Ein etwa zehnjähriges Mädchen stand eben vor dem Kühlregal, hielt dabei ein Baby auf dem Arm, hüpfte im Takt der Technoklänge auf und ab und schwenkte das Bündel mit zwei Armen dabei ebenso "taktvoll" hin und her.
Jaja, gleich an die Zappelmusik gewöhnen, das Kleine.
Im Verlauf eines etwa fünfminütigen Telefongesprächs klopfte im Hintergrund ein weiterer Anrufer an. Dieser Anrufer war erstaunlich ausdauernd, ließ einmal komplett durchklingeln und versuchte es nach einigen Sekunden erneut. Etwa eine Minute später beendete ich mein Gespräch und hatte den anklopfenden Kunden am Telefon:
SPAR-Markt Harste, guten Tag.
Bei Ihnen geht ja gar keiner ans Telefon.
Doch, ich bin rangegangen.
(Auch ohne, dass er sich gemeldet hatte, erkannte ich ihn an der Stimme. Ein älterer, mitunter recht wundersamer Herr, der sich schon seit Jahren von uns beliefern lässt. Zeitweise mit frischer Milch in rauhen Mengen. Da er weder gegrüßt noch sich bemüht hat, freundlich zu sprechen, fand ich die Antwort angemessen.)
Ich versuch das schon seit einer halben Stunde.
Naja, ganz so lange dürfte es nicht gewesen sein.
Aber zwanzig Minuten bestimmt.
Dass es höchstens drei Minuten waren, versuchte ich erst gar nicht mit ihm auszudiskutieren. So war ein "Hmm..." alles, was ich dazu sagte.
Ich habe am Montag Bier bestellt. Das sollte heute geliefert weden! Ich warte!
Das wird heute Nachmittag geliefert. Das hatte ich Ihnen am Montag aber auch gesagt.
[War Dienstag, aber egal...]
Ich warte schon die ganze Woche. Und jetzt muss ich noch mehr warten!
Wie gesagt: Wir bringen die heute Nachmittag. Gegen 16 Uhr.
Ein Typ, der vor einigen Monaten hier rausgeflogen ist, weil er ein paar Tüten Chips klauen wollte, kam ins Lager gerannt. Etwas außer Atem und irgendwie "neben sich" forderte er uns hektisch auf, ihn aus dem Hinterausgang rauszulassen. "Sie wollen mich vermöbeln!", erklärte er.
"Wer, 'sie'?", wollte ich wissen.
"Na, so ein paar Typen auf der Straße."
Ein Kollege fragte ihn ziemlich direkt, ob er irgendwas eingesteckt hätte, schließlich befand sich in der selben Umhängetasche schon einmal nicht bezahlte Ware von mir. Wer weiß, vielleicht sollte das nur ein Trick sein, um "auffällig unauffällig" den Laden verlassen zu können. Er zeigte allerdings bereitwillig die leere Tasche vor und wiederholte nur: "Die verfolgen mich."
Wir zeigtem ihm dann nicht den Weg durch das Lager sondern begleiteten ihn bis zum Haupteingang. "Wenn da jemand ist, kann ich immer noch die Polizei rufen.", versuchte ich ihn zu beruhigen. Da war aber niemand zu sehen. Und plötzlich nahm der Typ die Füße in die Hände, wie man so schön sagt, und verschwand binnen Sekunden um die nächste Häuserecke.
EIne Kunde betrat den Laden, ging zur Kasse, warf einen Blick auf die dort platzierten Taschenflaschen Spirituosen und wollte den Laden gerade wieder taten- und wortlos verlassen. Ich war aber neugierig geworden: "Suchten Sie etwas Bestimmtes?"
"Die janz kleenen Flaschen Küstennebel wollt' ick eijentlich haben. Wissen 'se, det jib's bei uns nich. Da krie'jn'se nur die großen Flaschen von in Berlin."
Ich versuchte eine Erklärung dafür zu finden und schob die Schuld auf Berlins fehlende Nähe zur Meeresküste. Morgen gibt's ja auch bei uns wieder Nachschub.
Aber war schön, mal wieder einen echten Berliner reden zu hören. Ich mag sowieso die meisten Dialekte und finde sie durchweg sprachlich sehr interessant. Hier oben im Norden ist ja Plattdeutsch die einzige Variation, die man häufiger zu hören bekommt...
Mein Leergutautomat benutzt mehrere Techniken zum erkennen der Flaschen(form), bzw. der Barcodes und der Pfandlogos. Dazu gehören unter anderem eine dunkelblaue diffuse Beleuchtung und ein Lasergitter.
