LD-Erkennung
Immer wieder werden meine Frau und ich gefragt, wie wir es so präzise schaffen, (mögliche) Ladendiebe aus der Masse der Kunden herauszupicken. Da spielen natürlich ein paar Jahrzehnte im Umgang mit Kunden eine wichtige Rolle. Da spielen unglaublich viel Intuition und Menschenkenntnis eine Rolle. Faktoren, die kann man Dritten gegenüber nicht objektiv beschreiben kann.
Da ich es wirklich oft erklären muss (auch gerade fremden Personen), habe ich seit einer Weile eine ganz einfache Methode, diese Vorgehensweise leicht verständlich und bildhaft zu beschreiben. Ich vergleiche das immer mit einem E-Mail-Spamfilter. (Ich vereinfache das an dieser Stelle stark, also bitte keine Diskussion um die technische Seite von solchen Filtern!)
So ein Spamfilter überprüft die unterschiedlichsten Elemente in einer E-Mail auf besonders auffällige Merkmale. Steht in der Betreffzeile das Wort "Money" oder "$$$", befindet sich irgendwo im Text ein bestimmtes Schlagwort ("Viagra"), gibt es auffällige Absender-Mailadressen ("457687368@xxxmail.to"), hängen Binärdateien (Bilder oder sogar ausführbare Dateien) an der Mail dran, gibt es eine Signatur, hat der Text eine Mindestlänge unterschritten? Und so weiter.
Jedes dieser Merkmale ist nicht zwingend ein Hinweis auf Spam – aber nun könnte der Filter so konfiguriert werden, dass beim Zusammentreffen von einer Anzahl dieser Merkmale eine Nachricht als Spam aussortiert wird.
Nach dem Prinzip funktioniert unsere Ladendieberkennung. Es gibt viele Merkmale, mit denen man als Kunde auffällig werden könnte. Aber wie auch bei den E-Mails ist jedes einzelne für sich meistens vollkommen harmlos. Erst beim Zusammentreffen mehrerer dieser Kennzeichen wird es interessant.
Aber worauf achten wir denn nun? Was macht einen verdächtig?
[Lange Pause einfügen!]
Ich habe an dieser Stelle eine ziemliche Weile mit mir gerungen. Wie schreibe ich das nieder, ohne dass das als negatives Vorurteil ausgelegt wird, sich eventuell sogar mitlesende Kunden aufgrund einzelner Merkmale, die sie für sich zutreffend sehen, angegriffen fühlen würden?
Zäumen wir den Gaul mal von hinten auf:
Richtig. Eigentlich nichts.
Eigentlich!
– Wie viele Leute Schirmmützen tragen, brauche ich nicht zu sagen. Selbst ich, im Sommer, um meinen empfindlichen Haaransatz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung zu schützen.
– Sporttasche haben auch viele Leute häufig dabei. Wer ist denn nicht mindestens einmal pro Woche im Verein oder im Fitnessstudio aktiv?
– Jeder hat das Recht, Schlabberklamotten zu tragen. Entweder weil's bequem ist, oder weil man gerade auf Diät ist und noch keine neuen Sachen hat oder weil es einem einfach egal ist oder was weiß denn ich.
– Fast kein Kunde unterhalb des Rentenalters, den man nicht persönlich schon eine Weile kennt, fängt mit Smalltalk an. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber die Leute, die es tun, hoffen wohl meistens, dadurch besonders unauffällig zu wirken. Klappt aber nicht.
– Ich hatte selber seit Weihnachten 2016 wochenlang mit Heiserkeit und krächzender Stimme zu kämpfen. Bei vielen Junkies und/oder Alkoholabhängigen ist das aber ein Dauerzustand. Dazu kommt ein schlecht mit Worten zu beschreibendes langgezogenes Sprechen. Kein langsames Sprechen und kein Lallen. Eher eine starke Dehnung der Vokale. Keine Ahnung warum, aber das haben wir schon bei sehr vielen BtM-Konsumenten beobachten können.
– Ehrliche Kunden kaufen kaufen natürlich auch Weinbrand, Kaffee und Haarshampoo – aber selten ohne weitere Produkte. Wer sich bei seinem Besuch im Laden nur auf diese typischen "Klau-Warengruppen" konzentriert, hat meistens keine guten Absichten.
– Ängstliche Menschen müssen auch einkaufen gehen. Die Gründe, sich häufig umzusehen, sind unzählig. Wer klauen will, guckt sich auf jeden Fall um, man möchte ja möglichst keine Zeugen für die Tat haben.
