§ 241 StGB: Bedrohung
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Das steht einem Mittvierziger bevor, der hier mittlerweile schon ein mehrfaches Hausverbot hat. Aber von vorne:
Ein Mann, den wir in der Vergangenheit schon mehrere Male beim Ladendiebstahl erwischt haben, betrat vorhin den Laden. Ein Mitarbeiter, der ihn noch nicht kannte, dem aber die heruntergekommene Erscheinung des Mannes aufgefallen war, informierte mich darüber, dass eine "verdächtige Person" den Laden betreten hat. Ich wollte gerade ins Büro gehen und dem Typen unauffällig über die Videoanlage zugucken, da kam er mit einer Bierkiste aus dem Lager und schob sie in den Leergutautomaten. Mich hatte er nicht entdeckt und so sah ich unauffällig weiter zu. Die Kiste rappelte gerade noch durch den Automaten, da schleppte er schon die zweite aus dem Lager heraus und schob sie in den Leergutautomaten. Da ging ich dazwischen.
Seinen Ausweis hatte er nicht mit, aber seine Personalien lagen hier ja in Form gleich mehrerer Diebstahlsanzeigen vor. Aus irgendeinem Grund zog es ihn in die Kassenzone, was mir zuerst gar nicht gefiel, da er damit für meinen Geschmack dem Ausgang zu nahe kam, andererseits war es ganz gut so, denn so spielten sich die folgenden Minuten unter den Augen mehrerer Zeugen ab. Wie es sich später herausstellen sollte, war es taktisch sehr klug, dass ich mich genau in das Sichtfeld einer meiner besten Kameras gestellt habe.
Während wir auf die Polizei warteten, fing der Junk (bevor sich wieder jemand über diesen Ausdruck aufregt: Er hat sich sogar selber so bezeichnet...) an, herumzupöbeln und zu drohen. Die genauen
Dia Monologe kann ich hier nicht wiedergeben, es waren viele einzelne, nicht zusammenhängende Sätze. Sinngemäß zusammengefasst: Er ist HIV-positiv, hat eh nur noch ein halbes Jahr zu leben, braucht Heroin und ihm ist alles egal. Er könnte mich mit einem Schlag niederstrecken, Bamm, mit der flachen Hand auf die Nase, denn er sei Boxer gewesen und er könnte mich beißen, dann bin ich auch HIV positiv.
Ich hörte mir die Sprüche an und versuchte zusammen mit meinem Kollegen an der Kasse, ihn dazu zu bewegen, ruhig auf dem angebotenen Stuhl sitzen zu bleiben.
Aber er hörte nicht auf. Plötzlich fiel ihm ein, dass er mich ja mit einer Spritze, in der "HIV-Blut drin ist", stechen könnte. Einfach so, damit ich sehen würde, wie das ist und weil er ja sowieso "nichts mehr zu verlieren" hat. Während ich regungslos in der Tür stehen blieb, begann er, demonstrativ seine sämtlichen Jackentaschen zu durchsuchen. Da er dort keine Spritze fand, öffnete seinen mitgeführten Rucksack, kramte umständlich darin herum und hielt mir mit einer ruckartigen Bewegung seine Faust am ausgestreckten Arm neben den Kopf. Er hielt etwas in der Hand und er wagte es sogar, damit an meinen Hals zu tippen, während er siegessicher betonte, dass da Blut an der Spritze kleben würde. Die "Spritze" stellte sich als eine kleine Nagel- oder Bastelschere heraus, an der wahrscheinlich alles klebte, aber keine HI-Viren.
Pech für ihn, dass die Aktion auf Video zu sehen ist. Für den Betrugsversuch mit dem Leergut wird ihm nichts passieren, aber die Belehrung, als der Polizist ihn darüber aufgeklärt hat, dass er soeben eine Straftat begangen hat, war schon beeindruckend.