Die Kundin wirkte recht "fromm": Mittleres Alter, geschlossene Bekleidung in gedeckten Farben, ruhiges Auftreten. Das muss natürlich nichts bedeuten.
Könnte aber ihren Blick erklären, als ich ihr an der Kasse den zu zahlenden Betrag in Höhe von 6,66€ nannte. Sie guckte so entsetzt, als wäre sie dem Teufel persönlich begegnet.
Manche Kunden wollen einfach, dass man ihnen Märchen erzählt, oder?
Eine Kundin wollte eine bestimmte Sorte Lebkuchen haben. Ich ließ durch die Kollegin, die sie zuerst angesprochen hatte, ausrichten, dass wir diese Lebkuchen dieses Jahr leider nicht da haben, da sie diesmal nicht gelistet waren. Sicherheitshalber blätterte ich sogar noch einmal schnell das Bestellbuch für die Weihnachtssüßwaren durch. Wie ich richtig in Erinnerung hatte, war dieses spezielle Sorte nichtmal darin vorhanden. Das sagte meine Mitarbeiterin der Kundin schließlich auch.
Die sehr aufgebracht wirkende Reaktion der Kundin war etwa folgende: Sie hat hier in den letzten Wochen immer diese Lebkuchen gekauft und meine Verkäuferin hätte ja keine Ahnung und sie solle mal ihr Sortiment besser kennenlernen.
Was tun? Nun: Eine andere Kollegin erklärte dann zwei Minuten später der Kundin, dass die von ihr gesuchten Kuchen auch geliefert wurden, aber leider schon alle ausverkauft sind. Und dass Weihnachtsgebäck schon Monate vor dem Verkauf bestellt werden muss und das wir deshalb "ihre" Lebkuchen leider nicht wiederbekommen können.
Da war sie wieder ganz friedlich: "Naja, dann ist das eben so. Aber trotzdem vielen Dank für die Mühe.
Man muss nicht gleich mit der Verbraucherzentrale drohen und und unfreundlich zu "belehren", dass ein Bon bei einer Reklamation eben nicht vorzuliegen braucht – nur weil man bei einer solchen mal freundlich nach dem Kassenbon gefragt wird.
Manchmal möchte der Verkäufer für die Erstattung nämlich auch einfach nur wissen, wie teuer der Artikel war – ohne durch den halben Laden laufen zu müssen.
Ein Kunde stelle mir ein größeres Paket an die Lagertür, das mit mehreren ineinandergeschachtelten Plastiktüten umhüllt war.
Ohne weitere Erklärungen fing er an, den Inhalt der Tüten zu beschreiben. Da er ohne Umschweife zur Sache kam und direkt losplapperte, bekam ich nur halbwegs mit, was er da beschrieb. Irgendwas mit HP-Drucker, drei Monate alt, mit Faxfunktion und Treiber-CD. Ich sah ihn fragend an:
Und?
20 Euro.
Wie, 20 Euro?
Naja, für 20 Euro geben wir den her. Der gehört einem Bekannten von mir und der braucht dringend Geld.
Aber ich brauche das Ding nicht.
Der Preis ist gut.
Ich zuckte mit den Schultern.
Der ist gerade drei Monate alt. Da sind 20 Euro echt geschenkt. Da ist alles dabei, auch die Kabel und so.
Aber ich brauche keinen Drucker. Wir sind hier in der Firma bestens ausgestattet.
Und das Fax?
Haben wir auch. Ich brauche den kleinen Drucker wirklich nicht...
...und verwies auf ein Warenhaus hier in der Gegend, das sich auf gebrauchte Ware spezialisiert hat. Auf was für Ideen die Leute nur immer kommen...
Ein bisschen peinlich war's ja schon: Nachdem ich der Kundin einen Artikel gezeigt hatte, drehte ich mich um und sie rief mir freudestrahlend hinterher: "Klasse!"
Ich drehte mich wieder zu ihr, wollte noch etwas Nettes sagen. Sowas wie "Kein Problem" oder "Selbstverständlich" – oder um einfach nochmal freundlich zurückzulächeln. Aber sie beachtete mich gar nicht.
Ihren Sohn mit nordischem Vornamen hatte sie gerufen: "Lasse!"
Ein alter Mann blieb vor den Tiefkühlschränken stehen, verblieb so eine Weile und betrachtete völlig verträumt und mit leuchtenden Augen die Weihnachtsdeko.
Irgendwann fasste er sich ein Herz und fragte eine meiner Mitarbeiterinnen, ob er eines der beleuchteten Rentiere käuflich erwerben könne.
Er hat die Enttäuschung zum Glück mit Fassung getragen. Wir können ja nicht die ganze Geschäftsausstattung veräußern.
Ein junger Mann suchte Einwegrasierer. Nicht in den handelsüblichen kleinen Tütchen mit ein paar Stück Inhalt, sondern gleich einen ganzen Karton. Von Wilkinson gibt es sowas z.B. in einer Einheit mit 100 Rasierern.