Eben stand eine Famile vor dem Automaten und hat etliche Pfandflaschen eingeworfen. Der etwa achtjährige Junge war neugierig und hat sein Gesicht direkt an die Öffnung des Automaten gedrückt, um das flackernde Lichtspiel zu beobachten.
Panisch riss ihn sein Vater wieder weg: "Lass das, das ist gefährlich. Das sind Laserstrahlen!"
Er hätte ja Recht gehabt, denn Laserstrahlen sind das tatsächlich. Aber das ist nur halb so schlimm, denn Laserstrahlung der Klasse 2, die dazu noch aufgefächert ist und (von einigen möglichen diffusen Reflexionen an den Flaschen mal abgesehen) im Gerät bleibt, ist nicht weiter gefährlich.
Ich dachte eben, dass sich schon wieder eine Katze in den Laden verirrt hätte. Diesmal sogar eine rollige, denn ein klagendes, lautes "Maaaaaaaaaaooooooooo..!", wie ich es schon oft in warmen Nächten vor meinem Fenster gehört habe, drang bis ins Lager.
Nicht punkt null Uhr, sondern sage und schreibe drei Minuten später habe ich eben den Laden aufgeschlossen. Und wie wurde ich von einem der vor der Tür wartenden ersten Kunden begrüßt?
"24 Stunden schaffen Sie heute aber nicht mehr."
Ich dachte, er bezog sich auf den Rest von Sonntag und so antwortete ich im Spaß: "Naja, heute nicht mehr, aber am Montag dann."
"Das meinte ich. Es ist ja bereits zehn nach."
...und nun sitze ich hier und bin mir nicht sicher, ob er das in irgendeiner Form scherzhaft meinte oder ob das von ihm vollkommen ernst gemeint war. Sein völlig ernster Tonfall klang jedenfalls in meinen Ohren extrem vorwurfsvoll...
Drei Jugendliche irrten recht lange durch den Laden. Zuerst standen die drei Jungs beim Bier, dann bei den Spirituosen. Dort verweilten sie einige Zeit, nahmen dieses und jenes in die Hand und wirkten so, als ob sie Verbotenes täten.
Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, aber dem Trio hätte ich ohne Altersnachweis höchstens ein Glas Milch verkauft, denn alle drei sahen noch sehr jung aus.
Schließlich nahmen sie drei Sixpacks Bier und eine Flasche Likör und gingen zur Kasse. Gespannt beobachtete ich die Szene...
Tzja – und dann zog ausgerechnet der kleinste der drei seinen Ausweis aus der Tasche. Aber wer kann denn auch ahnen, dass ein 19-jähriger wie zwölf und'n Keks aussieht.
Ein kleines Mädchen (ca. 4 jahre) saß im Kindersitz eines Einkaufswagens. Während ihre Mutter den Einkauf erledigte, gab die Kleine ständig ein deutlich vernehmbares "Oh-oh!" von sich, das über zwei Regalreihen bis zu mir drang.
Ich dachte erst, Raymond hätte sich hierher verirrt.
Heute Morgen ist Stress. Ich kam nicht aus dem Bett und war viel zu spät hier, Brötchen mussten gebacken und Kassen eingezählt werden und dann wartete auch noch ein riesiger Berg Zeitschriften darauf, gepackt zu werden. Das passierte es:
Habt ihr schon die neue "HörZu"?"
Bestimmt. Irgendwo da in dem riesigen Haufen. Kommst nachher nochmal wieder?
Das Christival hat tausende junge Leute nach Bremen gespült. Ich gebe ja zu, dass ich mit Religionen nicht viel anfangen kann, aber eins muss ich mir eingestehen: Wir hatten heute auffällig viele Kunden um Anfang zwanzig herum, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Wenn das alles Besucher des Christivals waren, passt meine Beobachtung: Sie waren im Grunde durchgängig freundlich und zurückhaltend und auch zu später Stunde noch in Gruppen erträglich.
Einer der letzten Kunden stand eben mit seiner Freundin in der Gemüseabteilung. Sie hielt einige Teile Obst und Gemüse in den Händen. Er deutete mit einer langgezogenen Armbewegung in die Abteilung: "Muss man das selber machen oder wiegt ihr den Scheiß an der Kasse ab?"
Der Tag war anstrengend, ich hatte keine Kraft für eine schlagfertige Antwort. Dabei hätte ich ihm so gerne passend geantwortet...