(Es gibt noch viele weitere Faktoren, die mit in die Bewertung einfließen, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Jedes einzelne Merkmal ist harmlos, es gibt nun mal leider nicht das Erkennungszeichen für Ladendiebe.)
Ihr seht, es ist schwierig. Selbst ein paar dieser Faktoren in einer Person machen noch keinen Ladendieb aus. Wenn jemand direkt aus dem Sportstudio mit Mütze und Tasche in den Laden kommt, entsprechend fertig aussieht, und nach dem Sport ein neues Deo braucht und dann in einem Abwasch auch gleich den Alkohol für die Party am kommenden Wochenende kaufen möchte und sich diese Bereiche im Laden besonders gründlich anguckt, ist das mit Sicherheit noch nicht gleich ein Ladendieb. (Also keine Panik, wenn ihr euch da jetzt mit der Beschreibung angesprochen fühlen würdet!)
Wie gesagt: Da steckt sehr viel Erfahrung drin. Aber vielleicht konnte ich min diesen Ausführungen zumindest halbwegs verständlich einen kleinen Einblick gewähren. Es ist nun mal ein sehr sensibles Thema, gehört aber leider zu unserem Alltag dazu…
Da ich es wirklich oft erklären muss (auch gerade fremden Personen), habe ich seit einer Weile eine ganz einfache Methode, diese Vorgehensweise leicht verständlich und bildhaft zu beschreiben. Ich vergleiche das immer mit einem E-Mail-Spamfilter. (Ich vereinfache das an dieser Stelle stark, also bitte keine Diskussion um die technische Seite von solchen Filtern!)
So ein Spamfilter überprüft die unterschiedlichsten Elemente in einer E-Mail auf besonders auffällige Merkmale. Steht in der Betreffzeile das Wort "Money" oder "$$$", befindet sich irgendwo im Text ein bestimmtes Schlagwort ("Viagra"), gibt es auffällige Absender-Mailadressen ("457687368@xxxmail.to"), hängen Binärdateien (Bilder oder sogar ausführbare Dateien) an der Mail dran, gibt es eine Signatur, hat der Text eine Mindestlänge unterschritten? Und so weiter.
Jedes dieser Merkmale ist nicht zwingend ein Hinweis auf Spam – aber nun könnte der Filter so konfiguriert werden, dass beim Zusammentreffen von einer Anzahl dieser Merkmale eine Nachricht als Spam aussortiert wird.
Nach dem Prinzip funktioniert unsere Ladendieberkennung. Es gibt viele Merkmale, mit denen man als Kunde auffällig werden könnte. Aber wie auch bei den E-Mails ist jedes einzelne für sich meistens vollkommen harmlos. Erst beim Zusammentreffen mehrerer dieser Kennzeichen wird es interessant.
Aber worauf achten wir denn nun? Was macht einen verdächtig?
[Lange Pause einfügen!]
Ich habe an dieser Stelle eine ziemliche Weile mit mir gerungen. Wie schreibe ich das nieder, ohne dass das als negatives Vorurteil ausgelegt wird, sich eventuell sogar mitlesende Kunden aufgrund einzelner Merkmale, die sie für sich zutreffend sehen, angegriffen fühlen würden?
Zäumen wir den Gaul mal von hinten auf:
Ein Typ mit Schirmmütze und billiger Sporttasche und tendenziell viel zu weiten Klamotten hat einen Mitarbeiter nach einem x-beliebigen Artikel gefragt und ihm dabei noch eine belanglose Unterhaltung ans Ohr gequatscht. Anschließend geht der Mann, der eine leicht heisere Stimme hatte und sehr "langgezogen" redete, mehrmals zwischen den Warengruppen Alkohol, Kosmetik und Kaffee hin und her, wobei er sich ständig in alle Richtungen umsah.Was ist daran auffällig? Eigentlich nichts?
Richtig. Eigentlich nichts.
Eigentlich!
– Wie viele Leute Schirmmützen tragen, brauche ich nicht zu sagen. Selbst ich, im Sommer, um meinen empfindlichen Haaransatz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung zu schützen.
– Sporttasche haben auch viele Leute häufig dabei. Wer ist denn nicht mindestens einmal pro Woche im Verein oder im Fitnessstudio aktiv?
– Jeder hat das Recht, Schlabberklamotten zu tragen. Entweder weil's bequem ist, oder weil man gerade auf Diät ist und noch keine neuen Sachen hat oder weil es einem einfach egal ist oder was weiß denn ich.
