Eine Kundin sprach mich an und wollte wissen, wo wir Schokolade hätten. Ich führte sie zu unserem Süßwarenregal und zeigte ihr unsere Auswahl. Nachdem sie rund zwei Minuten vor dem Regal stand und zumindest so tat, als wenn sie sich ernsthaft für eine Sorte entscheiden wollte, verließ sie den Laden schokoladenlos.
Ob sie überfordert wegen der großen Auswahl war? Immerhin durfte sie sich zwischen Zotter, Gepa, Milka, Ritter Sport, Marabou, Gut&Günstig Eigenmarke, Trumpf, Böhme, Schogetten, Alpia, Die Weiße, Ferrero, Aero und anderen kleineren Marken entscheiden.
Ein junges Pärchen kaufte ein. Während sie noch vor dem Cola-Regal stand, befand er sich schon auf dem Weg zur Kasse und war rund zehn Meter von ihr entfernt. Es ergab sich etwa der folgende und aufgrund der Entfernung nicht leise gesprochene Dialog, der darum auch in den anderen den Regalreihen nicht zu überhören war:
Sie: "Wie doll liebst du mich?"
Er: "Ich lieb dich total!"
"Nee, ehrlich jetzt."
"Wirklich. Ich schwör. Kein Scheiß. Ich lieb dich voll!"
"Wie sehr liebst du mich?
"So sehr, dass ich dich gleich ficken werde!"
Dann ging es auch schon gemeinsam zur Kasse. Leider. Wäre mal spannend gewesen, wie das wohl weitergegangen wäre…
Eine Kundin stand an der Fleischtruhe und rief einem mehrere Meter entfernt stehenden Kollegen zu: "Woher weiß ich denn, dass den Tieren kein Antibiotikum gegeben wurde?"
"Weil "bio" draufsteht."
"Da steht nichts von Bio."
"Dann nicht."
Sie nahm dann eine Packung tiefgefrorenes Bio-Hackfleisch.
(In der Bio-Haltung ist die Verabreichung von Antibiotika übrigens (bis auf ganz wenige Ausnahmen) generell verboten. In der konventionellen Landwirtschaft sollen zumindest die Wartezeiten bis zur Schlachtung lange genug sein, wenn Antibiotikum gegeben wurde. Also theoretisch braucht man so oder so keine Angst zu haben, ungewollt Antibiotika zu sich zu nehmen.)
Die Bestellung an Bio-Weihnachtsgeflügel fiel relativ bescheiden aus: Eine Gans, eine Ente, zwei Stücke Entenbrust, zwei Putenkeulen und drei Putenrollbraten haben meine Kunden vorbestellt.
Das Problem ist, dass die Zeit immer relativ knapp ist. Wenn ich die Unterlagen Mitte November bekomme und die Bestellung schon Anfang Dezember beim Lieferanten vorliegen muss, bleibt nicht viel Zeit. Ich könnte zwar die Flyer schon deutlich früher auslegen, aber da besteht natürlich das Risiko, dass sich das Sortiment oder die Preise noch verändern.
Eine Kundin kam mit einem ihrer Kontoauszüge zu uns in den Laden und beschwerte sich, dass wir ihr zu viel Geld abgebucht hätten: "166,41€ – da ist Ihrer Kassiererin eine sechs zu viel reingerutscht. Das kann nur ein kleiner Einkauf gewesen sein, also wohl 16,41€."
Da ich ihr nicht einfach auf gut Glück 150 Euro in die Hand drücken wollte, erklärte ich, dass ich dass ich das prüfen müsse und dass das eine Weile dauern würde. Die Frau war vollkommen entspannt und bot an, nach ihrem Frisörtermin wiederzukommen. Die Zeit nutzte ich, um die entsprechenden Belege (Ausruck aus dem ec-Terminal und am Rechner den Kassenbon) herauszusuchen.
Auf dem ec-Beleg stand 166,41€ drauf. Logischerweise, die Summe wurde auch abgebucht. Wenn da mal eine Differenz auftreten würde, hätte der Dienstleister wohl ein großes Problem.
Spannender war der Kassenbon: Der kleine Einkauf ergab tatsächlich nur 16,41€. Als "Zahlungsmittel gegeben" wurden allerdings 166,41€ gebucht, so das als Rückgeld 150€ herauskamen. Das war für mich ziemlich eindeutig ein zeichen dafür, dass sich die Kundin 150 Euro hat auszahlen lassen. Meine Begründung:
1. Beim Eingeben der PIN überprüft man doch als Kunde die Summe, die da am Gerät steht. Okay, sollte man prüfen, denn Fehler passieren überall. Könnte also an dieser Stelle schomal schiefgelaufen sein. Und das ist eigentlich ein Punkt, an dem man als Händler die Schuld von sich weisen könnte.
