Drei junge Heranwachsende standen vor dem Süßwarenregal und konnten sich offenbar nicht entscheiden, was sie kaufen (oder eventuell auch klauen) sollten. Wie ein paar Kleinkinder fummelten sie hier und da und warfen alles irgendwie durcheinander. Plötzlich fiel einem der Jungs eine Tüte Fruchtgummi auf den Boden. Statt sich zu bücken, kickte er die Tüte kurzerhand unter das Regal. "Idiot", dachte ich mir noch.
Tatsächlich. Während ich noch kopfschüttelnd auf den Monitor der Videoüberwachung glotzte, warfen sie eine Tüte nach der anderen auf den Boden und traten sie unter das Regal.
Mir reichte es. Wutentbrannt ging ich nach vorne und sagte den drei Typen meine Meinung. Einer verpisste sich direkt, einer spielte blöde grinsend mit seinem Handy herum und den dritten ließ ich, nachdem er mich auch zunächst debil angegrinst hatte, auf den Knien herumrutschen und alle circa 20 Tüten wieder sorgsam aufsammeln und im Regal verstauen.
Mit dem freundlichen Hinweis, dass sie dann wiederkommen dürfen, wenn sie sich etwas Benehmen angeeignet haben, beförderte ich sie schließlich vor die Tür. Idioten.
Eine junge Frau, ziemlich aufgebretzelt und dabei aber ziemlich "tussihaft", betrat mit ihrem Partner den Laden. Nach kurzer Zeit merkten sie, dass sie doch mehr einkaufen wollten, als sie in den Händen tragen konnten und darum ging sie in Richtung Eingang, um einen unserer roten Einkaufskörbe zu holen.
Eine Kollegin arbeitete dort gerade in der Nähe und bekam mit, wie die Kundin mit gaaaaanz spitzen Fingern etwas aus dem Korb angelte und dabei plötzlich aufschrie: "Ihhhh, das ist ja ein gebrauches Kondom!!!". Dabei ließ sie den Gegenstand sofort zu Boden fallen, nahm sich einen neuen Korb und ging, die Finger an der Hose reibend, wieder zurück in den Laden.
Das "gebrauchte Kondom" entpuppte sich schließlich als kleine, versiegelte, quadratische Plastiktütchen und wäre, wenn überhaupt, höchstens ein neues und noch eingepacktes Kondom gewesen.
Tatsächlich waren es nur zwei aneinanderhängende Beutel mit ganz profaner Pflanzennahrung.
Eine bestimmte Sorte Mineralwasser wurde zentralseitig ausgelistet. Dafür haben wir zwar einen Ersatzartikel bekommen, allerdings gab sich ein Kunde damit nicht einfach so zufrieden. Er sprach mich an:
Welches Wasser würden Sie denn als Ersatz empfehlen?
Puh, schwierig. Wir haben ja noch ein paar verschiedene Sorten Mineralwasser in der Preisklasse.
Also mir geht's nicht um den Preis. Aber es soll genauso schmecken. Ich mochte das nämlich sehr gerne.
Nun, das ist nicht ganz einfach. Ich kenne das ausgelistete Wasser nämlich überhaupt nicht. Nie probiert.
Und welches würden Sie mir empfehlen? Das sollte schon ziemlich ähnlich sein. Das ist nämlich sehr gut.
Kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Ich weiß nicht, wie dieses Wasser genau schmeckt und selbst wenn, dann sind gerade bei Mineralwasser die Unterschiede so gering, dass eine Empfehlung kaum weiterhelfen würde. Picken Sie sich einfach irgendeins raus und probieren Sie sich durch das Sortiment durch, bis sie eine neue Lieblingssorte gefunden haben.
Was soll denn das für eine Beratung sein? Sie sind hier doch der Fachmann, Sie müssen das doch wohl wissen.
Nein, leider auch das nicht.
In solchen Fälle werde ich demnächst den Weg zum Spezialgeschäft für Mineralwasser in Blockpackungen empfehlen.
Einer meiner Mitarbeiter kam vor ein paar Minuten mit einer (noch originalverpackten) Handy-Guthabenkarte in der Hand zu mir ins Büro. Er erklärte: "Die hat eine Kundin eben gekauft und würde sie gerne gegen eine andere umtauschen. Sie hatte versehentlich eine für das falsche Netz genommen."
