegenüber vermuten läßt.

Ich habe einige Stellen im Zeugnis mit Ziffern markiert und nehme im folgenden dazu Stellung:

1. "Er verfügt über Fachkenntnisse."
Ich verfüge sogar über "sehr gute" Fachkenntnisse, wie Ihnen ein Blick in meine IHK-Prüfungsunterlagen oder auch ein Vergleich mit gleichgestellten Kollegen bestätigen wird.

2. "...erledigte Herr Harste mit Sorgfalt..."
Da ich stets sorgfältig arbeite, erwarte ich auch an dieser Stelle eine Verbesserung.

3. "...alle Arbeiten zu unserer Zufriedenheit aus."
Diese Phrase ist eine schlechte Note "vier". Dafür, daß ich die Stundenleistung meiner Filiale innerhalb eines Jahres deutlich erhöht habe, erwarte ich mindestens ein "...stets zu unserer vollen..."

4. "...Vorgesetzten und Mitarbeitern waren einwandfrei."
Ich bin mit meinen Kollegen immer freundlich und relativ selbstlos (z.B. wenn es um Urlaub und freie Tage ging!) umgegangen. Daher war mein Verhalten "stets" einwandfrei!

5. Kein Wort des Bedauerns!
Mein letzter direkter Vorgesetzter, Herr B., äußerte in meiner Gegenwart sein Bedauern über meine Kündigung und fragte, ob ich es wirklich ernst meinte. Dieses Bedauern dürfen Sie auch gerne im Zeugnis festhalten.

Bitte senden Sie mir ein überarbeitetes Zeugnis zu.
Die korrigierte Fassung kam unverzüglich und ohne weitere Diskussion.

Mit Arbeitszeugnissen gehe ich heute übrigens mittlerweile selber relativ lax um. Wenn einer meiner Mitarbeiter irgendetwas in seinem Zeugnis speziell formuliert haben möchte, setzte ich das auch ohne Wenn und Aber um.

Seit ich vom Arbeitsgericht schon mehrmals dazu verurteilt wurde, unehrlichen Mitarbeitern neben einer prächtigen Abfindung auch noch ein gutes, wohlwollendes Zeugsnis auszustellen, weiß ich, dass sie das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden.

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Kommentare

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Jens am :

Mir wurde es damals untersagt bei einem Praktikanten (der nur 2 Tage anstatt 14 da war) "glänzte durch geistige Abwesenheit" hinzuschreiben...

tyler am :

Logisch. Da hätte es "körperliche Abwesenheit" heißen müssen.
Woher willst du wissen ob der Praktikant nicht zuhause von seinem Job geträumt hat?

Schaf Nase am :

Wenn er nur 2 von 14 Tagen dort war, dann handelte es sich ja wohl eher um körperliche Abwesenheit, denn um geistige...

Ferner lässt diese Formulierung sowohl die notwendige professionelle Objektivität, als auch das von der Rechtsprechung geforderte Wohlwollen vermissen.

Insofern völlig richtig, dass dieser Satz untersagt wurde.

Jens am :

Beim nächsten mal kennzeichne ich die Ironie wieder ;-)

Chris P. Bacon am :

Problem? Nee, alles ok.

Ich habe nur Durst.

http://i386.photobucket.com/albums/oo309/captiveww/thirsty-kitteh.gif

dr. pop am :

Endlich mal ein Katzenbild im Internet.
Diese Tiere werden ja vollkommen unterbewertet. ;-)

Chris P. Bacon am :

Das ist aber kein wirklich neuer Trend.

Schau dir mal das "Internet" der Ägypter an, die haben da auch Katzen gemeißelt es gäbe kein morgen.

dr. pop am :

Schau Dir mal die Ägypter heute an. Dann weisst Du, wozu sowas führen kann.

Chris P. Bacon am :

Das stimmt.