– Fast kein Kunde unterhalb des Rentenalters, den man nicht persönlich schon eine Weile kennt, fängt mit Smalltalk an. Es gibt natürlich Ausnahmen, aber die Leute, die es tun, hoffen wohl meistens, dadurch besonders unauffällig zu wirken. Klappt aber nicht.
– Ich hatte selber seit Weihnachten 2016 wochenlang mit Heiserkeit und krächzender Stimme zu kämpfen. Bei vielen Junkies und/oder Alkoholabhängigen ist das aber ein Dauerzustand. Dazu kommt ein schlecht mit Worten zu beschreibendes langgezogenes Sprechen. Kein langsames Sprechen und kein Lallen. Eher eine starke Dehnung der Vokale. Keine Ahnung warum, aber das haben wir schon bei sehr vielen BtM-Konsumenten beobachten können.
– Ehrliche Kunden kaufen kaufen natürlich auch Weinbrand, Kaffee und Haarshampoo – aber selten ohne weitere Produkte. Wer sich bei seinem Besuch im Laden nur auf diese typischen "Klau-Warengruppen" konzentriert, hat meistens keine guten Absichten.
– Ängstliche Menschen müssen auch einkaufen gehen. Die Gründe, sich häufig umzusehen, sind unzählig. Wer klauen will, guckt sich auf jeden Fall um, man möchte ja möglichst keine Zeugen für die Tat haben.
(Es gibt noch viele weitere Faktoren, die mit in die Bewertung einfließen, aber das würde hier den Rahmen sprengen. Jedes einzelne Merkmal ist harmlos, es gibt nun mal leider nicht das Erkennungszeichen für Ladendiebe.)
Ihr seht, es ist schwierig. Selbst ein paar dieser Faktoren in einer Person machen noch keinen Ladendieb aus. Wenn jemand direkt aus dem Sportstudio mit Mütze und Tasche in den Laden kommt, entsprechend fertig aussieht, und nach dem Sport ein neues Deo braucht und dann in einem Abwasch auch gleich den Alkohol für die Party am kommenden Wochenende kaufen möchte und sich diese Bereiche im Laden besonders gründlich anguckt, ist das mit Sicherheit noch nicht gleich ein Ladendieb. (Also keine Panik, wenn ihr euch da jetzt mit der Beschreibung angesprochen fühlen würdet!)
Wie gesagt: Da steckt sehr viel Erfahrung drin. Aber vielleicht konnte ich min diesen Ausführungen zumindest halbwegs verständlich einen kleinen Einblick gewähren. Es ist nun mal ein sehr sensibles Thema, gehört aber leider zu unserem Alltag dazu…
Trackbacks
Nur registrierte Benutzer dürfen Einträge kommentieren. Erstellen Sie sich einen eigenen Account hier und loggen Sie sich danach ein. Ihr Browser muss Cookies unterstützen.
Die Kommentarfunktion wurde vom Besitzer dieses Blogs in diesem Eintrag deaktiviert.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
Chris_aus_B am :
Raoul am :
Bitteschön.
kleiner_Geist am :
GelberBuntstift am :
Ist immer schön, wenn ein Ladendetektiv bei uns im Markt aktiv ist und der Panik bekommt, wenn bestimmte harmlose Gestalten den Laden betreten. Und es dann gar nicht verstehen kann, warum ich locker bleibe und nur sage "Der? Warum? Weil der sich alles in den Rucksack steckt? Pass auf, gleich packt er alles an der Kasse wieder aus und zeigt auch noch den leeren Rucksack".
Jörg am :
Ich lese ab und an die Kommentare zu Beiträgen wo ich denke, dass sie sehr kontrovers diskutiert werden können und nach der Einleitung habe ich dann schon gedacht "heikles Thema". Aber du hast das meiner Meinung nach sehr gut dargestellt, ohne zu diskriminieren, wobei du sicherlich einige Faktoren weggelassen hast, aber man muss ja nicht alles verraten.
Bobby am :
chris am :
AvN am :
Klaus am :
vielen Dank für den schönen Artikel. Beim Lawblog kommt ja ähnliches von Polizisten oft auf. Da heißt das dann kriminalistische Erfahrung.
Aber im gleichen Kontext hätte ich noch eine Frage:
Wie groß ist denn deine "Falsch-Positiv-Quote"? Hast du schon (öfter) jemand gestoppt der nichts geklaut hatte? Hast du dich auf der Videoanlage auch schon vergewissern können, dass ein abgerissener Typ eben nur ein abgerissener Typ ist, der ganz ehrlich seinen Einkauf macht?
