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Stammkundin mit Todessehnsucht

Wir hier im Einzelhandel haben eher wenige private Berührungspunkte mit unseren Kunden. Natürlich gibt es die Leute, die man teilweise schon seit Jahren oder Jahrzehnten kennt und mit denen man immer mal ein paar Sätze plaudert, aber die meisten Kunden gehen mit einem freundlichen Gruß an einem vorbei.

Wenn man mit Kunden längere Gespräche führt, dann sind es meistens die älteren Leute, die einem die erstaunlichsten Dinge anvertrauen. Viele von ihnen begegnen im Supermarkt oft den einzigen fremden Menschen außerhalb ihrer Wohnung oder Pflegeeinrichtung. So auch Frau Peters. Die heißt im wahren Leben nicht Frau Peters, aber ich möchte sie hier nicht einfach nur als eine anonyme alte Frau darstellen.

Frau Peters wohnt hier im Stadtteil in einer Einrichtung für betreutes Wohnen und kommt immer noch regelmäßig bei uns einkaufen. Frau Peters ist inzwischen 98 Jahre alt und sieht nicht mehr gut. Aber sie kommt alleine für ihre Besorgungen zu uns. Das dauert dann immer etwas länger, aber es ist ein Stück Freiheit, dass sie sich nicht nehmen lässt.

Frau Peters ist alleine. Sie hat inzwischen ihre gesamte Familie überlebt und seit inzwischen 15 Jahren erzählt sie Ines, der sie wirklich vieles anvertraut, regelmäßig, dass das Leben keinen Spaß mehr macht und dass sie nur darauf wartet, dass der Herr sie holt.

Ich kann mir vorstellen, dass man das Ende irgendwann regelrecht herbeisehnt. Wenn man niemanden mehr hat, man kaum noch mobil ist und man nicht einmal mehr richtig gucken kann, was bleibt einem noch vom Leben? Selbst das Essen, unser kleiner Berührungspunkt mit Frau Peters, normalerweise in Gesellschaft ein großer Genuss, verkommt zur reinen Lebenserhaltung. Dennoch wirkt es unendlich befremdlich auf uns, sowas zu hören. Irgendwann wird Frau Peters nicht mehr zu uns kommen. Den Grund dafür werden wir wie so oft vermutlich nie erfahren. Irgendwann fällt einem auf, dass man sie schon seit Wochen oder Monaten nicht mehr gesehen hat und dann rätselt man, ob man sich hier im Laden einfach immer nur verpasst, oder ob ihr Wunsch zu gehen doch endlich erfüllt wurde. Das mag dann traurig anmuten, aber eigentlich sollte man sich für sie freuen.

Bis dahin wünsche ich mir noch viele Begegnungen mit ihr und Ines hier bei uns im Laden. Nicht wegen des Umsatzes, sondern einfach für die Menschlichkeit.

Melancholischer Blick nach Findorff

Hello darkness, my old friend
I've come to talk with you again
Because a vision softly creeping
Left its seeds while I was sleeping
And the vision that was planted in my brain
Still remains
Within the sound of silence
Hachseufz …