Nehmen wir lieber Hamster, da könnte sich die Botschaft für uns lohnen.

http://2.bp.blogspot.com/-v2MiJqO8Bzs/UW6Ug58OTdI/AAAAAAAAD64/a4Sk7ojiZwQ/s1600/hamster%2Bmakan%2Bsosis.gif

Lars am :

Da bekannt ist, was Zeugnisse heutzutage wert sind, werden die denn bei Bewerbungen in einem kleinen Sparmarkt in der Bremer Neustadt überhaupt noch angefordert?

Zeugnis-Man am :

Der Inhalt an sich ist wahrscheinlich eher irrelevant. Wichtiger ist der damit getätigte Nachweis über frühere Jobs (in den Lebenslauf könnte man ja sonst was rein schreiben) und die auf dem Zeugnis zumeist angegebene Adresse und Telefonnummer des bisherigen Arbeitgebers.
Dort mal anzurufen ist in der Regel aussagekräftiger als jedes Zeugnis...

tyler am :

Wow, das Zeugnis hatte aber wirklich üble Formulierungen.
...kein Wunder dass du dich selbstständig machen musstest.

bin Kaufmann am :

Mein Zeugnis nach der Ausbildung durfte ich mir selber schreiben. Habe mir insgesamt eine gute 2 mit Tendenz nach oben gegeben (dank Internet sowie einer kurzen Prüfung durch einen befreundeten Arbeitsrechtsanwalt).
Mein Chef hat sich das dann grinsend durch gelesen und unterschrieben.

eellik am :

Bei meiner vorletzten Stelle durfte ich mein Arbeitszeugnis gleich komplett selbst schreiben. Bei meiner letzten Stelle danach hab ich mir dann gar nicht mehr die Mühe gemacht, ein Arbeitszeugnis anzufordern...

nachtfalke am :

Tja, im übertragenen Sinne kann auch mal aus einem hässlichen Küken ein prächtiger Hahn werden.

Chris P. Bacon am :

@ Björn

Aber das wäre doch mal ein perfekter Abschluss:

"Dieses Arbeitszeugnis wurde zur Qualitätssicherung durch ein Arbeitsgericht überprüft."

dr. pop am :

Vielleicht sollte man auch noch die Merkel-Phrase einfügen:

"Er genoss unser vollstes Vertrauen."

Chris P. Bacon am :

... und ist auf einem guten Weg.

dr. pop am :

"Mit Herrn H. verliert der Betriebsrat einen engagierten Vorsitzenden."

Chris P. Bacon am :

Damit bekommst Du aber dann nicht mal mehr einen Job bei verdi. Die untersagen ihren Angestellten ja Maßnahmen des Arbeitskampfes.

dr. pop am :

verdi hat alles kaputt-revolutioniert. Damals bekam man in Bremen nach 25 Jahren SPD-Mitgliedschaft noch einen gut bezahlten Posten als DGB-Sekretär ohne weitere Tätigkeit.

Heute wird man dann Staatssekretär, muss sich mit seinem Dienstwagen und dem Fahrer rumplagen, wird einfach von recherchierenden Reporten gnadenlos ignoriert und darf nicht einmal stockbesoffen in die nächste Hecke pinkeln, ohne das ein verlauster Passant das mit seiner Handy-Kamera filmt und auf facebook veröffentlicht.

Chris P. Bacon am :

Na, na, na, Du solltest aber bei der Wahrheit bleiben.

Das waren keine Läuse, das hat nur so ausgesehen.

opatios am :


Dafür, daß ich die Stundenleistung meiner Filiale innerhalb eines Jahres deutlich erhöht habe, erwarte ich mindestens ein "...führte alle Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit aus..."

Na, mehr Leistung heisst aber noch lange nicht GUTE Leistung, mit der man auch zufrieden sein kann, oder? ;-)

Björn Harste am :

Da das gefühlte Hauptziel bei Plus war, den Mitarbeiterstamm in einer Filiale aus Kostengründen dem Wert Null möglichst nahe kommen zu lassen, muss es einfach gut gewesen sein. :-)

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