Ich nahm die Karte entgegen, legte sie zu den anderen und nahm eine neue Karte aus der Box heraus. Der Umtausch ist ja kein Problem, aber mich interessiere etwas ganz anderes: "Kannst du die Kundin bitte nochmal fragen, WANN genau, sie die Karte geholt hat? Ich habe hier aus dem Büro in den letzten Stunden nämlich gar keine rausgegeben und in der Kasse vorne haben wir, so weit ich weiß, derzeit auch keine liegen."
Nach kurzem Gespräch mit der Kundin kam er wieder zurück ins Büro. "Und?", wollte ich wissen. "Wann hat sie die Karte gekauft?"
Ein Schüler stand vor dem Leergutautomaten, hielt sein Handy in der Hand und telefonierte, während er seine Flaschen nacheinander in die Maschine steckte. Irgendwann war etwa folgender Monolog in typischem Tonfall eines sich überschätzenden Halbstarken zu hören:
"Fett, das sind fast acht Euro. Davon kaufe ich uns erstmal'n Sixer Bier. […] Ich hab' meinen Schülerausweis mit. […] Nein, kriege ich schon! […] Ach, das klappt woanders auch. […] Cool, ja, hau' rein, bis gleich!
Eine Kollegin hatte das Gespräch aus etwas Entfernung mitbekommen und überlegte kurz, ob sie ihm die Hoffnung direkt nehmen oder ihn doch einfach mal auflaufen lassen soll, was seinem Ego bestimmt nicht bekömmlich wäre. Die Entscheidung fiel leicht.
Er schleppte also den Sechserträger nach vorne, zog sogar noch ganz lässig eine Schachtel Zigaretten aus dem Automaten und musste dann einsehen, dass ein Schülerausweis eben keinen gültigen Altersnachweis darstellt.
Eine Mutter war mit ihrem Sohn hier im Laden. Der Junge ist etwa zwölf Jahre alt, die Mutter kenne ich seit Jahren als Bio-"Hardlinerin", bei der alles ökologisch korrekt sein muss.
Aufgeschnappter Dialogfetzen im Vorbeigehen:
Sohn: "Ich möchte aber auch gleich für mich eine Tüte Riffels kaufen."
Mutter: "Kenne ich nicht. Was ist das?"
Sohn: "Leckere Chips."
Mutter, lauter: "Kartoffelchips etwa..?"
Sohn, kleinlaut: "Ja."
Wie es letztendlich ausgegangen ist, habe ich nicht weiter beobachtet. Aber das Gesicht der Frau sprach Bände!
Eine Kundin suchte "Chicken Wings". Gemeinsam mit einer meiner Mitarbeiterinnen suchte sie in der Fleischtruhe. "Hier", meine Angestellte nahm eine Packung Hähnchenflügel aus der Truhe, "da haben wir doch welche."
"Nee"", sagte die Kundin. "Das sind ja Hühnerflügel."
Eine (zugegebenermaßen ältere) Kundin stand eben im Laden und tippte auf ihrem Handy herum. Das Ding stammte aus einer Zeit, als der Handymarkt noch so überschaubar wie der Funktionsumfang der Geräte war. Rein optisch auf jeden Fall, es erinnerte vom Aufbau grob an das Nokia 5110. Ich bin mir zwar nicht hundertprozentig sicher, aber ich meine, den Knochen der Kundin als ein Nokia 8210 identifiziert zu haben.
Sonntagsarbeit hier in der Firma ist für mich relativ normal. Ich bin zwar nicht (mehr) regelmäßig sonntags hier, aber doch mindestens zweimal pro Monat. Oftmals habe ich dann hier auch im Laden das Licht an. Selbst wenn's keine Komplettbeleuchtung ist, wirkt das Geschäft von außen wie hell erleuchtet.
Die meisten Leute, die gerne etwas einkaufen würden, rütteln nur an der Tür und geben nach spätestens ein paar Minuten auf.
Nun klingelte eben Telefon:
Harste.
Warum hat SPAR denn nicht auf?
Weil heute Sonntag ist.
Aber da ist Licht an. Und da steht auch, dass SPAR von sechs bis 24 Uhr geöffnet hat.
Das ist auch beides richtig. Allerdings steht da auch, dass wir von Montag bis Samstag von sechs bis 24 Uhr geöffnet haben.
Ja, jetzt seh' ich das auch. Und warum nicht jetzt? Ich will etwas kaufen!"
Das ist das Bremer Ladenschlussgesetz. Sonntags ist nunmal zu und solange es sich vermeiden lässt, wird das auch so bleiben.