2. Eine erfahrene Kassiererin müsste versehentlich zweimal die Sechs am ec-Gerät gedrückt haben. Da das eine Gummitastatur ist, bei der man die Tasten ziemlich bewusst drücken muss, ist das eher unwahrscheinlich. Mit "Wurstfingern" kann man zwar zwei verschiedene Tasten drücken, aber nicht zweimal hintereinander die selbe.
3. Wir übernehmen aus Sicherheitsgründen (zur Nachkontrolle und um Differenzen zu vermeiden) bewusst den auf dem ec-Beleg stehenden Wert als den gegebenen Betrag in die Kasse. Spätestens hier hätte meine Mitarbeiterin stutzig werden müssen.
4. Es hat "150€" Rückgeld auf dem Display gestanden. Auch hier wäre mal Gelegenheit gewesen, nachzuprüfen, was da wohl schiefgelaufen sein könnte.
5. Es gab keine auffällige Kassendifferenz an dem Tag.
"Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch 150 Euro mitgenommen hatten?"
Die Kundin wollte erst protestieren, dann stockte sie, überlegte und stammelte schließlich: "Ach… Jaaaaha… Doch… Ich erinnere mich wieder. Das mache ich sonst nie, darum hatte ich das vergessen."
Vom Ende einer Regalreihe aus beobachtete ich eine ältere Frau dabei, wie sie versuchte, eine kleine (4er) Eierverpackung zu öffnen. Nachdem sie das Prinzip mit der kleinen Papplasche offenbar nicht verstanden hatte, riss sie einfach den gesamten Deckel ab. Der Inhalt gefiel ihr wohl nicht und sie stellte den Karton wieder ins Regal und nahm sich eine andere Schachtel mit sechs Eiern, die sie ungeöffnet in ihren Einkaufswagen stellte.
Ich sprach sie an und bat sie, entweder nur die kleine Packung oder meinetwegen auch gerne beide Packungen zu kaufen. Aber wer was aufreißt, muss dafür auch aufkommen.
"Ich war das nicht", sagte sie.
"Na, ich hab da doch zugeguckt", entgegnete ich.
"Die Schachtel war so."
"Nein, war sie nicht. Ich habe doch gesehen, wie Sie den ganzen Deckel da hochgerissen haben. Darüm möchte ich, dass Sie die bezahlen."
"Ich nehme ja die größere Packung."
"Sie können gerne beide Packungen nehmen oder meinetwegen auch nur die kleine. Oder zwei kleine, dann haben Sie acht Eier. Aber was soll ich denn damit jetzt machen? Das kauft doch kein anderer Kunde so."
Sie zuckte mit den Schultern und ließ mich einfach stehen.
Meinem Kassierer sagte ich, ihr einfach 99 Cent mehr mit abzuziehen. Die Packung haben wir dann mit Tesafilm replikiert und für den halben Preis verkauft. Manche merken echt gar nichts mehr…
Kunden kommen und gehen. Gerade viele ältere Kunden tauchen irgendwann nicht mehr auf. Das fällt nicht immer sofort auf, aber manchmal sitzt man dann zu Hause am Esstisch, unterhält sich über die Firma und dann unterhält man sich plötzlich über bestimmte Kunden und Kundinnen und dann fällt einem auf, dass man ihn oder sie schon eine Weile nicht mehr gesehen hat.
Eine ältere Dame, die uns hier rund 15 Jahre begleitet hat und von der man gefühlt die gesamte Lebensgeschichte wusste (auch wenn das Inerfahrungbringen derselben manchmal sehr anstrengend war), ist uns nun schon einige Monate nicht mehr über den Weg gelaufen. Eine Kollegin wusste aber, dass die Kundin in der selben Bank wie sie ist und so fragte sie einfach mal beim freundlichen Mitarbeiter der Bank nach. Dort müsste ja bekannt sein, wenn Konten etc. aufgelöst worden wären.
Traurige Gewissheit: Die Kundin, die bei uns vorne am Eingang immer ein paar Sekunden stehenblieb und sich ihren Pony akkurat zur Seite kämmte, weilt nicht mehr unter uns. Schade. Sie war zwar manchmal anstrengend, aber gehörte zu den Leuten, mit denen man immer nett plaudern konnte.