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Das leidige Thema Nachbestellungen

Ein netter Mann betrat den Laden und wollte uns sein Start-Up (aber nicht so eines) vorstellen. Sie produzieren fünf zwar nicht lebensnotwendige aber dennoch gar nicht mal so uninteressante Limonaden.

Wie immer bei sowas lautete meine erste Frage: Wie kommen wir da ran?
Der Hintergedanke dabei ist, ob wir die Ware in kleinen Mengen, vorzugsweise in einzelnen Kisten / Kartons durch einen unserer gewohnten Großhändler beziehen können. Wenn das nämlich nicht der Fall ist, kommt oft ein Faktor dazu, der die Sache meistens schon beendet, bevor sie angefangen hat: Die Mindestbestellmenge.

In diesem Fall lautete diese 10 Kisten auf Palette, am Anfang wären das also sinnvollerweise von allen fünf Sorten jeweils zwei Kisten. Das ist eigentlich keine sehr große Menge, für uns hier aber definitiv zu viel. Selbst wenn wir so eine Erstbestückung ins Regal bekommen würden und dann noch fünf Kisten im Lager stehen hätten – was passiert, wenn eine oder zwei Sorten gut laufen und wir diese nachbestellen müssten? Wieder zehn Kisten bestellen und dann die nächsten ins Lager stellen? Das funktioniert so leider nicht.

Hat er dann auch eingesehen und sich für die Zeit bedankt und verabschiedet. Vielleicht schaffen sie irgendwann mal ja eine Listung bei unserem Getränkelogistiker hier Bremen, dann könnte man sich an Sorten wie Vanille-Mandarine oder Ananas-Ingwer durchaus mal herantrauen.

Keine Chance mehr für Start-Ups

Gerade als Mittelständler und vor vielen Jahren selber Existenzgründer habe oder hatte ich immer eine gewisse Grundhaltung im Kopf: Gib kleinen Firmen, Existenzgründern und Start-Ups eine Chance.

Zumindest letztere werden es zukünftig bei mir schwer haben. Die Arroganz, die mir vor allem in den letzten zwei bis drei Jahren begegnet ist, toppt meine eigene noch um Längen. Da kommen irgendwelche Leute daher, deren wichtigstes Statussymbol die englischsprachige Jobbezeichnung auf der Visitenkarte ist und erzählen mir dann, dass alle meine Kunden zum Mitbewerber abwandern werden, wenn man deren supergeiles, megahippes und instagramtictocgehyptes Produkt nicht sofort kauft – und wenigstens diverse Regalmeter (in Greifhöhe!) zur Verfügung stellt und selbstverständlich das Display im Laden (in der Kassenzone!) unterbringt.

Aber "Start-Ups" (Nicht mit klassischen Existenzgründern verwechseln!) sind sowieso so ein Geschäftsmodell, das wenig ehrbar ist. Als seriöser Existenzgründer ist man darauf aus, eine Firma zu gründen, sich nicht zu übernehmen und wirtschaftlich solide zu arbeiten und dabei ggf. noch die aufgenommenen Bankkredite zurückzuzahlen. Ein "Start-Up" funktioniert anders. Eine gute oder auch völlig an den Haaren herbeigezogene Idee wird gepuscht, das Geld kommt von irgendwelchen Investoren (die auch mit einem Komplettverlust ihres Investments rechnen müssen) und dann wird immer weiter skaliert und die Kuh gemolken, bis nur noch heiße Luft kommt.

Bei uns betrifft das im Grunde ausschließlich Lebensmittel, die sich in drei Kategorien (auch sich überschneidend) einteilen lassen: Functional Food, Bio, Vegan. Nichts gegen bio und vegan – aber der drölfoktillionste industriezuckerfreie und komplett vegane Schokoriegel (selbstverständlich gluten-, nuss- und vor allem vollkommen geschmacksfrei) wird den Markt nicht revolutionieren. Punkt.

Dezente Anfrage per E-Mail

An den angebotenen Waren habe ich kein Interesse. Vielleicht hätte ich das der Firma im November schon mitteilen sollen, anstatt die E-Mail einfach zu ignorieren. Sehr ausdauernd. Ich könnte mich jetzt doch endlich mal zurückmelden – aber interessanter ist es eigentlich, mal abzuwarten, wie viele Mails da noch kommen werden. So geschehe es. :-D


Die brutale Antwort

Kleiner Artikel zum Thema Unternehmensgründung im Business Insider: Ein Student fragte Elon Musk nach einem Erfolgstipp und bekam eine brutale Antwort

Besonders diesen Absatz (Nicht von Musk, sondern vom BI) finde ich bemerkenswert:

Mit einem Startup kommen nämlich nicht nur Erfolge, Geld und Annehmlichkeiten, sondern auch Fehlschläge, Risiken, erfolglose Versuche und es braucht einen eisernen Willen, das alles über Jahre wegstecken zu können. Das ist eine schwierige Mentalität, die nicht jeder hat. Wer es dennoch wagt, könnte enttäuscht werden und über Jahre hinweg unglücklich werden, bis es vielleicht doch einmal zum Erfolg kommt. Garantieren kann einem das aber niemand. Für eine mögliche Durststrecke muss man gemacht sein.
Im Laufe der Jahre habe ich viele Leute getroffen, die sich selbstständig machen möchten, weil das der Weg ist, schnell und bequem mit wenig Arbeit zu viel Geld oder zumindest einem guten und sicheren Auskommen zu gelangen. Total einfach, Gewerbe anmelden, Porsche kaufen, Mitgliedschaft im Golfclub beantragen und von heute auf morgen in die High Society aufsteigen. Ist bei mir ja schließlich auch so. Ich komme morgens, wann ich will, hocke im Büro, schreibe hier am Blog herum, surfe im Internet und zähle das Geld. Easy. Und jetzt mal zu den Fakten.

Dass mein Job hier so geschmeidig aussieht, liegt einzig daran, dass ich das seit über 20 Jahren mache und entsprechend Erfahrung und Routine habe. Die ersten sieben Jahre meiner Selbstständigkeit bedeuteten quasi ausnahmslos 7-Tage-Wochen. In der ersten Zeit waren wir täglich von 6 bis mindestens 21 Uhr in der Firma, 120-Stunden-Wochen, die ich nicht im Büro sitzend verbracht habe, waren da nicht ungewöhnlich. Neidische Blicke habe ich nicht bekommen, eher nur Mitleid und auch Sprüche wie "Du musst dir auch mal einen freien Tag gönnen" – leicht gesagt, wenn einem nicht ein sechsstelliger Schuldenberg im Nacken hängt, für den man als Gründer und junger Mensch vollumfänglich privat haftet. Man hat, wenn man alleine hinter dem Unternehmen steht, die Verantwortung für alles, das kann schon ziemlicher Druck sein. Wenn dann auch noch Angestellte dazu kommen, steigt die Verantwortung auf eine ganz neue Stufe, weil diese dann auch noch fremde Menschen und ggf. deren Familien mit einbezieht. Ihr könnt das jetzt einfach für alle möglichen Bereiche in einer Firma beliebig weiterspinnen.

Ein Spruch, den ich mir vor ein paar Jahren mal ausgedachte hatte, fasst es sehr gut zusammen: "Der Vorteil einer Selbstständigkeit ist, dass man alles alleine entscheiden kann. Der Nachteil ist, dass man alles alleine entscheiden muss."

Ich würde es aber wieder machen. :-)