Seit rund zwei Wochen hat ein Bettler den Platz rund um meinen Laden als offenbar lukrativen Standort ausgewählt. Er blockiert nicht meine Tür, sondern sitzt ein paar Meter links oder rechts davon. Da er aber nur passiv auf dem Boden sitzt, seinen Metallbecher vor sich stehen hat und niemanden anspricht und/oder belästigt, stört er nicht weiter.
Seit zwei Tagen irrte hier mal wieder ein Einkaufswagen vom Discounter an der Ecke auf der Straße umher. Mal stand er an der Straßenecke (aber nicht an der richtigen), mal vor meinem Laden, dann wieder im Laden zwischen meinen Einkaufswagen, dann wieder auf dem Parkstreifen.
Plötzlich musste ich heute Vormittag an den Mann auf dem Bürgersteig denken, den ich auf etwa mein Alter schätzen würde. Ob er den Wagen wegbringen würde? Sind ja nur 100 Meter. Ich fragte ihn. Zuerst zuckte er zusammen, dachte wohl, dass ich ihn verscheuchen wollen würde. Nachdem ich ihn um den Gefallen gebeten hatte, fragte er mich, ob er denn hier bleiben dürfte. Ich bejahte und drückte ihm gleich noch einen Euro als Motivation in die Hand. Oh, weh... Für mich ist es "nur" ein Euro, aber er ist sofort aufgesprungen und hat sich den Einkaufswagen geschnappt. Ich hätte nicht vermutet, dass er sich
so sehr über das Geld freuen würde, wie er plötzlich zum Ausdruck brachte.
Obwohl der Bettler schon öfter dort gesessen hat und er mir in den letzten Wochen schon häufiger aufgefallen war, musste ich plötzlich die ganze Zeit an ihn denken. Draußen ist es saukalt. Es regnet und schneit und dieser Mensch sitzt dort bis zur Nase in seine Jacke eingemummelt auf dem kalten Bürgersteig. Vorhin sackte das Mitleid durch, ich nahm zwei frische Brötchen aus der Box, tat sie in eine Tüte, legte noch eine Packung Wurst dazu und brachte ihm die Sachen raus.
Man hat ja schon oft gehört, dass Bettler, denen man Lebensmittel statt Geld geschenkt hat, diese einfach wegwerfen und ich hatte mit dem Schlimmsten gerechnet – aber der Kerl vor meiner Tür hat seine Wurstbrötchen regelrecht heruntergeschlungen.
Armer Kerl.