Zu medizinischen Zwecken kann ich den Einsatz der Rasierer ja noch nachvollziehen, aber warum man sowas für sich privat sucht, verstehe ich nicht. Einwegrasierer mögen im ersten Moment deutlich günstiger sein als Markenklingen – aber deren Haltbarkeit in Kombination mit dem erhöhten Komfort macht einen großen Teil des Preises wieder wett. Zumindest empfinde ich das so. Ich habe es nie genau protokolliert, aber grob geschätzt hält bei mir eine Wilkinson-Quattro-Klinge bestimmt drei Monate. Da relativiert sich der Anschaffungspreis der Klingen nämlich wieder.
Zwei junge Männer auf dem Weg durch den Laden. Ich habe nicht mitbekommen, um was es gingt, es hörte sich unter anderem wie ein deutlich betontes "Scheißladen" an.
Vielleicht sprachen sie ja auch gar nicht von meinem Laden hier. Irgendwie mochte ich das auch nicht hinterfragen – und nun killt mich die Neugierde.
Ein Kunde hat gestern seine ec-Karte bei mir im Laden verloren. Mitten im Laden in einem der Hauptgänge lag sie leuchtend blau auf dem Boden. Noch bevor wir den Kunden über seine Bank darüber informieren konnten, kam er heute Morgen aber schon ganz besorgt auf uns zu: "Ich habe gestern meine Bankkarte verloren, muss mir aus der Hosentasche gefallen sein. Ist die hier aufgetaucht?"
Ich übergab sie ihm und der Mann stopfte die Karte mitsamt etwas Kleingeld direkt wieder in seine Gesäßtasche...
Bei realkommastrich kann man in dieser Woche mit D-Mark bezahlen. Für die Aktion haben sie eine riesige Werbetrommel gerührt, heute Vormittag lief hier in Bremen auf mindestens einem Radiosender ständig ein kurzer real-Werbespot, in dem für die Aktion geworben wird.
Und was passiert? Ein Kunde sieht mein Plakat, das hier im Laden darauf hinweist, dass man hier auch mit der alten Währung bezahlen kann und bemängelt, dass es ja typisch sei, dass immer alles gleich nachgemacht werden würde. Kaum könne man bei dem einen mit D-Mark zahlen, würden die anderen nachziehen.
Ein kleiner Junge wedelte mit einem Heft aus dem Zeitschriftenregal vor seiner Mutter herum und bettelte, dass sie es ihm kauft. Da seien die neuesten Sammelkarten drin und die wären total cool und damit wäre er total in und darum müsse er die unbedingt haben.
Die Mutter reagierte zunächst nicht und ich dachte mir, dass sie den Kauf nicht befürworten würde. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon einer riesigen Szene hier im Laden entgegen.
Die Geschichte nahm allerdings einen vollkommen anderen Ausgang. Die Erziehungsberechtigte hielt zwei Pizzakartons aus der Tiefkühltruhe hoch: "Wollen wir heute Pizza essen? Was möchtest du? Mit Salami oder mit Champignons?"
Schlagartig schlug das Interesse des Kindes um, das Heft war vergessen. Denn heute Abend gibt es Pizza!
Seit einigen Monaten haben wir hier "Kalte Muschi" im Angebot, ein Mixgetränk aus Cola und Rotwein. Ich habe das Zeugs (diese Formulierung ist nicht abfällig gemeint, schließlich bezeichnet der Hersteller sein Produkt selber als "Rotwein Cola Zeugs") selber noch nie probiert. Dann lieber separat: Eine kalte Cola, wenn's alkoholfrei sein soll und einen guten Rotwein zum Essen.
Hin und wieder lachen ein paar Kunden über den Namen, vom beschämten "Hihi" bis zur jovial gröhlenden Partyrunde war vermutlich schon alles dabei.
Sich darüber aufzuregen, wie es eine Kundin kürzlich tat, verstehe ich nicht. So etwas anstößiges gehöre nicht ins Sortiment und deswegen würden schon einige andere Kundinnen nicht mehr zu uns kommen. Ich gebe zu, das ist dann, sollte die Aussage überhaupt wahr sein, deren Problem. Wir verkaufen hier auch den Playboy, Kondome und Erdbeeren und Schlagsahne. Sich dann an einem auffälligen Produktnamen zu stören ist meiner Meinung nach albern und kleinlich.
Wir haben derzeit Rosenkohl im Angebot. Mit gemischten Gefühlen, obwohl der Preis gut ist. Dazu später mehr.
Ein Paar stand vor dem Aufbau und er begann zu schwärmen:
Hmm, Schatz, lass' uns doch mal wieder frischen Rosenkohl essen.
Sie konterte:
Nein! Glaubst du etwa, ich habe Lust, die ganze Scheiße zu schälen?
Ich glaube, das ist der wahre Grund, warum frischer Rosenkohl so extrem schlecht bei uns läuft. Darum bestellen wir ihn schon immer nur ganz vorsichtig und selbst dann kommt noch viel Ware um. Auch, wenn er mal im Angebot ist.
Wenn ein Kunde ein Brötchen aus der Schütte nimmt und noch im Laden aufisst, ist das dreist. Vor allem dann, wenn er an der Kasse nichts davon sagt. Das ist dann sogar schon Diebstahl.
Eigentlich schade, dass er gar nicht gemerkt hat, dass wir ihm die Semmel gleich ungefragt und ohne etwas zu sagen einfach an der Kasse mit abgezogen haben. Die Diskussion haben wir auf diese Weise zwar vermieden, aber sie wäre bestimmt interessant geworden.