Eine Kundin suchte ein bestimmtes Produkt. Der Artikel aus der Abteilung "Frühstückscerealien" ist meiner Meinung nach nicht besonders wichtig, aber inzwischen in den meisten Vollsortimentern zu finden. Wir hatten ihn auch mal im Sortiment, aber irgendwann vor ein paar Jahren ist das Produkt dann, aus welchen Gründen auch immer, bei uns verschwunden. Ich versprach der Kundin aber, mich noch einmal darum zu bemühen.
Gestaunt habe ich den Kommentar der Frau: "Alle normalen Läden haben das im Programm."
Sind wir nun unnormal (Antwort: Ja! Aber das ist eine andere Sache…) oder wollte sie damit nur noch zusätzlich bekräftigen, dass die Sorte ins "normale Sortiment" eines "normalen Ladens" gehörten würde?
Als ich eine Kollegin rauslassen wollte, kamen gerade drei ausgesprochen wenig vertrauenserweckende Heranwachsende die Straße entlanggelaufen.
"Eh, habt ihr noch auf?", gröhlte aus etwa 20m Entfernung einer der drei quer über die Gastfeldstraße.
Ich verneinte.
Zunächst steuerten sie direkt auf meine Tür zu und erweckten den Eindruck, als wenn sie sich einfach Zutritt verschaffen wollten. Möglicherweise, weil wir ebenfalls zu dritt waren, gingen sie aber doch am Laden vorbei. Nicht, ohne mich noch mutig zu beschimpfen: "Scheiß Brillenschlage, Kartoffel."
Sowas tut nicht weh. Manche Leute tragen ihr Äußeres wie das berühmte "Schild" mit sich herum. Da weiß man schon vorher, was man von eventuellen Aussagen und/oder Reaktionen zu halten hat. Nämlich rein gar nichts.
Eine Mutter schob ihr knapp 2 Jahre altes Kind im Kinderwagen durch den Laden. Das kleine Mädchen war schon nicht mehr "proper" oder "pummelig", sondern schlicht und einfach fett.
Warum das so sein dürfte, erfuhren wir direkt an der Kasse. Die soeben gekaufte Tüte "Pombären" wurde aufgerissen und dem Mädchen in die Hand gedrückt. Fleißig schaufelte sie sich die Snacks in den Hals. Nachgespült wurde mit einer Flasche Coca-Cola. Nicht light, nicht koffeinfrei, sondern original Coke.
Das ist doch mal ein ausgewogenes und nahrhaftes Frühstück. Gut, ich habe sowas auch schon geschafft, aber ich zu der Zeit war ich 30 Jahre älter als das Kleinkind und ganz allgemein kann ich diese Entscheidung selber treffen. Für das kleine Mädchen wird diese Ernährung vermutlich normal sein oder normal werden. Leider.
Eine Kundin beschwerte sich lautstark bei meiner Mitarbeiterin an der Kasse darüber, dass ihr Wunsch, sich 300 Euro Bargeld auszahlen zu lassen, abgelehnt wurde.
"Wenn Sie damit werben, müssen Sie auch genug Geld vorrätig haben!", argumentierte die Frau. Kann man so sehen. Muss man aber nicht. Man kann auch einfach mal dafür Verständnis haben, dass der Kassenbestand in einem Supermarkt am Montag Morgen etwas schmaler aussieht.
Eine Kundin reklamierte eine Flasche Wein, aus der schon ein großzügiger Schluck fehlte. Sie argumentierte damit, dass der Wein "korkig" schmecken würde. Wir tauschen hier anstandslos gegen Bargeld um, aber trotzdem stellte ich die Kundin zur Rede. Der Wein war vollkommen in Ordnung und ich sagte ihr ziemlich direkt ins Gesicht, dass sie ruhig zugeben darf, wenn ihr der Wein nicht schmeckt. Ich trinke den selber relativ häufig und korkig war er mit Sicherheit noch nie, zumal die Sorte bei uns im Regal nicht alt wird.
Sie zickte mich gleich an: "Meine Eltern haben ein bekanntes Weingut. Wenn Sie etwas Ahnung von Weinen haben, werden Sie wohl den Namen Pennerglück von der Inn sicherlich kennen. Sie können mir also schon glauben, dass ich durchaus in der Lage bin, zu erkennen, dass ein Wein fehlerhaft verkorkt wurde."
Frau vom Fach kauft ihren Wein im Supermarkt ein. Cool.