Alkohol und ein in der Folge seines übermäßigen Genusses recht unsanfter Aufprall auf den Lagerboden bewirkten, dass dieser Ladendieb auch in der laufenden Videosequenz für mehrere Minuten wie auf einem Standbild aussah. Aber keine Panik: Der Rettungswagen fuhr schließlichlich wieder unverrichteter Dinge weg. Dafür nahm die Polizei den Typen mit, da er keinerlei Papiere mit sich führte und zudem dermaßen benebelt war, dass außer ein paar wüsten Beschimpfungen nichts aus ihm herauszubekommen war…
Ein sehr gammelig aussehender Typ gab Leergut ab. Ungepflegt, hager, Rucksack – und stank dabei wie ein ganzer Mülleimer. Die innere Stimme sprach nicht nur mit mir, sie begann zu brüllen. Alle Alarmglocken klingelten bei uns und während wir zu zweit auf den Monitor der Videoanlage starrten und jeden Schritt des Junks verfolgten, positionierten sich bereits zwei andere Kollegen vor der Tür, um eine möglicherweise unvorhergesehen schnelle Flucht des Täters stoppen zu können.
Eilig hatte der es allerdings gar nicht. Er ging, oh Wunder, direkt in die Getränkeabteilung und nahm sich einen kompletten Karton mit Red-Bull-Dosen ganz oben aus dem Regal. Den stellte er erstmal an einer leichter erreichbaren Stelle auf den Bierkästen ab, ließ ihn dort stehen und machte eine "unauffällige" Runde durch den Laden. Ich kann es nicht erklären, aber wer Böses im Schilde führt, benimmt sich anders als andere Leute. Jemand der so tut, als wenn er sich nicht entscheiden könnte, benimmt sich anders als jemand, der wirklich unentschlossen ist. Genauer erklären kann ich das nicht, da ist wohl viel Intuition und Erfahrung dabei.
Der junge Mann, er war gerade erst 24 Jahre alt, betrachtete alle für ihn relevanten Warengruppen genauer: Kaffee, Alkohol, Körperpflegeprodukte. Schließlich blieb er im Gang mit den Haushaltswaren stehen. Immer wieder wurde er von anderen Kunden gestört, aber im Laufe der folgenden Minuten stopfte er sich ein Notizheft, einen Gelschreiber und einen Messlöffel für Kaffee in die Hosentaschen.
Anruf auf das Handy unseres "Außenpostens" vor der Ladentür: Wenn er rauskommen sollte, auf jeden Fall aufhalten, er hat schon etwas eingesteckt!
Währenddessen war der Dieb wieder in die Getränkeabteilung gegangen. Den Karton mit den Getränkedosen trug er einen Gang weiter, warf die Dosen unten auf und zwischen die Eigenmarken-Saftkartons, faltete den Pappkarton zusammen und stopfte ihn hinter irgendwelche Saftflaschen und ging dann erstmal wieder durch den Laden. Dabei kam er auch an die Lagertür, rief heriein und stellte eine vollkommen belanglose Frage zu einem anderen Artikel. Dass ich gerade telefonierte (mit meinem Kollegen vor dem Laden) und nach seiner Frage wieder die Bürotür hinter mir zuzog, gab ihm wohl ein Gefühl von Sicherheit. Kein Kunde war in der Nähe, kein Verkäufer in Sichtweite und so räumte er sämtliche Dosen in seinen Rucksack. Dann schloss er ihn und setzte ihn wieder auf, nahm sich eine kleine Flasche Cola und ging zur Kasse, um das Getränk mit seinem Leerguterlös zu bezahlen.
Der Rest verlief relativ unspektakulär. Der Ladendieb blieb friedlich und gab die Tat zu und sogar der Polizist, der ihn durchsuchte, blieb erstaunlich friedlich, obwohl der drogenabhängige Täter ihm über das Vorhandensein von Spritzbesteck in seiner Tasche angelogen hatte. Meine Beobachtung in der Vergangenheit war, dass die meisten Polizisten darauf relativ empfindlich reagieren.
Anzeige, Hausverbot, bis zum nächsten Mal.
Dem Spack, der den kompletten Inhalt eines Kartons Red Bull geklaut hat, wünsche ich, dass er vor lauter Gier den Inhalt auf ex säuft und dann ein Fall für die Notaufnahme der Kardiologie wird.
(Aber in Wirklichkeit wird er die Dosen vermutlich lediglich für ein paar zehn Cent pro Dose an irgendeinen Kiosk, Quickshop oder Dönerladen verkaufen…)
Eine Kollegin benutzt immer einen Einkaufswagen, wenn sie in ihrer Abteilung arbeitet. In dem Wagen sammelt sie ihre Pappe, aber bewahrt auch z.B. ihre Bestellunterlagen und ihr Getränk darin auf.
Ein Mann, der zwar relativ häufig hier im Laden ist, den ich aber nicht gerade als "guten Stammkunden" bezeichnen würde, hat sich nun im Vorbeigehen die Dose genommen, den Rest in den Mülleimer vor dem Leergutautomaten geschüttet und die Dose am Automaten eingelöst. Leider fiel das erst etwas später auf, so dass wir den Typen nicht mehr direkt darauf ansprechen konnten.
Da wir aber wissen, wer es war, wird er meiner Mitarbeiterin demnächst eine neue Dose kaufen dürfen. Vorschlag eines Kollegen dazu: "Häng' doch ein Schild auf: 'Flaschensammeln im Laden verboten'.
Was ist an Red Bull nur so spannend, dass das Zeugs hier in letzter Zeit ständig in großen Mengen zu klauen versucht wird? Der Typ eben hat sich sage und schreibe 36 Dosen des Energydrinks in seine Sporttasche gepackt.
Glücklicherweise hatte ich das gemerkt (Welcher normale Kunde nimmt schon einen Karton aus dem Regal und stellt ihn drei Meter weiter wieder zwischen die andere Ware?) und so kam er nicht weiter als bis zum Ausgang. Völlig abgeklärt ließ er die darauf folgenden Prozeduren durch uns und die Polizei über sich ergehen. Der Blick, mit dem er mich währenddessen immer wieder betrachtete, sprach Bände; ich glaube, er war ziemlich sauer auf mich, weil wir ihn erwischt hatten. Verständlich, zumal die Polizisten zwischendurch während der Überprüfung noch etwas von "Bewährung" sagten und dass man manche Sachen währenddessen nicht machen sollte. Hrhr…
Witzig war der Gesichtsausdruck eines Polizisten, nachdem er mich gefragt hatte, wie ich den Dieb denn überhaupt bemerkt hätte. "Im wahrsten Sinne im Vorbeigehen", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Dieses Gefühl kennen wir vermutlich beide ganz gut", ergänzte ich und das konnte er dann nur noch bestätigen…