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Die umgedrehten Verkäufe

Vertreterbesuche bieten einem das komplette Spektrum von sehr angenehm bis überaus lästig. Lästig und unnötig zeitraubend sind die Besuche, in denen einem irgendein unnützes Zeug angedreht werden soll, oftmals auch über das Warengeschäft hinausgehend. Vor ein paar Jahren mit aller Regelmäßigkeit LED-Beleuchtung und ansonsten immer wiederkehrend irgendwelche Werbemaßnahmen, Bildschirme im Markt, meine Werbung auf Plakaten in der Stadt, "Sportplakate" und irgendwelche Wundergeräte zur Reinigung (in letzter Zeit scheinen Dampfstrahlgeräte unglaublich lukrativ zu sein) beherrschen das Portfolio derer, dir mir keine Handelsware anbieten.

Dann bleiben noch drei große Gruppen übrig:

1. Diejenigen, die man meistens noch nicht kennt, und die einem irgendwelche supertollen, hippen, coolen, müsstihrunbedingthaben Produkte, am besten noch bekannt aus der Hölle Höhle der Löwen, verkaufen wollen. Da bin ich inzwischen relativ abgestumpft. Den hundertfünfzigtausendsten Gin aus einer "kleinen privaten Manufaktur", das viermillionste Szenegetränk, die zwölfmilliardsten Proteinprodukte und die einhundertoktillionsten glutenfreien, veganen, laktosefreien, zuckerfreien, geschmacksverstärkerfreien, fettfreien, sinnfreien Nudeln aus Hülsenfrüchten brauche ich nicht hier im Sortiment. Ich argumentiere seit einer Weile damit, dass danach bislang noch niemand gefragt hat, aber wenn jemand fragen sollte, ich mich ganz bestimmt melden werde. Es hat noch nie jemand gefragt.

2. Die Vertreter, die man zwar schon kennt, mit denen man aber meistens nur sehr kurz redet. Sie stellen einem dann ein paar neue Artikel aus dem bestehenden Sortiment vor oder haben auch spezielle Sonderangebote / Aktionsartikel im Angebot. Rein, bestellen, raus, fertig.

Drittens, und um die geht es hier im Beitrag, diejenigen, die man schon länger kennt und mit denen man auch mal über das eigentliche Geschäftliche (also deren Geschäft) hinausgehend plaudert. Da dauert so ein Gespräch durchaus mal eine Stunde.
Irgendwann fiel mir auf, dass ich früher oder später selber immer ins Schwärmen gerate. Besonders guten Wein oder besonders leckeres Bier oder überhaupt besonders gute Produkte. Ich habe daraus ein kleines Spielchen mit mir selber entwickelt: Schaffe ich es, demjenigen, der mir was verkaufen will, ebenfalls etwas zu verkaufen? Ich gebe zu, bislang hat es schon mehrmals funktioniert. So mancher Außendienstler ist hier schon mit einem meiner favorisierten Bio-Weine oder ein paar Flaschen Craft-Bier aus dem Laden gegangen. :-D

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Kommentare

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Thomas am :

Ich war eine Weile Vertreter im Buchhandel und bin gelegentlich mit mehr Ware(nwert) aus dem Laden gegangen, als ich reinverkauft habe. :-D Aber Bibliophile sind auch leichte Beute...

Ralf am :

Für die nerfigeren Vertreteranfragen hilft mir auch imer eine "umgedrehte Strategie" :

Wer meine Zeit in Anspruch nehmen möchte, egal ob nur zum plaudern, mir etwas zu verkaufen, oder eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, dem biete ich das für 100€ netto je angefangene Stunde an. Unabhängig davon ob sie den Papst oder Hein Blöd vorbeischicken wollen.

Dieses Risiko einzugehen wäre ja ein guter Deal, wenn sie von ihrem bahnbrechenden Produkt überzeugt wären, aber bisher hat sich noch nie ein Vertreter darauf eingelassen. Schade...

Amsel am :

Ja, die dritte Gruppe kenne ich all zu gut. Das geschäftliche wird so nebenbei erledigt, dann spricht man über gemeinsamme Hobbys oder über alles andere. Dann kommen halt mal so Sachen auf, wie:"Hast Du eigentlich auch ... im Sortiment?". So kaufe ich bei Ihm, er bei mir, alles ist gut. Die Gruppe 2 gibt es bei mir eigentlich nicht. Gruppe 1 allerdings schon. Also habe ich nur nur die extreme Variante.

SPages am :

Also meine Berufserfahrung besagt:

Die Firmen mit den es am besten läuft, dessen Vertreter sind am seltensten bei uns im Haus. Ein Vertreter z.B. ruft immer kurz vorm 11.11 an und fragt nach der aktuellen Mitarbeiterzahl für die Pfannkuchen und bringt kurz vor Weihnachten ein paar Präsente vorbei. Den Rest des Jahres liefert sein Arbeitgeber einfach nur immer (sehr) pünktlich und vollständig. Fertig.

Von anderen Firmen habe ich ständig die Vertreter im Haus, meist mit einem ausgeprägten Redebedürfnis. Wenn man dann mit Auftrag droht gehts "äh, em, ...".

Was nun besser ist erklärt von selbst, oder?

Raoul am :

„Wenn man dann mit Auftrag droht gehts "äh, em, ...".“

Man kann mit einem Auftrag drohen? Ist es nicht das größte Ziel eines Vertreters, einen Auftrag zu bekommen?

Johannes am :

Bin selber Vertreter, aber in einer anderen Branche. Habe es aber leichter, da ich mit techn. Argumentationen weiter komme. Nicht Spekulationen, was grad In oder out ist.
Gruppe 1 ist super nervig, will ich nicht sein.
Diese Vertreter in deiner Branche sind oft mit der Peitsche angetrieben, und bekommen fast keinen Fix Anteil. Denen ist relativ egal, wenn Sie durch ihr Auftreten der Marke schaden.

Das lustige is ja: Wenn die so davon überzeugt sich vom Produkt, warum machen sie dann keine Angebote ala "nicht verkaufte Artikel nehme ich nach 1 Monat zurück" oder ähnliches.
"Auf Gutbefund" ist bei uns durchaus möglich.

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