Martin am :
Klaus am :
Um es noch besser zu machen: klau Deinen Wocheneinkauf (Spaghetti, Milch, Zucker, Mehl...) und kauf von dem gesparten Geld den Schnaps. Denn das Spritregal wird stärker beobachtet als der Nährmittelgang.
Sebsob am :
Ich bin nur selten im Laden, renne hin und her, aber kaufe zunächst nichts und gucke mir außer der Ware alles mögliche an. Verhalte mich also irgendwie komisch.
Ladendieb? Ach ne, nur wieder ein Blogleser
Moni am :
Ich hatte mich bei einer Fernsehsendung über Zollfahndung auch schon mal gefragt, woran genau die bei hunderten vorbeifahrenden Autos an der deutsch-holländischen Grenze nun eigentlich genau die erkennen, die Gras dabeihaben. Haben sie natürlich in dem Bericht auch nicht erklärt, um sich nicht selber auszuhebeln.
Ich denke mal, das ist ähnlich. Man WEISS einfach bei manchen Leuten, dass sie klauen oder sonstwie Ärger machen werden. Das kann man nicht erklären und schon gar nicht in Worte fassen. Da muss man schon im Einzelhandel/Zoll/Wachdienst/... arbeiten, um sich dieses Wissen zu erarbeiten.
LoL am :
Wohl eher "Haarabsatz"
Joe am :
Allerdings stehlen gut gekleidete Leute seltenst.
Asd am :
DerBanker am :
Und ja: gewisse "diskriminierende" Merkmale sind auch dabei.
Die sind immer am ärgerlichsten, denn ich will keine Vorurteile an der Backe haben. Ich möchte alle Menschen unvoreingenommen gleich behandeln. Aber diese Leute bringen ihresgleichen in Verruf. Manchmal würde ich denen am Liebsten so aufs Maul hauen dafür.
Cliff am :
Warum aber letzten Sommer der Ladendetektiv im Baumarkt hinter einem Freund und mir herschlich, ergründet sich mir nicht. Der glaubte doch nicht ernsthaft, wir klauen Schrauben? Hat halt 'ne Weile gedauert, bis wir die richtigen fanden. Aber da griff wohl auch das Hippie-Schema.
Übrigens habe ich im Gegenzug eine interne Heuristik zur Ladendetektiv- und Zivilsheriff-Erkennung. Funktioniert sehr zuverlässig.
Gunda Soer am :
Immer in jede Richtung pc. Gerade am PC.
Ulf am :
Betrat einen Edeka-Markt (nein nicht bei Björn) und ging leicht hektisch an der Security-Kraft im Eingang vorbei. Entdeckte wenig weiter das aktuelle Werbeprospekt für nächste Woche und öffnete meinen Rucksack, um es einzustecken. Ging weiter schnell in die Käseabteilung, auf der Suche nach einem Aktionsprodukt, das aber noch nicht vorrätig war und ja ich schaute mich leicht hektisch um. Keine Lust gehabt, mich durch die Kassen rauszuquetschen und somit schnell durch den offenen Eingang wieder raus...
Dort stellte sich mir jedoch die Security in den Weg mit den Worten "Ich sollte lieber zugeben, das ich etwas eingepackt habe". Auf meine Antwort, dass ich nichts eingepackt habe kam "Doch, der Kollege hat mich per Funk informiert, er schaut auf die Monitore und bitte machen Sie ihren Rucksack auf".
Da dämmerte es mir, was er gesehen hat. Keine Lust gehabt, auf Polizei zu warten (verdächtig war ich ja ausreichend genug...) und Rucksack geöffnet. Oben drauf dann auch noch dummerweise 2 Edeka-Produkte, die sich der Security-Mensch ansah... während ich ihm erklärte, dass ich vorher in einem anderen Edeka war und dafür auch einen Bon hätte. Den ich leicht hektisch suchte und zum Glück auch fand.
Security entschuldigte sich bei mir und erklärte mir, dass viel geklaut wird und zu Stoßzeiten jemand nur extra den Monitor beobachtet (somit springen die Kameras wohl alle paar Sekunden automatisch weiter). Ich frage mich ja nur, was passiert wäre, hätte ich keinen Bon dabei gehabt. Ob die Aufnahmen hinreichend scharf wären, zu sehen was genau ich da eingesteckt habe bezweifel ich. Und dann stünde Aussage gegen Aussage.